Whiskey-Ballett. Peter Faszbender

Whiskey-Ballett - Peter Faszbender


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Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn. »Nein, keine Misserfolge mehr. – Unser Freund im Krankenhaus hat mir mitgeteilt, dass es keine Bewachung gibt. Der Gesundheitszustand ist leider stabil und verbessert sich stetig. Aber mit einer minimalen Einwirkung von außen dürfte sich die Sache ohne großen Aufwand in die gewünschte Richtung entwickeln lassen. Natürlich, es wird als eindeutiges Zeichen für alle Gegner erkennbar sein. Aber unser Freund dort ist nicht begeistert von weiteren Aktionen in seiner Klinik. – Natürlich. – Selbstverständlich. – Kein Problem, die erfolgreiche Ausführung ist sicher – ja, ich kenne die Folgen, wenn nicht.«

      Kreidebleich und mit zittriger Hand legt er das Telefon zurück auf den Tisch.

      »Einen doppelten Wodka«, ruft er der Bedienung zu. Schnell steht das Gewünschte vor ihm. Er blickt in das Glas, trinkt in einem Zuge aus und starrt einige Minuten ausdruckslos in den Raum. Langsam erhebt er sich, legt einen Zwanzig-Euro-Schein neben das leere Glas und verlässt schwerfällig das Café.

      Kapitel 9

      Sarah stürzt durch die weit offene Tür in den Raum.

      »Wie kommen Sie in mein Büro?«, schreit sie.

      Schmitzlein-Ithana thront an einem Trumm von Echtholzschreibtisch, an der Stelle, an der zuvor der Besuchertisch stand. Sie ist mit dem peniblen Ausrichten von schwarzen Ethnofiguren auf der Tischplatte beschäftigt.

      »Der Hausmeister war so nett, mir unser Büro aufzuschließen. Er hat sogar daran gedacht, einen Schlüssel für mich mitzubringen. Ein überaus freundlicher und warmherziger Mensch!«, schwärmt sie fröhlich.

      »Ja«, sagt Sarah, »der Meinung bin ich auch. Zumindest war ich das.« Sie nimmt eine der Figuren, betrachtet sie eingehend und lässt sie wieder auf den Tisch knallen. Schmitzlein-Ithana rückt die Figur vorsichtig in die vorherige Position zurück.

      »Frau Molony, wir hatten einen wahrhaft bescheidenen Start heute, und das nur wegen kleiner Kommunikations- und Abstimmungsprobleme zwischen unseren Dienststellen. Nichts, worüber es sich aufzuregen lohnt. Die Mühlen der Behörden mahlen halt langsam, das wissen wir ja. Ich habe eine Thermoskanne Moringa-Tee dabei, aus den Blättern des afrikanischen Wunderbaums.«

      Sie inhaliert den Dampf, der aus der Kanne hochsteigt, gießt Tee in eine dünnwandige chinesische Porzellanschale und drückt sie Sarah in die Hand.

      »Jetzt haben wir Mädels Gelegenheit, mal ausgiebig und entspannt zu quatschen.«

      Sarah riecht am Inhalt der Tasse. »Ist da Alkohol drin?«

      »Natürlich nicht!«

      »Wie bedauerlich.« Sarah nippt an dem Sud und stellt die Tasse weit weg von sich auf den Tisch.

      »Sie sind mir ja eine, Frau Molony, ein richtiger Scherzkeks.«

      »Ja, haha, Frau … äh, Schmitz-Dingsbums.«

      »Schmitzlein-Ithana, aber nennen Sie mich einfach Richenza Ottilia.«

      »Ja, ganz bestimmt mache ich das … nicht!«

      »Wie’s beliebt, Frau Molony. Überlegen Sie es sich in Ruhe, ich will Sie ja nicht damit überfallen, direkt am ersten Tag unserer Zusammenarbeit, und selbstredend zu nichts drängen.« Fröhlich lachend greift sie in ihre Handtasche. »Hier meine Visitenkarte.«

      Nach kurzem Zögern nimmt Sarah die Karte in die Hand. »Richenza Ottilia Schmitzlein-Ithana«, liest sie die linksbündig untereinander geschriebenen Namen, »R – O – S – I, Ihre Initialen ergeben ROSI.« Sarah lacht laut auf. »Passt viel besser zu Ihnen als das ganze andere Namensgedöns.«

      »Wie, Rosi? Das geht doch nicht, Sie können doch nicht einfach meinen Namen …, eine bodenlose Unverschämtheit …«

      Sarah schnippt die Visitenkarte auf ihren Schreibtisch. »Mahlzeit, Rosi! Ich gehe dann mal in die Kantine, heute ist Schnitzeltag. Danach bin ich dienstlich unterwegs.«

      Schmitzlein-Ithana packt einen Gemüse-Smoothie aus, trinkt ihn abwechselnd mit ihrem Tee und liest in der Akte des Vergiftungsfalls Brenner. »Thallium «, murmelt sie. Über eine Internetsuchmaschine lässt sie sich Daten zu dem Stoff auflisten und arbeitet einige der Treffer durch. »Was für kranke Menschen sind doch auf dieser Welt unterwegs. « Sie notiert einige Stichpunkte und sucht dann weiter im Netz nach Verwendungsmöglichkeiten und Lieferwegen.

      Nachdem sie die Reste der Verpflegung in ihre große Handtasche gepackt hat, wirft sie sich ihr Leopardenprint-Cape über und verlässt das Gebäude.

      Kapitel 10

      Sarah eilt über die Flure in Richtung Cafeteria. »Tee und vegane Ernährung.« Sie schlägt mit der Faust gegen die Wand. »Toll, wenn man mit gesunder Ernährung so ausschaut. Alte Vettel.«

      Leise zeternd betritt sie die Cafeteria, der junge Mann am Tresen fragt freundlich: »Was darf es denn sein, die Dame?«

      »Jägerschnitzel und Pommes rot-weiß.«

      »Möchten Sie die Frauenversteher-Portion?«

      »Die was?«

      »Frauenversteher. Kleines Schnitzelchen mit in Heißluft gebackenen Pommes und einem großen Salat.« Die Bedienung lächelt Sarah an.

      »Wenn du eine Frau hier verstehen willst, dann bring mir meine Bestellung.«

      »Wir haben auch Sellerieschni…«

      Der Kantinenchef packt den jungen Mann von hinten an der Schulter und schiebt ihn vom Tresen weg.

      »Hallo, Sarah, der Kollege ist neu hier, also kein Grund zur Aufregung.«

      Sie schaut ihm tief in die Augen. »Ich bin doch gar nicht aufgeregt. Wie ich eben erfahren habe, gibt es hier wohl irgendwo einen Frauenversteher. Und wie ich dem Kollegen gerade schon gesagt habe, wenn er mich verstehen will, sollte er mir meine Bestellung liefern – und zwar zackig.«

      Der Mann hinter der Theke macht eine beruhigende Geste. »Sollst du ja haben, aber mach bitte keine Szene, nicht schon wieder. Es ist so schwer, gutes Personal zu bekommen, auch wenn man nicht solche …«

      »Solche was?«, fragt Sarah.

      »Nichts, guten Appetit.« Er stellt ihr ein Riesenschnitzel mit einem Berg Pommes auf den Tresen. »Geht aufs Haus, Sarah.«

      »Die bestellte Majo und der Ketchup, gehen die auch aufs Haus?«

      Die Pommes werden schleunigst in den gewünschten rot-weißen Zustand gebracht. Sie nimmt den Teller, greift zu Besteck samt Serviette und setzt sich an einen der freien kleinen Tische. Zügig verspeist sie Schnitzel und Pommes, holt einen Kaffee und schaut zufrieden dem rührigen Treiben in der Cafeteria zu. Sie nimmt noch ein Stückchen Kuchen und einen Cappuccino zum Dessert, bringt im Anschluss das Geschirr zur Abgabestation und beendet ihre verlängerte Mittagspause mit dem Besuch des Sanitärbereichs. Gestärkt und erleichtert begibt sie sich auf den Weg zu ihrem Außentermin.

      Kapitel 11

      Sarah strebt über den Korridor der Intensivstation auf einen Mann im weißen Kittel zu. »Doktor Weiss?«

      Der dreht sich um. »Ja?«

      »Mein Name ist Molony, ich bin von der Kriminalpolizei. « Sie wedelt kurz mit ihrem Dienstausweis. »Ich ermittle im Fall Brenner.«

      »Was für ein Andrang heute, gerade eben war deswegen schon eine Dame vom Zoll hier.« Er streckt ihr freundlich lächelnd die Hand entgegen.

      »Eine bunte, alte, dicke?«, fragt Sarah.

      »Genau! Sie sind eine Frau klarer Worte. Kurz, präzise, treffend«, konstatiert Doktor Weiss mit breitem Grinsen.

      »Der Zoll ist ebenfalls in die Angelegenheit involviert. Die Dame wurde mir temporär als Hilfskraft zugewiesen. Sie hat derzeit ein wenig Probleme, sich bei uns in die Hierarchie einzufügen.« Sarah macht eine kurze Pause. »Unter anderem, unter vielen anderen Problemen«, fügt sie an. »Aber zurück zum Fall Brenner. Kommt eine Thalliumvergiftung häufiger vor?«

      »Ich


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