Whiskey-Ballett. Peter Faszbender
schiebt die Tür mit einem Tritt flugs zu.
»Hallo, hallo, liebe Eltern, euer Sohn ist wieder da«, kräht er im Flur. »Schon wieder den ganzen Tag vor dem Fernseher? Scheint ein fesselndes Programm zu sein.« Wichter trägt die Einkäufe in die Küche und verstaut sie dort. »Soll ich was kochen oder wollt ihr was Kaltes, lieber ein paar Schnittchen? Also Schnittchen!« Er toastet einige Scheiben Brot, verteilt großzügig Butter darauf und belegt die Brotscheiben mit Wurst und Käse. Auf einer Porzellanplatte richtet er das Mahl an und verziert alles mit einigen in Fächer geschnittenen Cornichons.
»So, schaut mal, was ich euch hier bringe.« Im Wohnzimmer auf dem Couchtisch stehen zwei Teller, umwimmelt von Fliegen. Wichter dreht sich zu den beiden auf den flimmernden Fernseher ausgerichteten Sesseln. »Habt ihr schon wieder nichts gegessen? Was soll ich bloß mit euch machen?«
Die Fliegen schwirren hoch, als er die Teller vom Tisch nimmt. Die frischen Speisen werden umgehend zur neuen Landebahn.
»Dann lasst es euch schmecken, ich muss mal wieder. Bis morgen.« Er scheucht die Fliegen aus seinem Gesicht, wirft das alte Essen in den Abfall, faltet die leere Klappbox zusammen und verlässt das Haus.
Kapitel 18
»So, meine Damen und Herren, da ist der Laden.« Schmitzlein-Ithana deutet durch die Büsche am Rand des Stadtparks auf den Spirits-Shop.
Der Zolleinsatztrupp steht behelmt, in Kampfanzügen, mit schusssicheren Westen und Maschinenpistolen in den Händen vor ihr.
»Stellen Sie alles auf den Kopf. Geschäftsunterlagen, Server, Computer und so weiter beschlagnahmen. Nach der Durchsuchung das ganze Papiermaterial zu mir in mein Büro bei der Kripo, die Auswertung der Computerdateien reichen Sie mir schnellstmöglich nach. Hier ist der Durchsuchungsbeschluss. « Sie überreicht dem Einsatzleiter das Schriftstück. »Und vergessen Sie nicht, den Whiskeybestand auf Fälschungen zu untersuchen, wir dürfen in dieser Sache nichts von vornherein ausschließen. Ich werde mich im Hintergrund halten, die weitere Ermittlungsarbeit verlangt gegebenenfalls mein persönliches Eingreifen.«
Nach kurzer Abstimmung stürmt die Einsatzgruppe den Laden. Schmitzlein-Ithana schaut von der anderen Straßenseite aus zu, wie die Beamten routiniert ihre Arbeit verrichten.
Wenig später erstattet einer von ihnen Bericht.
»Frau Schmitzlein-Ithana, es sind keine bewaffneten Subjekte angetroffen worden, nur eine Verkäuferin ist vor Ort. Im Moment sind die Durchsuchungen der Räume im Gang.«
»Danke. Befragen Sie die Verkäuferin hier vor Ort, eine Vernehmung im Amt ist augenblicklich nicht notwendig. Wenn die Aktion beendet ist, lassen Sie zwei Zivilbeamte hier. Mal sehen, was im Anschluss um den Laden herum alles passiert und wer sich hier herumtreibt.«
»Wird erledigt.« Der Zollbeamte salutiert kurz.
Schmitzlein-Ithana steigt sichtlich zufrieden in ihr E-Mobil, verbindet ihr Smartphone mit der Freisprechanlage und wählt beim Anfahren eine Nummer aus dem Adressbuch.
»Hallo, Herr Wichter, eben ist die Durchsuchung der Spirits UG vollzogen worden. Bitte sehen Sie zu, dass die beschlagnahmten Computer und Speichermedien schnell ausgewertet werden. Der Chef des Unternehmens wurde vor Ort nicht angetroffen; jetzt gilt es, zügig belastbare Beweise zu finden, damit der Kerl uns nicht durchs Netz schlüpft.«
»Ich kümmere mich umgehend darum, Frau Schmitzlein-Ithana«, schallt es aus dem Lautsprecher.
»Danke, Herr Wichter.« Sie drückt das Gespräch weg und parkt ihren Elektro-Smart vor dem Ever-Green, einem veganen Restaurant. »So, für heute ist Feierabend.«
»Hallo und guten Tag, schön, dass Sie mal wieder hier sind.«
»Guten Tag, Torben, ab und an treibt es mich einfach zu Ihrer feinen Küche. Ihr Essen lässt einen den harten und anstrengenden Dienst vergessen.« Sie zwängt sich in die Nische mit dem kleinen Zweiertisch.
»Darf es schon ein Getränk für Sie sein, Frau Schmitzlein-Ithana?«
»Ich nehme auf jeden Fall von Ihrem leckeren, selbst gemachten Ginger Ale und vorweg die Tagessuppe.«
»Gerne!«
Bald darauf platziert der Kellner routiniert Getränk und Vorspeise auf dem Tisch.
»Wünsche wohl zu speisen.«
»Danke! Ich nehme die Dinkelspaghetti mit grünem Spargel als Hauptgang und eine Crème brûlée im Anschluss.«
»Sehr gerne, vortreffliche Wahl.« Der Kellner nimmt mit elegantem Schwung die Speisekarte vom Tisch und eilt zur Bonkasse.
Schmitzlein-Ithana schaut sich um, sieht an den Tischen Gruppen und Paare beim Reden, Lachen, Trinken und Speisen. In dem blank polierten Messingblech, das um eine Säule geschlagen ist, sieht sie sich selbst, allein. Sie löffelt einsam ihre Suppe und schlingt rasch das kredenzte Pastagericht sowie das Dessert hinunter. Zum Abschluss lässt sie sich einen Espresso bringen, den sie ebenso hastig leert. Sie begleicht die Rechnung, um einiges aufgerundet.
»Oh, sehr großzügig. Es war mir wie immer eine Freude, Sie bei uns im Hause bewirten zu dürfen.«
»Danke, Torben, die Freude war ganz meinerseits. « Sie schlurft langsam zu ihrem Auto, ein Blick auf das Smartphone – keine neuen Nachrichten.
Kapitel 19
Sarah klopft an die Krankenzimmertür und tritt ein, ohne auf eine Antwort zu warten.
»Guten Morgen. Ich bin von der Kripo, Molony mein Name. Wie geht es Ihnen, Herr Brenner?«
Er richtet sich im Bett ein wenig auf. »Es wird besser und besser. Die ganzen Apparaturen hier brauche ich aber weiter, meint der Arzt jedenfalls.« Er deutet mit dem Kopf auf die Gerätschaften neben sich.
»Auf dem Weg der Besserung, das hört man doch gerne. Haben Sie eine Idee, wie es zu der Vergiftung kommen konnte?« Sarah stützt sich mit beiden Händen auf dem Bügel am Fußende des Krankenbetts ab.
»Ich hatte seit einiger Zeit Beschwerden, war deswegen schon bei mehreren Ärzten, die fanden aber nichts, und dann bin ich hier im Krankenhaus aufgewacht.«
Sarah setzt sich auf das Krankenbett, blättert in ihrem Notizbuch.
»Ich habe mir Ihre Akte angesehen. Nette kleinkriminelle Karriere, aber nichts, womit man den Zorn gewisser Kreise weckt. Anders ist das mit den Whiskeygeschäften.«
Brenner schaut weg. »Whiskey? Ich trinke gerne mal einen Schluck, ansonsten befasse ich mich nicht damit.«
»Der Zoll sieht das ein wenig anders.« Sie schaut von den Notizen auf. »Mit solchen Geschäften handelt man sich leicht Ärger ein, nicht nur mit den staatlichen Stellen, auch die organisierte Kriminalität versteht da keinen Spaß.«
»Frau Molony, beim besten Willen, ich weiß nicht, wovon Sie reden. Gut, ich bin öfter mit der Polizei und der Justiz in Kontakt, besser gesagt, in Konflikt gekommen im Leben. Aber das ist für immer vorbei.« Er wendet ihr den Blick zu. »Jetzt versuche ich, als ehrlicher Geschäftsmann meinen Unterhalt zu bestreiten. Wenn Sie hier ein Verbrechen vermuten, dann finden Sie den Täter. Ich bin hier das Opfer.«
»Ein ehrlicher Geschäftsmann also. Die treffe ich in meinem Job interessanterweise sehr häufig, bis wir sie am Schluss wegsperren. In welchen Geschäften sind Sie denn jetzt tätig?«
»Import und Export, halt so was.«
»So, so, Import und Export, Herr Brenner.«
Sie starrt ihn einige Augenblicke lang schweigend an. Er dreht den Kopf weg, um ihrem Blick zu entgehen.
»Also, wer war es? So was passiert nicht einfach, da steckt jemand dahinter, und es würde mich wundern, wenn Sie diesen jemand nicht kennen. Wenn Sie Angst haben, es gibt Möglichkeiten, Sie zu schützen. Ihre Mithilfe bei der Aufklärung der Sache ist allerdings die Voraussetzung. Es gibt nichts umsonst, aber das wissen Sie ja als Geschäftsmann.«
»So gerne ich der Polizei helfen möchte,