IMMUN. Sebastian Weis
von Wirksubstanzen zu speichern und freizusetzen. Scheinbar können sie gezielt auf verschiedene Arten von Gewebeschäden oder -bedrohungen zu reagieren. Sie fungieren wie Sentinels (engl. = Wächter), die bei Bedarf das Immunsystem aktivieren. Es gibt neuere Belege dafür, dass Thrombozyten beteiligt sind
• an der Verteidigung gegen mikrobielle Bedrohungen
• an der Rekrutierung und Förderung der Zellen des unspezifischen Immunsystems
• an der Verstärkung spezifischer Immunantworten.
Blutplättchen scheinen ein wenig wie ein Dirigent in der Immunabwehr zu wirken.xxxix Forscher der Uni Bonn konnten zeigen, dass Blutplättchen die Makrophagen und andere Zellen zur Bildung von Entzündungsstoffen anregen.xl
Wir sehen an diesem Beispiel, wie wenig wir noch über die Funktionsweise des Immunsystems wissen. Viele Zellen scheinen mehr Aufgaben wahrzunehmen als bisher bekannt. Muskeln schütten Botenstoffe aus, Fettgewebe steuert Entzündungsprozesse, Darmbakterien produzieren Neurotransmitter. Wenn wir das Bild der Kuckucksuhr wieder heranziehen: es ist so, als ob jedes Zahnrad nicht nur ein weiteres Rad in Bewegung versetzt, sondern gleich mehrere. Es entsteht ein multidimensionales Geflecht, das kaum zu durchschauen ist. Es gibt noch viele andere Zellen des Immunsystems. Für uns soll dieser Ausschnitt hier reichen.
Malaria und die Entstehung der Blutgruppen
Das Immunsystem des Menschen hat sich immer im Wechselspiel mit Krankheitserregern weiterentwickelt. Malaria wird von Forschern als "die stärkste bekannte Kraft für die evolutionäre Selektion in der jüngsten Geschichte des menschlichen Genoms" bezeichnet.xli Der Name leitet sich ab von mal aria (ital. = schlechte Luft). Noch heute infizieren sich jedes Jahr ca. 200 Mio. Menschen, 1 bis 2 Millionen davon sterben daran, vor allem Kinder.
Die Erreger befallen die die roten Blutkörperchen und zerstören diese. Es kommt zu Durchblutungsstörungen und einer Unterversorgung von Geweben mit Sauerstoff und Nährstoffen. Vor allem im Gehirn ist dies fatal.
Die roten Blutkörperlichen (Erythrozyten) haben wie jede Zelle im Körper eine Oberfläche: die Zellmembran. Diese zeigt je nach Blutgruppe unterschiedliche Strukturen (Antigene). Wenn Antigene mit Substanzen in Kontakt kommen, die Ihrem Körper unbekannt sind, lösen sie eine Reaktion des Immunsystems aus. Sie können aber auch zum Nachteil werden, wenn sie als Andockstellen für Mikroorganismen, Parasiten und Viren dienen. Genau das passiert bei Malaria. Über die Jahrtausende entstanden Mutationen dieser Zellmembranen und so verschiedene Blutgruppen. Am bekanntesten sind die vier Gruppen A, B, AB und O. Gegenwärtig gibt es über 30 anerkannte menschliche Blutgruppen und Hunderte von individuellen Blutgruppenantigenen. Diese können die Anfälligkeit des Wirts für Infektionen erhöhen oder verringern. Menschen mit der Blutgruppe 0 scheinen seltener an Malaria zu erkranken.
Die Malaria-Erreger gibt es seit über 200 Millionen Jahren. Zum Vergleich: unsere Evolution, die Entwicklung der Hominiden, der menschenartigen Affen, datiert zurück auf ca. 10 Millionen Jahre. Der moderne Mensch, der Homo sapiens, entstand vor etwa 200.000 Jahren in Afrika. Er entwickelte sich zeitlich überlappend mit dem Malaria-Erreger Plasmodium falciparum in seiner heutigen genetischen Form.xlii Die Gene unserer Vorfahren mussten sich anpassen, um unser Überleben zu sichern.
Bild: Eigenbearbeitung in Anlehnung an Cserti / Dzik (Fußnote 45)
Menschen der Blutgruppe A, B oder AB haben ein höheres Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Demenz und Krebs.xliii
Entsprechend gibt es einen Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und dem Darm-Mikrobiom.xliv Aus diesem Grund ist es aus meiner Sicht ohne Untersuchung nicht empfehlenswert, Präparate mit vielen Probiotika-Stämmen einzunehmen.
Ich empfehle bei Probiotika eine Mischung mit nur wenigen Stämmen, die idealerweise der natürlichen Besiedlung des kindlichen Darms entsprechen. Auf diesem Fundament kann sich bei einer gesunden Ernährung das individuelle Gesamtmikrobiom optimal entwickeln. Bei medizinischer Verwendung sollte immer eine Voruntersuchung stattfinden.
Die Blutgruppen spielen auch eine Rolle beim Blutspenden. Am besten sind natürlich Bluttransfusionen, die blutgruppengleich durchgeführt werden. Im Notfall zählt jedoch oftmals jede Minute, daher kommen in solchen Situationen Blutkonserven mit der Blutgruppe Null negativ zum Einsatz. Sie werden von Patienten aller Blutgruppen vertragen (Die Erythrozyten werden dafür vom Plasma mit den Antikörpern getrennt.) Der Bedarf an der universal helfenden Blutgruppe O- ist besonders hoch.xlv
Bild: Shutterstock 623908520 © Incomible
Allerdings sind Null negative Blutspender sehr selten – gerade einmal sechs Prozent der in Deutschland lebenden Bevölkerung haben diese Blutgruppe. Wenn Sie also zu dieser Gruppe gehören: Spenden Sie Blut!
Die Blutgruppen spielen im Ayurveda keine direkte Rolle. Sie sind bei den verschiedenen Körpertypen / Konstitutionen, die es im Ayurveda gibt, gleichmäßig verteilt. Über die Ernährung wird jedoch Rücksicht auf individuelle Befindlichkeiten genommen.
Finden Sie heraus, welche Blutgruppe Sie haben.
Wenn Sie zur Blutgruppe A, B oder AB gehören, sind präventive Maßnahmen für Sie besonders wichtig:
➢ Ausdauertraining, jeden Tag ca. 20 – 30 Minuten (Stramm Spazierengehen, Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen, Tanzen, …)
➢ Essen Sie so wenig prozessierte Nahrung wie möglich. Fasten Sie immer wieder mal (siehe zweiter Teil)
➢ Achten Sie auf 7 – 8 Stunden Schlaf
Ein großer Teil der Bundesbürger ist mindestens einmal im Leben auf das Blut anderer angewiesen. Informieren Sie sich über Möglichkeiten, Blut zu spenden.
Das Blut spielt sowohl in der modernen Medizin als auch im Ayurveda eine herausragende Rolle für unsere Immunkraft. Jetzt wenden wir uns aber der wichtigsten Schnittstelle zwischen moderner Wissenschaft und ayurvedischem Denken zu: der extra-zellulären Matrix.
Willkommen in der Matrix
Aus ayurvedischer Sicht ist die sogenannte extra-zelluläre Matrix (kurz EZM) die wichtigste Flüssigkeit für die Immunkraft im Körper. Die EZM ist das Plasma, das jede Zelle umgibt. Es ist die Flüssigkeit, in der alle unsere Körperzellen herumschwimmen. Dieses Plasma enthält auch Immunbestandteile. Diese werden humorale Barrieren genannt (lat. Humor = Flüssigkeit).
Ist das Plasma „gesund“, dann können die Zellen es auch sein. Und wenn unsere Zellen gesund sind, haben wir die beste Voraussetzung dafür, dass es uns gut geht.
Die bekannteste Flüssigkeit im Körper ist das Blut. Hier schwimmen viele Bestandteile der Immunabwehr herum. Auch die Magensäure ist Teil der humoralen Abwehr. In ihr werden die meisten Krankheitserreger zersetzt und so unschädlich gemacht. Dann gibt es noch Flüssigkeiten, die ständig direkten Kontakt mit Krankheitserregern haben. Dazu gehören die Augenflüssigkeit, die Flüssigkeit in der Lunge und der Speichel. Die Magensäure macht einfach als Säure schon vielen Angreifern das Leben schwer. In den anderen Flüssigkeiten sind es Moleküle: Immunglobuline, Enzyme und weitere Eiweißmoleküle wie Histamin, C-reaktives Protein (CRP) oder Zytokine.
Immunglobuline / Antikörper
Immunglobuline sind Proteine, die von den B-Lymphozyten gebildet werden. Sie entstehen als Reaktion auf Krankheitserreger. Krankheitserreger und andere körperfremde Stoffe aus der Umwelt, die in den Körper eindringen, werden als Antigene bezeichnet. Als Gegenstück zu den Antigenen werden Immunglobuline auch Antikörper genannt. (Ich habe mir die vielen Namen nicht ausgedacht.)
Antikörper passen wie ein Schlüssel auf ganz bestimmte „Schlösser“, Antigene genannt. Antigene können z. B. Strukturen der Zellmembran von Bakterien sein oder auch Teile der Hülle eines Virus. Die Antikörper