Vergiss mein nicht!. Kasie West
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Kasie West
Vergiss mein nicht!
Aus dem Englischen
von Anne Markus
Für Jared. Ich bin so froh, dass ich mich für den Weg entschieden habe, der mich zu dir geführt hat.
1. Auflage 2013
Text © Kasie West 2013
© für die deutsche Ausgabe: Arena Verlag GmbH, Würzburg 2013
Umschlag: Frauke Schneider
Zuerst erschienen unter dem Titel Pivot Point bei Harper Collins, a division of Harper Collins Children’s Publishers 2013 Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Schlück GmbH, Garbsen
Alle Rechte vorbehalten
Layout und Satz: tiff.any GmbH, Berlin
ISBN 978-3-401-80294-7
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Inhaltsverzeichnis
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Epilog
Danksagung
Hinterhalt, der – sich ein Opfer suchen (mich) und abwarten, bis man zuschlagen kann
Pass auf«, rief eine laute Stimme von rechts. Ich konnte gerade noch rechtzeitig meinen Kopf heben, um den Football zu sehen, bevor er mir direkt zwischen die Augen knallte.
Ich hab nie wirklich kapiert, warum es Pass auf heißt. Runter oder Vorsicht oder Achtung, Wurfgeschoss oder sogar Augen zu wären als Warnung wesentlich sinnvoller. Ich liege auf dem Rücken, Buch fest an die Brust gepresst, und starre auf den lila-gold gestreiften Himmel – die Illusionisten wärmten sich wohl schon für das Spiel heute Abend auf. Als ob die über den Himmel geklatschten Farben der Schule uns motivieren würden, zum Ticketschalter zu rennen.
Bestandscheck. Der Football hatte mich auf Beton niedergestreckt, erfreulicherweise war also schon mal kein Schlamm im Spiel. Ich hatte bloß dreißig Sekunden verloren, höchstens, ich würde also immer noch pünktlich zur ersten Stunde kommen. Mir ging’s gut. Okay, das war doch schon mal ganz in Ordnung.
Ein bekanntes Gesicht mit blondem Wuschelhaar und einem breiten Grinsen tauchte über mir auf. »Tut mir leid. Ich hab doch ›Pass auf‹ gesagt.«
Von wegen leidtun, er grinste so, als ob er das Ganze eher lustig fände.
Und ich hab aufgepasst, wollte ich entgegnen, aber stattdessen ignorierte ich seine ausgestreckte Hand und rappelte mich vom Boden auf. »Ja, ich hab’s mitbekommen, Duke.« Ich klopfte meine Klamotten ab und ging weiter. Die Stelle, an der mich der Football getroffen hatte, pochte. Ich tastete sie ab. Bestimmt hatte ich schon eine grauenhafte rote Beule.
Vermutlich hätte ich heute Morgen doch mal ein paar Stunden ausloten sollen, dann hätte ich das hier vielleicht vermeiden können. Ich lotete eben nicht alle meine Alternativen aus – nur die besonders wichtigen. Ich hatte es so oder so schon mit genug Realitäten zu tun und manchmal wurde es schwierig, die Übersicht zu behalten, welche ich tatsächlich erlebt hatte und welche die Alternative gewesen wäre, die ich verworfen hatte.
Und trotzdem war ich heute Morgen, als ich mich aus dem Bett gequält und den Nebel durch das Fenster entdeckt hatte, schwer versucht gewesen nachzusehen, was passieren würde. Einmal, wenn ich zu Hause bleiben würde, und einmal, wenn ich zur Schule ginge. Meine Mom nahm mir die Entscheidung ab, als sie meine Zimmertür öffnete und sagte: »Addie, ich bringe dich heute Morgen. Ich möchte nicht, dass du im Nebel fährst.«
»Okay, danke.« Ich widersprach natürlich nicht. Meine Mutter konnte überzeugen. Das war ihre Gabe. In dieser Hinsicht war ich wirklich zu bemitleiden. Meine Eltern hatten die schlimmsten Gaben, die man als Teenager-Eltern nur haben konnte. Wer wollte schon eine Mom, die einen dazu bringen konnte, alles zu tun, was sie sich wünschte? Meine Mutter behauptete, dass sie ihr Talent nur einsetzte, wenn es wirklich drauf ankam, aber ich hatte da meine Zweifel.
Mein Vater war ein Lügendetektor in Menschengestalt – auch wenn meine Mom es überhaupt nicht mochte, wenn ich ihn so nannte; sie bevorzugte den Fachausdruck Erkenner. Er wusste sofort, wenn ich log. Er behauptete, er könne es mir sogar ansehen, wenn ich vorhatte zu lügen. Echt lästig.
Ich ließ mich auf meinen Platz fallen, gerade noch rechtzeitig vor dem zweiten Klingeln. Meine beste Freundin Laila hatte nicht so viel Glück. Wie immer kam sie gute fünf Minuten später durch die Tür. Ihr Lächeln hatte etwas Herausforderndes, ihr knallroter Lippenstift in dem blassen Gesicht betonte das noch. Wir waren ein ungleiches Paar – auf einer Skala, die das maß, was einen normalen Teenager ausmachte, war sie eine Zehn und ich eine Eins. Mit allem, was sie tat, fiel sie auf, sorgte dafür, dass sie beachtet wurde, ich dagegen wollte einfach nur mit dem Strom schwimmen.
»Laila, was muss ich tun, damit du pünktlich zum Unterricht kommst?«, fragte Mr Caston.
»Die Gebäude näher zusammenlegen?«
»Sehr lustig, Ms Stader.