Colombia Es Pasión!. Matt Rendell
Es gibt Dinge, die man nur lernen kann, indem man Rennen bestreitet. Danach waren Wettkämpfe gegen Gleichaltrige in Kolumbien ein Klacks.«
Chalapud und Alex Atapuma wurden fester Bestandteil der Provinzauswahl, die in ganz Kolumbien gefürchtet war.
»Wenn das Team aus Nariño kam, wussten alle, dass ihnen ein hartes Rennen bevorstand.«
Alex gewann 2000 die Vuelta Juvenil al Ecuador, Chalapud im gleichen Jahr in Kolumbien die Vuelta del Futuro der 15- und 16-Jährigen. Bei der Vuelta del Porvenir 2001 der 17- und 18-Jährigen, die Mauricio Soler gewann, kam Alex bei beiden großen Bergetappen unter die ersten zehn und sein Teamkollege Robinson Chalapud wurde Siebter im Gesamtklassement. Ihre Leistungen brachten ihnen Einladungen von Serafín Bernal ein, dem Teammanager von Chocolate Sol, nach Boyacá zu kommen und dort zu fahren.
»Soler rückte in die U23 auf, deswegen suchte Don Serafin das Land nach Junioren ab, um ihn zu ersetzen«, berichtet mir Alex. »Ich verbrachte mein zweites Jahr als Junioren-Fahrer bei ihnen, darunter auch drei Monate, in denen ich in Tunja lebte.«
Mit Chocolate Sol belegte Alex den 15. Platz bei der Vuelta del Porvenir 2002.
»Ich konnte für Chocolate Sol nicht in die U23 aufrücken, denn ich musste zurück nach Túquerres, um meinen Schulabschluss zu machen. Als ich fertig war, meldete ich mich wieder bei Don Serafín, aber inzwischen war der Kader voll.«
Alex schloss sich einer kleinen Mannschaft aus Valle del Cauca namens Gripofen an, wo er Teamkollege von Jarlinson Pantanos älterem Bruder Carlos Andrés war, aber es war eindeutig ein Rückschritt.
Er gewann die Vuelta al Ecuador im November 2007, trat im Dezember des Geldes wegen bei der Vuelta a Costa Rica an und wurde 17., ging müde in die Saison 2008 und erholte sich nie. 2009 kehrte er heim und fuhr für die Mannschaft von Nariño. Drei Jahre lang schlug er sich mit Antrittsgeldern durch.
»Dann bot man mir einen Posten als Trainer für die Provinz Nariño an. Ich schlug ein, ohne Bedauern, und ich bin immer noch hier.«
Bis zu einem plötzlichen, kurzen Wachstumsschub in seinem 20. Lebensjahr war Darwin Atapuma jungenhaft und sehr schmächtig. Als er 13 war, musste Remigio noch einen normalen Rahmen mit einer Metallsäge bearbeiten und die Teile wieder zusammenschweißen, um ein Rad zu bauen, das ihm passte. Er gab ihm einen Helm, Trikot, Hose und Schuhe, und dermaßen ausgestattet trat Darwin in eine neue Phase seiner Radsportkarriere ein.
2004 gewann er die Carchi-Rundfahrt in der gleichnamigen grenznahen ecuadorianischen Provinz, dann siegte er bei der Vuelta del Futuro der 15- und 16-Jährigen im eigenen Land. 2005 gewann er, wie schon sein Bruder Alex vor ihm, die Vuelta Juvenil al Ecuador, ein Jahr später würde er erneut dort siegen. Danach gewann er die Bergwertung der Vuelta del Porvenir 2005, nachdem er vor jenem Dilemma gestanden hatte: Kuh oder neues Rad? Bauer oder Radrennfahrer?
Es kann keine leichte Entscheidung gewesen sein. Nach dem Rennen, finanziell und emotional am Ende, war er drauf und dran, den Sport aufzugeben: »Ich hatte die Bergwertung für die Mannschaft der Provinz Nariño gewonnen, aber sie wollten nicht für die nötigen Reparaturen aufkommen. Und ich hatte die Kuh nicht mehr. Ich machte mit 17 meinen Schulabschluss, somit war ich mit der Schule fertig und es war an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen.«
Aber Remigio wollte davon nichts hören. Er reparierte das Rad und schickte seinen Bruder zur Vuelta a Venezuela der Junioren. Sein venezolanischer Gastgeber versprach Remigio, sich zu melden, sobald das Rennen gestartet war. Das Telefon blieb still bis zum Abend nach der dritten Etappe.
»Wie macht er sich?«
»Auf der ersten Etappe ist er gestürzt und auf der zweiten büßte er zwei Minuten ein, aber heute hat er die schwerste Etappe gewonnen.«
Die Geschichte von Darwin Atapumas junger Karriere, auf den Punkt gebracht in einem Satz.
Unterdessen sprach Remigio mit Serafín Bernal, der Alex bei Chocolate Sol betreut hatte. Bernal lud Darwin nach Tunja ein. Der Tag, an dem Remigio ihn zum Busbahnhof in Pasto brachte, hat sich in das Gedächtnis der Familie eingebrannt.
Remigio sagt: »Ich war froh, dass er endlich seine Chance erhielt, aber sobald er im Bus saß, wollte ich, dass er bliebe. Er war so klein. Wie würde es ihm ergehen?«
Darwin erinnert sich: »Vom Bus aus sah ich, wie ihm Tränen über das Gesicht liefen, und auch ich fing an zu weinen.«
Die Reise in sein neues Leben dauerte einen Tag und eine Nacht. Serafín Bernal erwartete ihn am Busbahnhof von Tunja. Darwin zog bei seinem Trainer ein und half ihm auf dem Parkplatz, den er betrieb.
»Mein Leben bestand aus trainieren und Rennen fahren. Statt wie bisher auf die Hilfe meines Vaters und meines Bruders angewiesen zu sein, wurde ich nun bezahlt – nicht viel, aber immerhin. Ich hatte einen Platz zum Schlafen, gute Kleidung und fuhr im Auto zu den Rennen. Ich war sehr glücklich und Serafín Bernal half mir, mich zu entwickeln.«
Bei den Landesmeisterschaften im Zeitfahren 2006 in Popayán gewann Darwin Silber. Dann begann er, sich auf sein großes Saisonziel vorzubereiten, die Vuelta del Porvenir. Als erfahrener Veranstalter von lokalen und regionalen Rennen hatte Remigio den Zuschlag erhalten, die Rundfahrt diesmal in Nariño zu organisieren, sodass die Juniorenteams des Landes in jenem November einen seltenen Abstecher in den Süden unternahmen.
Darwin dominierte vom Start weg. Er gewann drei Etappen, die Bergwertung sowie die Mannschaftswertung mit Chocolate Sol. Im Gesamtklassement setzte er sich mit fünf Minuten Vorsprung vor seinem Teamkollegen Gabriel Álvarez durch, Dritter wurde Carlos Betancur aus Antioquia, sechs Minuten und 27 Sekunden dahinter.
2007 zog Darwin auf Empfehlung von Serafín Bernal nach Medellín und schloss sich Orgullo Paisa an. Darwin weiß, dass er viel Glück gehabt hat: »Für einen Fahrer wie mich, der gerade erst anfing, war das eine unglaubliche Chance. Ich verdiente genug, um mir ein besseres Rad zu kaufen, meine Familie zu unterstützen und sogar noch etwas beiseite zu legen. Ich wohnte in der Villa Deportiva und fuhr häufig in einer Mannschaft mit Betancur und Arredondo.«
Im Trikot von Orgullo Paisa wurde Darwin Nachfolger von Sergio Luís Henao als U23-Sieger beim Clásico RCN. Dieses Resultat brachte ihm die Berufung zu Colombia Es Pasión ein, einem Team, das sich nun anschickte, es mit einer imposanten jungen Mannschaft mit dem Rest der Welt aufzunehmen.
4
Zimmermänner und ihre Söhne
Vor seiner Berufung zu Colombia Es Pasión hatte Luís Fernando Saldarriaga für die Radliga in Bogotá Junioren auf der Bahn betreut. Eines Tages im Jahr 2005 trainierte ein heimisches Team, der Club Montserrat, im Velodrom. Einer der Väter bat Saldarriaga, einen langfristig angelegten Trainingsplan zu entwickeln, um seinen Sohn, damals 15, zu einem Champion zu machen.
Saldarriaga fragte: »Hat er eine Pulsuhr?«
»Jawohl, mein Herr.«
»Ist er diszipliniert?«
»Jawohl, mein Herr.«
Saldarriaga ließ sich die Sache durch den Kopf gehen und willigte schließlich ein. Der Name des Jungen war Jhoan Esteban Chaves.
Jede Woche schickte Saldarriaga ihm seinen Trainingsplan. Estebans Vater Jairo Chaves hat noch immer einen Stapel Übungshefte aus diesen Jahren, die ausführliche, handgeschriebene Notizen enthalten.
Ich erkundigte mich, was »langfristig« bedeutete: »Drei Jahre? Vier?« Saldarriaga erzählte mir: »Viel länger. Viele Jahre. Sein Vater war ein Visionär.«
»Ich kam mit einer Gabe auf die Welt.«
An einem Tisch in Tenjo, nördlich der Hauptstadt, erzählt mir Jairo Chaves seine Geschichte.
»Ich wurde gezwungen, ein Handwerk zu erlernen. Und ich lernte es auch anständig, dass wir uns nicht missverstehen. Ich habe jedes einzelne