Claddagh - Promises. Iris H. Green

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Nacht verbrachten sie in Rosscarbery. Im Dorf gab es nichts Besonderes zu sehen, wenn man von der in einem Wald gelegenen Ruine von Castlefreke absah, die aber wegen Einsturzgefahr für Besucher gesperrt war. In den sechziger Jahren sollte das fünfzig Jahre zuvor durch ein Feuer zerstörte gotische Gebäude in ein Hotel umgebaut werden, doch wie so oft, ging den Besitzern das Geld aus, bevor auch nur ein Bruchteil der Arbeiten abgeschlossen war. Dass die Gruppe trotzdem in diesem Dorf übernachtete, lag einzig an seiner Nähe zum Drombeg Stone Circle, dem ersten Ziel des nächsten Tages – und dem überaus ansprechenden Celtic Ross Hotel.

      Manchmal schickten sie ihre Gäste auch alleine los, etwa am Leuchtturm von Mizen Head, an der Barley Cove, wo selbst jetzt, nahezu Ende Oktober, einige Surfer auf den Brandungswellen ritten, oder bei der Besichtigung von Bantry House, dem vorerst letzten Ziel in County Cork. Der kleine Ort Glengarriff, wo sie die Nacht in einem Gästehaus verbringen würden, lag bereits in Kerry.

      Die Betten quietschten gottserbärmlich, selbst wenn man sich nur auf den Rand setzte. Maren notierte umgehend ›andere Unterkunft für die nächste Saison‹ in ihrem Laptop und schickte einen kurzen Hinweis an Ciara. Solche Dinge wurden immer in der Winterpause erledigt: Verträge mit Hotels, Erkunden von alternativen Zielen, Vereinbarungen mit Restaurants, die sich für eine Mittagspause bei Zwischenstopps oder längeren Fahrstrecken anboten. In der Regel überschritten die reinen Fahrzeiten zwischen den einzelnen Zielen aber nur selten anderthalb Stunden.

      Von Glengarriff aus fuhren sie mit einem offenen Boot nach Garinish Island, passierten dabei eine Seehund-Kolonie. Der Kapitän drosselte den Motor und fuhr in geringer Entfernung um die aus dem Wasser ragenden Felsen herum, gab so seinen Passagieren die Möglichkeit, Fotos zu machen. Die Seehunde schienen das gewohnt zu sein, fast bewegungslos lagen sie auf den Felsbrocken, nur wenige befanden sich im Wasser, schenkten dem Boot aber ebenfalls wenig Aufmerksamkeit.

      Bis plötzlich von einem der Felsen ein seehund-typisches Bellen erklang. Maren hatte die beiden Tiere, die sich darauf befanden, gar nicht gesehen, da sie vollkommen reglos dort gelegen hatten und die Farbe ihres Fells sich nicht von der des Felsens unterschied. Nun jedoch näherte sich schwimmend ein drittes Tier, anscheinend in der Absicht, sich zu seinen Artgenossen zu gesellen. Diese wollten offensichtlich unter sich bleiben und schafften es, den unerwünschten Besucher mit Drohgebärden zu vertreiben. Kaum hatte jener sein Vorhaben aufgegeben und war abgetaucht, versanken die beiden ›Hausherren‹ sofort wieder in Unbeweglichkeit und damit in Unsichtbarkeit.

      Auf der Insel ließen Maren und Sean ihre Gruppe nach eigenem Ermessen die Gartenanlagen erkunden. Sie selbst taten das auch und trafen dabei den einen oder anderen ihrer Gäste; am Seerosenteich vor dem Medici-Haus, im ummauerten Garten oder dem kleinen griechischen Rundtempel, der auf einer Anhöhe stand und von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Bucht und den wilderen Teil des Parks hatte.

      Am zweiten Tag in Killarney schickten sie ihre Gäste auf eigene Faust zu einem Stadtbummel und nutzten den freien Nachmittag auf ihre Weise. In diesem Hotel gab das Bettgestell keinen Ton von sich. Nur das Bettgestell.

      Auf dem Rückweg von Killarney nach Cork verbrachten sie einen halben Tag in Blarney Castle, das über einen bezaubernden Park verfügte. Dort gab es einen kleinen Wasserfall, einen ›Druid Circle‹, eine ›Witches Kitchen‹, einen Elfenhain und nicht zuletzt die ›Wishing Steps‹, die aus zwischen zwei Felswänden eingefügten, unterschiedlich hohen Kalksteinblöcken bestanden. Der Legende nach soll man diese mit geschlossenen Augen hinunter und wieder hinauf gehen – manche behaupten, rückwärts. Dabei darf man weder anhalten noch an etwas anderes als den Wunsch denken, dann erfüllt sich dieser innerhalb eines Jahres.

      Sean warnte die Gäste eindringlich, dass die Stufen oft glitschig seien und sie das auf eigene Gefahr täten.

      »Hast du auch einen Wunsch, mein Engel?«, fragte er lächelnd, nachdem die Gruppe hinter den ersten Büschen verschwunden war.

      »Keinen, den du mir nicht schon heute Abend erfüllen kannst, Teufel.«

      »Dann werden gleich zwei Wünsche wahr.« Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass niemand in der Nähe war, und küsste Maren ausgiebig. Das taten sie nie, solange jemand von ihren Gästen sie sehen konnte.

      »Kinderüberraschung.« Maren amüsierte sich über Seans erschrockenen Gesichtsausdruck, zitierte in affektiertem Tonfall den Werbeslogan ›gleich drei Wünsche auf einmal! Spannung, Spiel und Schokolade‹, und erklärte: »Das ist ein Schokoladenei mit einer Plastikkapsel im Inneren, in der sich ein zerlegtes Spielzeug, ein Puzzle oder eine Comicfigur befindet. Letztere sind bei Sammlern sehr beliebt, weshalb man vor den Aufstellern oft mehr Erwachsene als Kinder ein Ei nach dem anderen schütteln sieht. Das Klappern lässt allerdings kaum Rückschlüsse auf den Inhalt zu. Man nennt es Ü-Ei, oder eben Kinderüberraschung.«

      »Gut, dann werde ich Schokolade besorgen. Viel Schokolade. Ich werde sie auf dir schmelzen lassen und ganz langsam ablecken.«

      »Hör auf. Sofort. Ich will auch welche. Am liebsten eiskalt. Ich werde mir ein Stück auf die Zunge legen und rate, was ich damit tun werde.«

      »Ist das jetzt der Teil mit der Spannung? Besser gesagt, der Vorfreude.« Noch einmal küsste er sie, kurz aber heftig. »Was möchtest du jetzt gleich tun? Durch den Park spazieren oder den ›Blarney Stone‹ küssen? Für meinen Geschmack kannst du bereits allzu gut mit Worten umgehen.«

      »Ach, nur mit Worten?« Sie lachte, als er sie Hexe nannte. »Lass uns lieber einen Kaffee trinken. Oder einen Cappuccino. Mit Sahne.«

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