Geschmackssache oder Warum wir kochen. Günther Henzel

Geschmackssache oder Warum wir kochen - Günther Henzel


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Von lat. colere: bebauen, pflegen, verehren; Kultur: neben geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen Nutzung, Pflege und Bebauung von Ackerboden; a. a. O., S. 1047

      79 Die Eiszeit, das Pleistozän (von griech. pleistos »am meisten« ,kainós »neu« – ein neuer Abschnitt der Erdgeschichte von 2,6 Mio. bis 11 000 Jahre vor heute), endet mit Beginn des Holozän; (BEHRINGER 2010; S. 60)

      80 Von J. Henry BREASTEDT 1916 eingeführte Bezeichnung für das Winterregengebiet am nördlichen Rand der Syrischen Wüste, die sich im Norden an die arabische Halbinsel anschließt. Der »Fruchtbare Halbmond« gilt als eine der Ursprungsregionen der neolithischen Revolution, dem Übergang von der wildbeuterischen Lebensweise zu Ackerbau und/oder Viehzucht ab dem 12. Jahrtausend v. Chr. (gefunden in: Wikipedia: Fruchtbarer Halbmond)

      81 A. a. O., S. 135 ff.; wobei diese möglicherweise auch mit einem großen Pferde- oder Rinderleder ausgekleidet werden konnten, bevor Wasser und heiße Steine folgten. Auf diese Weise konnte man darin Rohstoffe in erhitzter Flüssigkeit garen (mündl. Auskunft von Rainer-Maria WEISS, Direktor vom Archäologischen Museum Harburg)

      82 Dass dabei das Essen graduell entgiftet und die Keimfracht vermindert wurde, war den Akteuren nicht bewusst

      83 Spätestens in der Phase des Jungpaläolithikums – etwa 40 000 Jahre vor unserer Zeit (eine Vermutung, die jedoch nicht belegt werden kann). Höhlenmalereien (jungpaläolithische Kleinkunst) dokumentieren die ästhetische Ausdrucksfähigkeit des Cro-Magnon. In den künstlerischen (auch farblichen) Darstellungen u. a. von Jagdszenen erkennt man seine genaue Beobachtungsgabe. Diese Sensibilität wird er sicher auch für aromatische Kreationen entwickelt haben

      84 DTI: Diffusions-Tensor-Bildgebung (engl. diffusion tensor imaging) ist eine Variante der Magnetresonanztomographie, mit der man insbesondere die weiße Substanz der Nervenfasern des Gehirns darstellen kann (STOUT 2016; S. 36). Ein Tensor ist eine mathematische Funktion, die eine bestimmte Anzahl von Vektoren (mathematische Größen einer Richtung) auf einen Zahlenwert abbildet

      85 Der Nachweis erfolgte bei aktiver Tätigkeit (während der Herstellung von Faustkeilen), indem Studenten über die Fußvenen radioaktiv markierter Zucker injiziert wurde, dessen Verteilung in den aktiven Hirnbereichen nachgewiesen werden konnte. In den DTI-Aufnahmen von Schimpansengehirnen zeigte sich das geringere Maß jener neuronalen Stränge, die beim Menschen während handwerklicher Tätigkeiten aktiv sind (STOUT 2016)

      86 Prallen Steine aufeinander (z. B. beim Abrollen vom Hang), können scharfkantige Bruchstücke und Splitter entstehen; manuelles Aufeinanderschlagen von Steinen kann vergleichbare Bruchstücke erzeugen. Kapuzineraffen wurden dabei gefilmt, wie sie immer wieder Felsbrocken aufeinanderschlagen, dabei Steinwerkzeuge produzieren (Faustkeile, die sie aber nicht verwenden), um den pulverisierten Steinbelag abzulecken – vermutlich, um auf diese Weise Mineralstoffe aufzunehmen

      87 So trennen die Yanomami die unzähligen kleine Palmfruchtkapseln aus den Fächerzweigen, indem sie auf ihnen rumtrampeln; diese Trenntechnik hatten sie beim Durchqueren des Waldes erkannt, als sie über einen vom Baum niedergegangenen Zweig wiederholt laufen mussten; beim Spalten von Steinen »hat blinder Zufall mehr zu seiner neuen Form getan als sehender Geist«; a. a. O., S. 8

      88 HARRER beschreibt die Steinaxtherstellung der Papuas auf Neuguinea: unterhalb von Felsüberständen wird ein starkes Feuer entfacht, bis Steinflächen abplatzen, aus denen besonders scharfe und haltbare Äxte hergestellt werden; a. a. O., S. 81 ff.

      89 A. a. O., S. 134

      90 Am Lagerfeuer sollte auch die Entdeckung berauschender Wirkung von Rauch gemacht werden, wenn entsprechende Hölzer mit halluzinogenem Rauch verbrannte. »Rauch und Be(weih)räuchern nehmen insbesondere in kultisch-religiösen Ritualen eine zentrale Position ein, um die Menschen aufnahmefähig zu machen« (REICHHOLF 2008; S. 253). Viele Pflanzen in tropischen Niederungsgebieten Südamerikas, aus Amazonien, werden (heute) angebaut, obwohl sie für die Ernährung bedeutungslos sind. Sie enthalten aber Rauschmittel. Hochlandindios und nordamerikanische Indianer bliesen sich gegenseitig den Rauch dieser Drogen in die Nasenlöcher; a. a. O., S. 255

      91 Als Wiege der Menschheit gilt der Ostafrikanische Grabenbruch; berühmt sind die Funde aus der Olduvai-Schlucht, die Hinweise auf die Orte und Lebensbedingungen der frühen Menschen geben. Sie bevorzugten wildreiche Ufergebiete des damaligen Sees und entwickelten je nach Region unterschiedliche Steinwerkzeugkulturen (u.a. »Handäxte«, Meißel, Schaber, Ambosse). Die sog. Karari-Kultur am Rudolf-See kannte schwere Schabersteine, aber auch fein zugespitzte Steinwerkzeuge, mit denen sie Tierkörper wie mit einem Messer zerlegen konnten; a. a. O., S. 98 ff. und 109

      92 Auch andere Fundplätze lassen eine solche Aussage zu: Kada Gona liegt am Fluss Awash im Norden Äthiopiens; Omo, ein ganzjährig Wasser führender Fluss im südlichen Äthiopien; Koobi Fora am Turkanasee, auch am Victoria-See wurden tausende Steinartefakte gefunden (siehe auch Wikipedia: Oldowan)

      93 Sand wird als unangenehmer Fremdkörper im Mundraum erlebt (führt zu Missempfindung). Ein genetisch begründeter Reflex auf wertlose Nahrungsanteile und Zahnschutz-Effekt, da Sand/Erde die Zähne schädigt/ abschmirgelt (Demastikation)

      94 Filmaufnahmen von Rotgesichtsmakaken in Japan zeigen, dass auch Primaten die Reinigung mit Wasser kennen. Sie zeigen ein Weibchen, das mit den Händen am Ufer ausgelegte Süßkartoffeln wäscht, was schließlich von allen Gruppenmitgliedern nachgemacht wurde, die das beobachtet hatten. Spätestens wenn auch das Alpha-Männchen diese Technik übernommen hatte, blieb das Kartoffelwaschen ein typisches Verhalten dieser Population; schließlich präferierte diese Gruppe das Waschen in Salzwasser

      95 Die Dani (eine indigene Population auf Neuguinea) tauchen getrocknetes Gemüse in eine natürliche Solequelle als Saugschwamm, um auf diese Weise (nach ihrem erneuten Trocknen) Salz zu gewinnen (HARRER 1988; S. 166 f.)

      96 Hierzu Theorie der optimalen Futtersuche (LOGUE 1995; S. 204–218)

      97 A. a. O.: Brunnen und Quelle haben semantisch die gleiche Bedeutung; etymologisch gehören 'Brunnen' und 'brennen' zusammen. Hier wird das 'Hervorzüngeln' einer Wasserquelle aus dem Erdreich 'flammenbildlich' ausgedrückt; vgl. born, brunnen, brennen

      98 Bergpapua auf Neuguinea kennen große runde Baumrindenwannen (HARRER 1988) a. a. O., S.83; in Sibirien kennt man Gefäße aus Birkenrinde (Papier-Birke: Betula papyrifera – sie hat eine weiße, glatte wasserdichte Rinde), deren Öle diese Gefäße konservieren (LEFLER 2015), (WÖHRMANN 2005)

      99 In der jüngeren Entwicklungsgeschichte, etwa mit dem Beginn der Sesshaftwerdung vor 10 000 Jahren, wurden Holztröge in Brettform, sog. Zuber gebaut; aus altd. »zuoamber«, das auch zu »Amper« wurde und einen Eimer mit Tragegriffen auf zwei Seiten bezeichnet; s. auch: Bottich und Bütte bei Wikipedia

      100»Im Rahmen von Futterwahlversuchen wurden Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans rohe und gegarte Speisen (Karotten, Kartoffeln, Fleisch, Äpfel) angeboten. Vorher konnten die Tiere gekochte Nahrung probieren, um Neophobie zu vermeiden. Alle bevorzugten die leichter verdauliche gekochte Nahrung. Aber auch Schimpansen, die nie gekochtes Fleisch bekommen hatten, griffen sofort zur gekochten Version. Die Autoren WOBBER et al. (2008) schlossen auch aus Versuchen mit gemahlener oder zerdrückter Nahrung, »dass dafür die weichere Textur verantwortlich sei«, in: MUTH; POLLMER 2010; S. 53

      101 Cyanogene Glycoside sind weit verbreitete Pflanzengifte in Yamswurzel, Süßkartoffel, Zuckerhirse, Bambus, Leinsamen, Limabohne, Bittermandeln. Magen-Darmenzyme spalten diese Moleküle, wobei hochgiftige Blau-säure freigesetzt wird, die entfernt werden muss. Maniok wird nach einer alten Methode der Ureinwohner Amazoniens geraspelt und einige Tage eingeweicht. Anschließend presst man ihn aus und röstet den Rest. Das so gewonnene Maniokmehl wird dann vor


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