EBook 'Projektmanagment im Handwerksbetrieb umsetzen'. Alexander Spitzner
der Frage nach Projekten kommen sofort diverse (und oftmals auch problembeladene) Beispiele in den Sinn, wie z. B. der (stark verzögerte) Bau des Berliner Flughafens oder die Probleme bei der Realisierung des Bahnhofs „Stuttgart 21“. Aber nicht nur solche Mammutprojekte erfordern Projektmanagement.
Auch in kleinerem Rahmen, der allerdings immer noch für die Entwicklung und den Fortbestand von Unternehmen entscheidend sein kann, werden Projekte genutzt, so z. B. bei der Entscheidung für oder gegen den Bau eines neuen Prototyps, bei der Umgestaltung der organisatorischen Unternehmensstruktur oder bei der Entwicklung eines Marketingkonzepts.
Und schließlich zeigt sich auch im privaten Bereich immer wieder, dass Kenntnisse und Erfahrungen in Projekten nützliche Anwendung finden können – egal ob die nächste Geburtstagsfeier geplant oder ob die Küche renoviert werden soll.
All diese Beispiele, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben eines gemeinsam: Der Unterschied zwischen einer erfolgreichen Durchführung und einem Scheitern des Projektes liegt (auch) im richtigen und konsequenten Einsatz der Projektmanagementmethoden.
Was muss ein kompetenter Projektleiter leisten, um ein Projekt erfolgreich durchführen und abschließen zu können?
Es können zwei verschiedene Kompetenzbereiche eines Projektleiters unterschieden werden:
MethodenkompetenzIn den nachfolgenden Kapiteln werden eine Vielzahl an Methoden, Techniken und Prozessen des Projektmanagements aufgeführt, die für eine erfolgreiche Projektabwicklung hilfreich sein können. Egal, ob bei der Initialisierung von Projekten, bei der Planung und Steuerung oder auch in Bereichen wie der Projektkommunikation oder -dokumentation – die Möglichkeit der einsetzbaren Methoden und Techniken ist dabei nahezu unendlich. Die Kenntnis dieser Methoden und Techniken, aber vor allem auch die richtige und sinnvolle Anwendung ist für einen erfolgreichen Projektleiter von entscheidender Bedeutung. So unterschiedlich die oben aufgeführten Beispiele für Projekte sind, so unterschiedlich ist auch die Notwendigkeit, einzelne Methoden in ihrer gesamten Komplexität, stark vereinfacht oder auch gar nicht einzusetzen. Das bedeutet, dass beispielsweise die Netzplantechnik (vgl. Kapitel 2.4.2) für ein zeitkritisches Projekt (z. B. für die Planung einer Geburtstagsfeier oder die Entwicklung und Fertigstellung eines Prototyps vor den Mitbewerbern) unbedingt notwendig ist, während sie für ein anderes Projekt (z. B. Küchenumbau) vernachlässigt werden kann, wenn hier der Zeitdruck eine etwas untergeordnete Rolle spielt, dafür aber z. B. Qualitäts- oder Kostenanforderungen im Vordergrund stehen. Es macht somit keinen Sinn, eine Methode nur zum Selbstzweck anzuwenden, wenn eine einfachere Methode zur Verfügung steht, die ein vergleichbares Ergebnis liefert.
Verhaltenskompetenz Neben der Kenntnis und der sinnvollen Anwendung der Methoden und Techniken des Projektmanagements stellt die Verhaltenskompetenz des Projektleiters in Projekten eine entscheidende Komponente dar. Ein Projektleiter ist für die Führung und Motivation seiner Projektmitarbeiter verantwortlich, gleichzeitig fördert er das (selbst)organisierte Arbeiten im Projektteam wie auch die Kreativität. Der Projektleiter wird auch immer wieder als Konfliktlöser und Entscheider gefordert sein. Auch für diese Situationen gibt es unzählige Methoden und Techniken, die den Projektleiter bei seinen Aufgaben unterstützen – allerdings muss auch hier darauf geachtet werden, die soziale Kompetenz zu entwickeln, um im entscheidenden Moment die richtige Methode auszuwählen und einzusetzen.
Die obigen Ausführungen zeigen, dass ein Projektleiter in den verschiedensten Disziplinen Experte sein sollte: Er ist gleichzeitig Planer, Entscheider, Motivator, Anführer, Teammitglied, Chef, Moderator, Konfliktlöser usw.
Rollen eines Projektleiters
Diese Fähigkeiten und Kompetenzen können bis zu einem bestimmten Grad angelernt bzw. antrainiert werden, die Sicherheit und Professionalität ergibt sich dann aber auch in hohem Maße aus der Erfahrung im Umgang mit Projekten und Projektteams.
Allerdings kann ein Projektleiter natürlich nicht alle Rollen und Aufgaben im Projektmanagement selbst besetzen. Gerade der zunehmende Umfang und die gestiegene Komplexität von Projekten erfordern eine interdisziplinäre (= fachübergreifende) Zusammenarbeit von Personen aus unterschiedlichen Bereichen, Abteilungen, Unternehmen oder Institutionen. Diese Zusammenarbeit benötigt Regeln und Strukturen, die zu Beginn des Projektes festgelegt werden müssen – hier ist wiederum der Projektleiter gefordert.
Beispiel:
Ein Projektleiter kann nicht fachlicher Experte in sämtlichen Bereichen des Projektes sein, noch dazu wird im Projekt sicher auch die Zeit fehlen, um detailliert in alle Fachthemen einzusteigen.
Hier sollte bei der Zusammenstellung des Projektteams darauf geachtet werden, Fachexperten einzubinden, die das nötige Wissen und die notwendigen Kompetenzen mitbringen, um den Projektleiter unterstützen und entlasten zu können.
Gleichzeitig muss der Projektleiter aber natürlich auch bereit sein, „loszulassen“ – also seinen Mitarbeitern die erforderlichen Freiräume zu geben und ihrem Expertenwissen zu vertrauen.
1.3 Merkmale eines Projekts
In den bisherigen Ausführungen wurde die steigende Bedeutung von Projekten sowohl im geschäftlichen und unternehmerischen wie auch im privaten Bereich dargelegt. Gleichermaßen entsteht aber auch der Eindruck, der Begriff „Projekt“ wird teilweise inflationär für nahezu jedes Vorhaben verwendet, das ein Unternehmen oder eine Person in Angriff nimmt. Der nachfolgende Abschnitt legt deshalb fest, was unter einem Projekt zu verstehen ist und welche Merkmale gelten müssen, damit ein Projekt auch wirklich ein Projekt ist.
Merkmale eines Projekts
Die DIN 69901 definiert ein Projekt weiterhin als „Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit, aber auch Konstante der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen; Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben; projektspezifische Organisation“.
In dieser Definition stecken die charakteristischen Merkmale für ein Projekt:
Einmaligkeit Die Bedingungen von Projekten sind einmalig, d. h., in dieser Zusammenstellung waren etwa die Ausgangslage, die zu erreichenden Ziele, das Projektteam usw. bisher noch nicht gegeben. Dabei muss aber immer die Sichtweise unterschieden werden: So kann beispielsweise der Innenausbau eines Hauses für einen Handwerksbetrieb Routinegeschäft darstellen. Für den privaten Bauherrn jedoch kann (und wird) hier das Merkmal der Einmaligkeit durchaus gegeben sein.
Zielvorgabe Ein Projekt hat eine exakt beschriebene und messbare Zielvorgabe, um am Ende des definierten Zeitraums entscheiden zu können, ob das Projektziel erreicht worden ist – das Projekt also erfolgreich war oder nicht.
Zeitliche Befristung Jedes Projekt hat einen klar definierten Anfang und ein klar definiertes Ende.
Finanzielle, personelle und andere Begrenzungen Es steht ein begrenztes Budget zur Verfügung, das im Projekt verplant werden kann. Auch die Anzahl an Mitarbeitern, Material usw. ist vorgegeben. Mit den gegebenen Mitteln muss im Projekt also „gehaushaltet“ werden.
Projektspezifische Organisation Projekte werden in (interdisziplinären) Projektteams durchgeführt. Die alleinige Arbeit einer Person an einem Vorhaben stellt daher kein Projekt dar.
Weitere Merkmale von Projekten sind:
Komplexität In einem Projekt müssen eine Vielzahl von Faktoren und deren Wirkungen untereinander berücksichtigt und eingeplant werden, und es muss flexibel darauf reagiert werden.
Innovatives Ergebnis Das Ergebnis eines Projekts besitzt einen Neuigkeitswert – es soll also ein neues Produkt, ein neuer Produktionsprozess, eine