Dien Bien Phu. Harry Thürk

Dien Bien Phu - Harry Thürk


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hielt, den aufgefangenen Spruch ins Hauptquartier durchgab, löste er bei General Giap ein Lächeln aus. Er erkannte ihn als Täuschungsmanöver. Die französische Luftaufklärung konnte nicht übersehen haben, daß die um Na San gruppierten Vietminh-Truppen für einen Großangriff auf den Stützpunkt zu schwach waren. Überdies hatte es dort keine Truppenverschiebungen gegeben, die den Gegner hätten irritieren können, sah man von der Ablösung einiger Züge ab, die anderswo gebraucht wurden.

      »Sie räumen Na San«, erklärte Giap überzeugt. »Wollen sich entweder im Delta oder bei Lai Chau verstärken und brauchen dafür die in Na San nutzlos festliegenden Truppen. Mit dem demonstrativen Funkspruch wollen sie uns davon abhalten, einen Angriff zu wagen, während sie räumen …«

      »Und?« Ho Chi Minh hielt sich im Beratungsraum auf. »Wir könnten angreifen, jetzt, da wir wissen, daß es sich um eine Täuschung handelt. Sie dort schlagen, wo sie uns den Rücken kehren wollen.«

      Giap besah sich lange die Karte. Der Vorschlag des Präsidenten war nicht so einfach von der Hand zu weisen, er beruhte auf einer bewährten Taktik der Partisanenkriegführung. Und doch riet Giap schließlich davon ab. Der August war in dieser Gegend der Monat mit der höchsten Niederschlagsmenge des Jahres. Der Wald um den Stützpunkt triefte vor Nässe. Nachts und morgens lag Dunst stundenlang wie eine zähe Decke über der Erde. Jedes Vorankommen würde zur unsäglichen Mühe für die Infanteristen der Volksarmee werden. Der Gegner hingegen verfügte über eine blechbelegte Landepiste, über die er das Ausfliegen der Besatzung in wenigen Stunden abwickeln konnte. Außerdem – kam es jetzt wirklich darauf an, dem Feind Stärke an jeder beliebigen Stelle zu demonstrieren? Wir müssen ihn über unsere wahre Schlagkraft gerade jetzt möglichst im Unklaren lassen, entschied sich Giap. Wie unsere Aufklärung meldet, hat der Gegner Lai Chau ins Auge gefaßt; er will einen Riegel gegen unsere Operationen in Richtung Laos setzen. Soll er doch in dieses Abenteuer hineinlaufen, mit der Meinung, wir wären nicht einmal in der Lage, bei Na San hinter ihm her zu schießen!

      Ho Chi Minh erkannte den Hintersinn von Giaps Vorgehen sofort. Lächelnd stimmte er zu. Mochten die Kerle aus Na San verschwinden. Danach wird es ohnehin uns gehören, und sie werden südlich des Schwarzen Flusses um einen Stützpunkt ärmer sein, der nur zwanzig Kilometer von der Grenze zu Laos liegt, hinter der unsere Verbündeten operieren.

      »Aber«, meinte der Präsident, »es wird gut sein, wenn wir um Lai Chau stärker werden, für den Fall, daß sie sich dort weiter ausbreiten wollen …«

      Giap schlug überraschend vor: »Warum nicht in absehbarer Zeit Lai Chau erobern? Wir könnten Kräfte dafür zusammenziehen. Dann würden sie mit ihrem Riegel auf die Nase fallen, und sie hätten hier oben so gut wie ausgespielt!«

      Ho Chi Minh trat an die Karte. Giap zeigte ihm die Basen der eigenen Divisionen. Nach einer Weile äußerte sich Ho Ch Minh: »Ich finde den Vorschlag ausgezeichnet. Nur eine Frage – was tun wir, wenn die Propaganda für diesen Riegel auch nur Irreführung ist und sie im Delta losschlagen, sobald wir uns hier konzentrieren?«

      Wenn Giap Vorschläge äußerte, waren sie bis ins letzte durchdacht. Er hatte in vielen Jahren des Befreiungskrieges gelernt daß Flexibilität, schnelles Umstellen auf neue Situationen und blitzartiges Verändern der Taktik wesentlich für den Sieg waren. Jetzt vertraute er Ho Chi Minh, der die Fähigkeiten seines Obermandierenden hoch einschätzte, einen Gedanken an, mit dem er sich herumschlug: »Natürlich ist es möglich, daß sie das tun. Nur – wir werden unsere Positionen im Delta nicht schwächen, wenn wir hier oben mit ihnen zu kämpfen haben. Im Delta haben wir eine Partisanenarmee mit leichtem Gepäck, sehr mobil – heute hier, morgen dort. Sie ist stark genug, sich im Delta zu halten. Hier oben aber, wenn der Gegner seine Elitetruppen herwirft, werden wir unsere regulären Divisionen brauchen, Genosse Präsident. Meine Idee ist, den Gegner bei Lai Chau zu kitzeln. Auf das, was er dann tut, stellen wir uns ein. Schnell.«

      Sie unterhielten sich noch lange. Inzwischen war in der Einheit, die um Na San gruppiert war, schon der Befehl eingetroffen, sich absolut ruhig zu verhalten, wenn der Gegner abzog.

      Die ersten »Dakotas« erschienen über dem Dschungelstützpunkt, als die mit Lochblechen ausgelegte Piste gerade unter den Dunstwaden des Morgennebels sichtbar wurde. Soldaten in getigerten Kampfanzügen sprangen heraus, stellten viel Lärm an, als ob sich ganze Bataillone einfänden. Eine Stunde später – die zuerst gelandeten Fallschirmjäger hatten inzwischen die Stellungen besetzt – begann der Abtransport: Menschen, Geschütze, zerlegbares Material.

      Auf den Hügelketten ringsum fiel kein Schuß. Waren die Vietminh abgezogen? Hatten sie sich vor dem Regen verkrochen? Oder war gar eine Epidemie ausgebrochen, die sie lähmte?

      Die CAT-Piloten, Angehörige der seit den dreißiger Jahren China operierenden US-amerikanischen »Freiwilligen Fliegergruppe«, die sich einst hochtrabend »Flying Tigers« genannt hatte, dann wieder schlicht und offen als 14. Luftflotte der USA deklariert wurde und gegenwärtig in Taiwan unter dem Namen »Civilian Air Transport« registriert war, hatten als erprobte Söldner vieler Kriege in Asien einen Instinkt für gefährliche Situationen. Man hatte sie mit ihren schnelleren, moderneren B-26-Maschinen für das Ausfliegen eingesetzt. Sie waren überhaupt eine der versteckten Trumpfkarten des französischen Oberkommandos – niemand registrierte sie, und die USA kamen für ihre Kosten auf. Nun, da sie in der gespenstischen Stille zwischen den von Vietminh-Truppen beherrschten Hügeln landeten, verließ sie ihr Instinkt. Sie fühlten sich von überallher beobachtet. Kurzerhand forderten sie bei ihrem Dispatcher in Gia Lam eine Staffel »Hellcat«-Schlachtflugzeuge an, die, sich ablösend, Tiefangriffe gegen die schweigsamen Höhen um Na San flogen. Aber sie erhielten nicht einmal Abwehrfeuer.

      Am Abend des 11. August 1953 stürzte ein Tropengewitter auf Na San nieder. Das Krachen der Splitterbomben ging im Donner des Unwetters unter. Auf der Piste standen noch drei »Dakotas«. Unter ihren Tragflächen drängten sich die letzten Soldaten der Sprengkommandos, die die Unterkünfte, Reste von Munitionslagern und ausrangiertes Material aller Art vermint hatten.

      Die »Dakotas« konnten erst eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit starten, als der sintflutartige Regen endlich nachließ. In sechshundert Meter Höhe zündeten die Sprengleute über Funk die Ladungen, von denen ein großer Teil durch die Nässe inzwischen unbrauchbar geworden war und nicht hochging. Danach gab es den französischen Stützpunkt Na San nicht mehr.

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