Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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gewöhnten Oregon Man die schlimmste Strafe. Täglich führten ihn zwei Wächter in den Hof: für eine ganze Viertelstunde. Anfangs versuchte der magenkranke Sträfling in diesen fünfzehn Minuten die Kraft und Stärke zu schöpfen, die er zur Selbsterhaltung noch benötigte. Aber dazu war die Viertelstunde viel zu kurz.

      Der Gefangene 77 verfiel mehr und mehr.

      Und an ernstliche ärztliche Hilfe dachte niemand.

      War er doch ein Lebenslänglicher. Ob er nun gesund wurde oder nicht – sein Leben war ja ohnehin verwirkt. Da war es doch immer besser, wenn er bald starb.

      Auf diesem Standpunkt stand der Veterinär Guadelmy. Und auch Captain Miller, der Leiter des Straflagers. Und mit ihnen sämtliche Leute vom Wachpersonal.

      Verzehrte er doch nur ein unnötiges Brot, erforderte strengste Bewachung und nicht selten hatten sie ihn aus der Zelle in den Gitterkorridor schleppen müssen, da er zur Zellenreinigung oft einfach unfähig war.

      War es da nicht tatsächlich das beste, wenn er bald starb?

      Yeah, so sah es Ende der Siebziger Jahre in dem berüchtigten Straflager Fort Worth aus.

      Ganz sicher wäre das Dasein des Lebenslänglichen Jack Hardac, des Strafgefangenen mit der Nummer 77, lautlos zu Ende gegangen, wenn nicht Sam Mitchell gewesen wäre, der

      baumlange schwarzhäutige Wachsoldat von Fort Worth, mit dem seine weißhäutigen Kollegen nur die nötigsten Worte wechselten.

      Der schwarze Sam war höchstwahrscheinlich der einzige Mensch, der in dem Straflager so etwas wie ein Herz in seiner Brust hatte. Und obgleich auch der lebenslängliche Hardac ihn zu Zeiten, als er noch gesund und stark war, nicht anders behandelt hatte als die andern, empfand der dunkelhäutige Wächter jetzt Mitleid mit dem hinfälligen Gefangenen.

      Immer, wenn der schwarze Mitchell Dienst hatte, konnte Hardac etwas aufatmen. Vor allem, wenn der Schwarze seinen täglichen Spaziergang einmal allein zu bewachen hatte. Dann zwang er den Gefangenen nicht, wie es die anderen taten, den sinnlosen Rundgang zu machen; im Gegenteil: Hardac konnte sich in den schmalen Winkel unter dem Fenstervorbau lehnen, wo er Schutz vor den sengenden Strahlen der Sonne fand.

      Auch in der Zelle suchte der schwarze Sam dem Gefangenen jede mögliche Erleichterung zu verschaffen. Er kam häufig, um – was nicht gestattet war – das Fenster zu öffnen, brachte zuweilen verstohlen einen Becher mit Milch oder auch ein Stück Brot. Aber all dies war natürlich nur möglich, wenn Mitchell allein Wachdienst hatte. Das kam so gut wie nie vor und daß es doch zuweilen ge-schah, war der Tatsache zuzuschreiben, daß die anderen Wächter sich hin und wieder ein paar bequeme Stunden auf Kosten der Schwarzen machten. Dies sollte sie alle, vor allem aber Sam Mitchel, teuer zu stehen kommen.

      An diesem Tag war es wieder einmal so. Sam Mitchell hatte den Lebenslänglichen allein zu bewachen, da die beiden anderen, Tim Holloway und Jonny Enkers, unten in der Wachstube saßen und pokerten.

      Hardac lehnte in der Gesteinsnische und sog die Luft vorsichtig in seine schmerzenden Lungen. Den Schmerz im Magen spürte er schon gar nicht mehr, weil es ein ständiger Schmerz geworden war, weil er Tag und Nacht bei ihm weilte. Aber wenn er in den Hof geführt wurde und die Luft einatmete, die hier herrschte, schmerzte sein ganzer Brustkasten. Und bald verursachte die von den Steinen zurückprallende Hitze ihm auch einen hämmernden Kopfschmerz.

      Jack Hardac war ein gebrochener Mann. Er wußte das. Und dennoch gab er sich nicht auf. Tag und Nacht während seiner gesamten Haftzeit lag er auf der Lauer, in gesunden und kranken Tagen. Er hatte sie nie aufgegeben.

      Auch jetzt noch nicht, da er doch wie ein Sterbender in der Mauernische lehnte. Hätte Sam ihm nicht in den letzten Wochen öfter einen Becher Milch, eine Sonderbrotration und zuweilen sogar ein Stück Käse gebracht, dann wäre er jetzt sicher nicht mehr auf den Beinen gewesen.

      Das Geschick des Gefangenen, das seit Jahren unverändert hoffnungslos war, sollte sich noch an diesem Tag, in dieser Viertelstunde noch, entschieden ändern.

      Pinky Bludschun war es, der diese Änderung herbeiführte. Bludschun war ein vierkantiger Bursche mit verschlagenem pockennarbigem Gesicht und klobigen Fäusten. Er hatte eine niedrige Stirn und unter dem aufgeworfenen Mund saß ein weit vorspringendes Kinn. Er war dreiunddreißig Jahre alt und seit einiger Zeit Chief Sergeant des Staflagers.

      Es war ein unseliger Zufall, der ihn ausgerechnet an diesem Tag durch den Innenhof des Südcamps führte.

      Hardac hatte seine Schritte gehört. Aber es war zu spät gewesen, sich noch aus der Mauernische zu lösen. Er hoffte inständig, Bludschun möge ihn nicht entdecken.

      Aber da hatte er sich getäuscht. Der Chief Sergeant entdeckte ihn sofort und steuerte mit harten wütenden Schritten auf ihn zu.

      Vier Yards vor ihm blieb er stehen. Bludschun hielt diese Distanz vorsichtshalber immer ein, aus Erfahrung. Er hatte es schon erlebt, daß ihn Männer, die müde, krank und zusammengebrochen wirkten, noch ansprangen, als er auf zwei Yards an sie herangekommen war.

      Aus schmalen, schrägsitzenden Augen musterte der pockennarbige Oberwächter den Sträfling. Plötzlich zuckte seine Rechte zum Gürtel und riß die Bullpeitsche hoch.

      Hart und klatschend traf der erste Hieb den Gefangenen auf den Schädel. Der zweite riß eine blutige Furche in sein Gesicht, und der dritte betäubte ihn fast.

      Da stand wie aus dem Boden gewachsen der schwarze Sam vor dem Sergeanten.

      »Was soll das?« kam es heiser über seine wulstigen Lippen.

      Bludschun warf den Kopf herum und starrte den Neger an.

      »Ach, du dreckiger Halunke hast hier die Wache? All right! Nimm das als Anzahlung!«

      Er riß dem Schwarzen die Peitsche durchs Gesicht. Und als er zum zweiten Schlag ausholen wollte, wurde sein Arm in der Luft aufgehalten.

      Sam Mitchell hatte das Ende des fingerdicken Lederriemens erwischt und hielt es fest.

      Da stieß Bludschun die Linke zum Coltknauf.

      Er hatte die Waffe schon fast aus dem Halfter, als ihn die schwere Faust des Negers traf und von den Beinen riß.

      Entgeistert über sein eigenes Vorgehen, starrte der Schwarze auf den Wächter-Boß nieder.

      Die Bullpeitsche lag am Boden.

      Und der Colt…?

      Die Waffe war bis auf sieben Inches vor den rechten Fuß des immer noch halb betäubt in der Mauernische lehnenden Sträflings gerutscht.

      Nur drei Sekunden waren seit dem Niederschlag Bludschuns vergangen.

      Da handelte Jack Hardac.

      Er ließ sich nach vorn fallen, riß die Waffe an sich, schnellte unter Aufbietung aller Leibeskräfte hoch und hieb dem Neger, der ihn beschützt hatte, den schweren Revolverkolben mehrmals über den Kopf. Er schlug auch noch zu, als der schwarze Mann längst still am Boden neben dem weißen Wächter lag.

      Jack Hardac riß ihm das Bowiemesser aus dem Gurt und warf sich damit auf den von ihm tödlich gehaßten Sergeanten.

      Pinky Bludschun war noch nicht aus der Besinnungslosigkeit erwacht, in die ihn der Uppercut des Negers geschickt hatte, als ihn der Tod ereilte.

      Der Gefangene sah sich um.

      Schweratmend stand er zwischen den beiden Körpern. Dann schnellte er vorwärts auf das Tor zu, das ins Vordergebäude des Südcamps führte.

      Halt! Er hielt mitten im Lauf inne.

      »Die Schlüssel!« keuchte er tonlos, wandte sich um und lief zurück.

      An dem Gurt des toten Sergeanten fand der Mörder ein großes Schlüsselbund, den er hastig an sich riß.

      Er kannte die Schlüssel genau. Jahrelang hatte er beobachtet, wer zu welcher Tür und zu welchem Schloß gehörte. Hastig riß er einen großen Schlüssel hoch, stieß ihn ins Schloß und mußte sich dann sehr beherrschen, ruhig umzudrehen.


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