Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher
daß ich keine der Frauen, mit denen ich zusammen war, wirklich geliebt hab’. Es mag brutal klingen und verwerflich, aber es ist so.«
»Hat sie’s also geschafft!« rief sie wütend und verletzt.
Verblüfft sah er sie an.
»Ja, schau’ net so«, sagte sie. »Ich weiß alles über dich und diese and’re Frau. Hast’ wirklich geglaubt, ich wäre so dumm, net zu merken, daß da was zwischen euch war? Schon im Löwen, als sie am Tisch stand, hab’ ich’s gewußt.«
Sie rüttelte an seiner Schulter.
»Mensch, Tobias, vergiß sie! Sie hat dich verlassen und all die Jahre net einmal an dich gedacht. Und sie wird wieder gehen, wenn sie hier mit ihrer Arbeit fertig ist. Glaubst’ etwa, daß so eine hierbleibt und Bäuerin wird?«
Der Bauer schaute sie irritiert an. Ja, das hatte er tatsächlich geglaubt. Für ihn kam eine andere Überlegung gar nicht in Frage.
»Wach’ auf«, fuhr Franziska fort. »Die führt doch ein ganz and’res Leben, als wir hier. Wahrscheinlich macht sie sich lustig über dich und lacht sich tot, weil du ihr wie ein Hündchen hinterherläufst.«
»Schweig!« brüllte er sie an. »Was weißt du denn? Brigitte und ich, wir haben uns ausgesprochen. Wir lieben uns immer noch und werden zusammenbleiben.«
Er stand mit einem Ruck auf.
»Es tut mir leid, wenn du dir falsche Hoffnungen gemacht hast«, fuhr er in gemäßigtem Tonfall fort. »Aber ich hab’ nie zu dir gesagt, daß es zwischen uns mehr geben würde. Schon gar net hab’ ich daran gedacht, dich zu heiraten.«
Franziska kämpfte mit Tränen. Schluchzend stand sie auf und wandte sich zur Tür.
»Das wirst du noch bereuen«, drohte sie. »So laß ich mich von dir net behandeln!«
»Franziska, wart’«, rief er.
Ihm war klar, daß er es ihr anders hätte sagen müssen. Aber so richtig einfühlsam hatte er noch nie sein können, das hatte erst wieder das Gespräch gezeigt, das er am Samstag mit Brigitte geführt hatte.
Besser gesagt, seine Lawine von Vorwürfen.
»Bleib’, ich wollt’ dich net so verletzen«, rief er noch einmal.
Aber da war sie schon zur Tür hinaus.
Als er sich umdrehte, stand Resl hinter ihm. Sie blickte kleinlaut an.
»Ich fürcht’…, ich hab’ da eine Dummheit gemacht«, sagte sie leise.
»Wieso?« Er sah sie irritiert an. Was meinte sie nur?
»Na ja, die Franzi hat gesagt, daß sie hergekommen ist, um sich mit dir auszusöhnen. Und als sie dann von euren angeblichen Heiratsplänen gesprochen hat…, da hab’ ich ihr von der Brigitte erzählt…«
Schuldbewußt senkte sie den Kopf.
»Bist’ mir jetzt bös’?«
Tobias hatte sich schon gefragt, woher Franziska so genau über Brigitte Bescheid wußte. Jetzt war es ihm klar.
»Ach was«, meinte er und nahm die Magd in den Arm. »Vielleicht war’s sogar ganz gut, daß du’s ihr gesagt hast.«
*
»Kommst du nachher auch mit?« fragte Tommy beim Abendessen. »Wir wollen uns alle treffen und ein bißchen feiern.«
Brigitte schüttelte den Kopf.
»Keine Zeit«, antwortete sie und nahm sich noch mal von der Suppe, die Rosel gekocht hatte.
»Wieso?« fragte ihr Kollege irritiert. »Es ist doch soweit alles in Ordnung. Die Vorbereitungen laufen prima, und auf Hubertusbrunn sind die Jungs fast schon fertig.«
»Was ich vorhab’, hat auch nix mit der Arbeit zu tun«, sagte Brigitte und lächelte geheimnisvoll.
Ihre Schwester sah sie prüfend an.
»Sag’ mal, was ist los mit dir?« fragte sie. »Du kommst mir irgendwie verändert vor.«
»Vermutlich hat ihr der Ausflug auf die Alm gutgetan«, witzelte Tommy. »Also, heraus mit der Sprache! Der Senner ist ein fescher Bursche, nicht wahr?«
»Wirklich lecker die Suppe«, meinte Brigitte, ohne auf seine Worte einzugehen.
»Jetzt spann uns net auf die Folter«, verlangte Rosel. »Irgendwas ist doch geschehen. Du hast dich zwar sieben Jahre lang net blicken lassen, aber ich kenn’ dich immer noch gut genug. Diesen Gesichtsausdruck hattest’ als Kind schon, wenn du was für dich behalten wolltest.«
»Also gut«, gab Brigitte sich geschlagen. »Ich fahr’ gleich nach dem Abendessen zum Rauchingerhof.«
Rosel sah sie verblüfft an, und Tommy hätte sich beinahe an der Suppe verschluckt, die er gerade löffelte.
»Zu Tobias?« fragte ihre Schwester.
Sie nickte.
»Wir haben uns heut’ zufällig getroffen« erzählte sie. »Obwohl ich net weiß, ob es wirklich ein Zufall war, oder Schicksal. Jedenfalls war er ganz anders, als am Samstag. Wir haben uns unterhalten, und das wollen wir heut’ abend fortsetzen.«
Sie sah die beiden glücklich an.
»Wir haben dir auch was zu sagen«, meinte Tommy und nahm die Hand ihrer Schwester. »Wir werden heiraten. Rosel kommt mit nach München, wenn wir hier fertig sind.«
Brigitte riß erstaunt die Augen auf.
»Was? Donnerwetter, überstürzt ihr da nix?«
»Nein!« sagte er bestimmt und schüttelte den Kopf. »Wir beide sind viel zu lange allein gewesen. Rosel hatte nur dieses Haus hier, und ich meine Arbeit im Kopf. Wir haben viel versäumt, und das muß alles nachgeholt werden.«
Viel versäumt, dachte sie, das haben Tobias und ich auch. Sieben lange Jahre.
Brigitte stand auf und umarmte ihre Schwester.
»Dann wünsch’ ich euch von Herzen Glück«, sagte sie gerührt und küßte Rosel auf die Wange.
Sie gab Tommy ebenfalls einen Kuß.
»Willkommen in der Familie, Schwager«, lachte sie. »Ich bin sicher, daß Rosel bei dir in guten Händen ist.«
Als sie später zum Rauchingerhof fuhr, konnte sie es noch immer nicht glauben. Die beiden meinten es wirklich ernst.
Und sie? Würde sie nach Abschluß der Dreharbeiten ebenfalls nach München zurückgehen?
So sehr sie sich auch freute, daß zwischen Tobias und ihr wieder alles in Ordnung schien, so sehr brannte ihr aber auch eine Frage auf der Zunge, von deren Beantwortung alles abhing. Brigitte hatte weder Pfarrer Trenkers Worte vergessen, noch die Frau, mit der Tobias am Tisch gesessen hatte. Auch wenn er nachher behauptete, sie sei nicht seine Freundin, so wollte sie doch ganz genau wissen, in was für einem Verhältnis er zu ihr stand.
Diese Franzi hatte ihr durch Worte und Gesten jedenfalls deutlich zu verstehen gegeben, daß Tobias für sie mehr war, als nur ein guter Bekannter…
Der Bauer stand mit seinem Knecht zusammen, als Brigitte auf den Hof fuhr. Resl saß auf der Bank, vor dem Haus. Tobias kam auf sie zugelaufen, als sie ausstieg. Er schloß sie in die Arme und gab ihr einen Begrüßungskuß. Dann stellte er sie seinen Leuten vor. Der Knecht reichte ihr die Hand und grinste freundlich. Die Magd hingegen wirkte verlegen.
»Komm, ich zeig’ dir alles«, sagte Tobias und nahm ihre Hand.
»Schön hast du’s hier«, meinte sie nach einem ausgiebigen Rundgang.
»Na ja, der Urgroßvater hat den Grundstein gelegt«, zuckte er die Schultern. »Und ich bemüh’ mich halt, es zu bewahren.«
»Mit Erfolg«, betonte sie.
Die Sonne war