Wyatt Earp Staffel 9 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 9 – Western - William Mark D.


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      Im Türschlitz sah er die Gestalt eines Mannes im grauen Frühdämmer.

      Zu Schreck erstarrt saß der Pferdejunge da.

      Der Fremde öffnete die Tür noch einen Spalt weiter.

      Ein Bandit! Ein Pferdedieb! hämmerte es im Schädel des Negerjungen.

      Ich muß schreien! Um Hilfe rufen!

      Aber seine Kehle war wie abgeschnürt. Nicht den mindesten Laut brachte er heraus.

      Da war der Fremde im Stallgang und zog die Tür wieder etwas zu.

      Die Pferde waren jetzt ganz still vor Angst.

      Und der kleine krausköpfige Bursche hörte sein eigenes Herz bis hinauf in die Schläfen hämmern. Er befürchtete, daß der Mann dort dieses Hämmern hören mußte.

      Der aber wartete einen Augenblick, lauschte dann in den Hof hinaus, um gleich darauf in die erste Box zu treten.

      Er tastete die Tiere ab! Ein Pferdedieb!

      Harry wußte, daß es Pferdekenner waren, die vom Abtasten feststellen konnten, wie gut oder schlecht ein Tier war.

      Ein Pferdedieb, der in dieser Finsternis, die jetzt noch im Stall herrschte, ein Pferd stehlen wollte, mußte ein solcher Kenner sein.

      Lieber Gott, wenn er nur nicht den Grauen nimmt!

      Vielleicht wollte er nicht nur eines der Tiere nehmen, sondern gleich alle!

      Harry hielt den Atem an, als er eine Kette klirren hörte.

      Und dann schnaubte eines der Tiere.

      Der Graue!

      Er nahm den Grauen mit!

      Das Tier schnaubte stärker.

      »Come on, Blacky«, sagte der Mann mit dunkler Stimme.

      Der Krauskopf auf der Holzkiste saß immer noch wie erstarrt da.

      Nicht ganz eine Minute war seit dem Eintritt des Fremden in den Stall vergangen.

      Da geschah es.

      Einer der aufgerissenen Schuhe des Jungen, die oben auf der Kiste gelegen hatten und die er mit etwas Stroh als Kopfunterlage benutzte, fiel herunter.

      Der Mann, der die Tür eben etwas aufgestoßen hatte, wirbelte herum.

      »Nein!« entfuhr es dunkel und heiser der Knabenkehle.

      Dann brüllte ihn der Schuß schon an.

      Die Kugel stieß ihn zurück und warf ihn gegen die Bretterwand.

      Der unglückliche kleine Harry Norton war sofort tot.

      Und der Mann, der ihn getötet hatte, stand wie versteinert da.

      Dann kam er heran und tastete mit dem Colt nach dem Gegner.

      Er griff mit der Linken nach vorn – und hatte eine Kinderhand gepackt.

      Entsetzt ließ er sie los.

      Dann stürzte er davon, packte das Pferd, riß einen der Sättel vom Holzarm und warf ihn dem Tier über. Er zerrte nur den einen der Gurte fest, trieb das Tier in den Hof, hieb dem Grauen die Sporen in die Weichen und sprengte davon.

      Drüben im Haus hatte man den dumpfen Knall des Schusses gehört.

      Der alte Justin stand fluchend auf und trat ans Fenster.

      Dann wurde drüben die Stalltür aufgestoßen, deren Angelächzen er kannte.

      Hufschlag klang auf.

      Ein Reiter sprengte quer über den Hof und verschwand drüben auf der Straße, die zur Stadt hinunterführte.

      Alain Justin stieß einen Fluch aus. »Martine! Martine!«

      Die Frau erwachte aus bleiernem Schlaf. »Ja…?« stammelte sie schlaftrunken.

      »Ein Pferdedieb. Er hat den Grauen gestohlen!«

      »Den Grauen? Wie willst du das wissen, es ist doch noch fast dunkel.«

      »Es war der Graue! Ich sage es dir! Ich kenne den Schritt! Steh auf! Mein Gewehr! Schnell – wo sind meine Stiefel? Heiliger Gott, den Grauen hat er gestohlen! Ein Pferdedieb! Ein richtiger Pferdedieb! Dreizehn Jahre hausen wir nun in diesem verfluchten Land, haben Dürrezeiten und Hungersnöte, Brände und was weiß ich glücklich überstanden! Niemals hat sich einer der Strolche hierher auf unsere armselige Farm gewagt – und jetzt kommt da so ein Schweinehund daher und stiehlt den Grauen!«

      Das alles stieß er abgehackt und atemlos hervor, während er unter dem Bett nach seinen Stiefeln fischte.

      Keuchend hatte sich die Frau erhoben.

      »Harry! Was ist mit ihm? Weshalb meldet er sich nicht, der Junge? Er schläft noch im Stall!« stieß sie plötzlich hervor, wie festgewachsen neben dem Bett stehenbleibend.

      Wie von der Feder geschnellt, sprang der Farmer hoch und stürmte ans Fenster, riß es auf und brüllte mit sich überschlagender Stimme:

      »Harry! Harry! Verdammter Kerl! Fauler Strick! Schwarzer Halunke! Harry! Wo steckst du! Vorwärts! Komm raus! Komm in den Hof. Ich drehe dir das Genick um, wenn du nicht sofort…«

      Er brach jäh ab.

      Plötzlich fiel ihm der dumpfe Knall des Schusses ein, der ihn geweckt hatte.

      »Was hast du?« fragte die Frau von der Bettkante her, an die sie sich noch immer lehnte.

      Aber der Mann blieb am offenen Fenster stehen und starrte auf die Stalltür.

      »Harry«, kam es dann rauh und fast tonlos über seine Lippen. »Harry, was ist mit dir? Junge…«

      Er wandte sich um und rannte los. Ohne Stiefel, ohne Jacke, im Nachthemd stürzte der dreiundsechzig-jährige Mann die Treppe hinunter, riß die Hoftür auf und rannte über den eisigen feuchten Boden auf den Stall zu.

      »Harry!« Er blieb an der Stalltür stehen. »Harry! Boy! Sag etwas…«

      Dann tastete er sich durch den Gang.

      Die Pferde rechts und links von der leeren Box schnaubten wild, wieherten auf und zerrten an ihren Halfterketten.

      Der Farmer hatte das Ende des Stallganges erreicht, tastete nach der Futterkiste…

      Und zuckte tödlich erschrocken zurück.

      Auch er hatte die Kinderhand berührt, die noch vor wenigen Minuten der Mörder angefaßt hatte.

      Der Farmer wich noch einen Schritt zurück und wandte sich dann um.

      Wie von Furien gehetzt, jagte er davon, in den Hof hinaus, hinüber zum Haus.

      Im dunklen Flur kam ihm die Frau schon entgegen.

      Am ganzen Leibe zitternd blieb der Farmer vor ihr stehen.

      »Der Junge…!« keuchte er nach Atem ringend.

      »Was ist mit ihm?« stammelte die Frau ahnungslos.

      »Tot! Er ist tot! Ich muß sofort in die Stadt, zum Marshal…«

      Eine Viertelstunde später preschte der Rancher auf dem Braunen in die Frontstreet hinunter.

      In seinen Armen hielt er den toten Negerjungen.

      Die Stadt schlief noch. Die Bürger brauchten nicht so früh aufzustehen wie die Leute auf den Ranches und Farmen.

      Schon von weitem sah Justin den flackernden Lichtschein des Windlichtes, das der Marshal nachts ständig vor seinem Office brennen ließ, um dem, der Hilfe brauchte, auch in der dunkelsten Nacht den Weg zum Office zu erleichtern.

      Als er vor dem Eckhaus Front-street-Bridgestreet sein Pferd zügelte, wurde oben schon die Tür geöffnet.

      Justin erkannte sofort die hochgewachsene Gestalt des Mannes, der da stand.

      Er


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