Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Lebens stand.

      »Ich glaube nicht, dass Sie etwas geändert hätten«, sagte Julia nun. »Er hätte sie sterben sehen und wäre wohl eines Tages allein hinausgefahren, um nicht mehr wiederzukommen. Für Dodo wäre dann alles noch schlimmer gewesen.«

      »Aber sie hätte gewusst, dass ihre Mutter nicht zurückkommt, wie sie auch weiß, dass Wilm Brodersen nie mehr zurückkommen wird.«

      »Sie sollten sich keine Vorwürfe machen. Alles im Leben hat seine Bestimmung. Wir wollen Einfluss darauf nehmen und können es nicht. Ich wollte heute gar nicht das Haus verlassen. Ich wollte arbeiten. Es ist wohl manchmal ein schicksalhafter Zwang, dass ein Mensch zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein muss.«

      »Damit sind die Probleme nicht gelöst«, sagte Harald. »Ich kann nur hoffen, dass sie sich in Sophienlust lösen.«

      »Vielleicht ist das möglich«, erklärte Julia nach längerem Schweigen.

      Ihre Blicke tauchten wieder ineinander, und plötzlich geriet sie in Verwirrung.

      »Sie sollten jetzt schlafen, Dr. Gottschalk«, stieß sie hervor.

      Er erhob sich mechanisch. Eine tiefe Resignation überfiel ihn. Es war ihm, als wolle sie bewusst eine Mauer aufrichten, die sie nun wieder trennte, nachdem sie sich doch schon so nahe gewesen waren.

      Er folgte ihr die Treppe hinauf. Leichtfüßig erklomm sie die Stufen, aber seine Füße waren bleischwer. Sie reichte ihm die Hand, als sie die Tür geöffnet und das Licht angeknipst hatte. Er spürte, wie diese Hand bebte, als er sie ergriff, und mehr noch verspürte er den Wunsch, nicht diese Hand zu küssen, sondern Julias Mund, der rätselhaft lächelte.

      Völlig benommen lehnte er sekundenlang an der Wand, nachdem sich die Tür zwischen ihnen geschlossen hatte, und er wusste nicht, dass sie draußen auch Halt suchte, weil alles vor ihren Augen verschwamm.

      *

      Dodo war erwacht, als ihre Hand unbewusst Hannibals Kopf berührte. Er betrachtete dies wohl als eine Aufforderung, sich bemerkbar zu machen und begann ihr nacktes Ärmchen zu lecken.

      Dodo setzte sich im Bett auf. »Wo ist Muttichen, Hannibal? Wir haben sie doch gesehen. Wir haben das nicht nur geträumt«, sagte sie.

      Sie glitt vom Bett auf den Boden. Ihre nackten Füße versanken in dem weichen Fell, von dem Hannibal sich erhoben hatte.

      »Bring mich zu ihr, Hannibal«, sagte Dodo. »Bring mich zu Muttichen.«

      Hannibal bewegte sich zögernd zur Tür, so, als wäre er sich nicht schlüssig, auch diesmal ihrem Befehl zu gehorchen, wie er es sonst tat.

      Dodo drückte leise die Klinke hernieder. Der Gang war dämmrig. Das fahle Morgenlicht kroch durch ein schmales Fenster, aber Dodo konnte sich in dem fremden Haus nicht zurechtfinden.

      Sie nahm Hannibal am Halsband. »Such, Hannibal, such Mutti«, sagte sie.

      Stufe für Stufe ging sie vorsichtig die Treppe hinunter. So vorsichtig, wie Hannibal auch. Und dann stand in einer Tür, wie aus dem Boden gewachsen, eine Gestalt in hellem, langem Morgenmantel.

      Dodo hob den Kopf und verspürte einen stechenden Schmerz hinter der Stirn.

      *

      »Du hast wohl Hunger, Dodo?«, fragte Julia.

      »Eigentlich schon. Haben wir dich aufgeweckt?«

      Julia wollte es nicht zugeben, weil sie fühlte, dass es Dodo betrüben würde.

      »Ich stehe immer früh auf«, erwiderte sie ausweichend.

      »Ich auch«, sagte Dodo. »Ganz früh. Ich bin mit Hannibal dann immer zum Meer gegangen.«

      »Aber du mochtest doch das Meer gar nicht so sehr«, sagte Julia.

      »Ich habe doch immer gewartet, dass du wiederkommst«, flüsterte Dodo. »Wo ist hier das Meer, Muttichen?«

      »Hier gibt es kein Meer, Dodo.«

      Dodos Gesichtsausdruck veränderte sich. »Ich will jetzt auch gar nicht wissen, wie du hierhergekommen bist«, erklärte sie. »Und wir brauchen auch nicht von früher zu reden, wenn du dich doch nicht erinnern kannst. Ich bin froh, dass Hinnerk recht behalten hat, und ich dich wieder habe.«

      Niemand wird es ihr ausreden können, dachte Julia. Aber wie soll es nun weitergehen? Sie dachte an Harald, und ihr Blut begann schneller zu pulsieren. Aber sie wollte diesen Gedanken, vor dem sie erschrak, nicht zu Ende denken.

      »Wie lange hast du Hannibal?«, fragte sie.

      »Schon lange. Ich weiß es nicht mehr genau. Onkel Harald wird es wissen.«

      »Hast du Onkel Harald gern?«

      Dodo schien sich über diese Frage zu wundern. »Freilich habe ich ihn lieb«, sagte sie.

      »Wolltest du nicht bei ihm bleiben?«

      Dodo rührte in ihrem Kakao und schleckte dann den Löffel ab. »Wenn du gekommen wärest?«, meinte sie unbestimmt. »Aber wir können ja Tante Isi besuchen und dann wieder zusammen heimfahren.«

      »Nein, Dodo, das geht nicht«, sagte Julia rasch.

      Dodos Stirn kräuselte sich wie immer, wenn sie angestrengt nachdachte. »Du möchtest überhaupt nicht mehr am Wasser wohnen?«, fragte sie beklommen.

      Darauf konnte Julia endlich einhaken. »Nein, das möchte ich nie mehr«, erwiderte sie. »Und außerdem muss ich arbeiten.«

      »Warum?«

      »Weil ich Geld verdienen muss, mein Kleines.«

      Dodo nickte tiefsinnig. »Weil wir keinen Vati mehr haben«, sagte sie ernsthaft. Doch darüber schien sie keine weiteren Worte mehr verlieren zu wollen. Sie sprach von allem Möglichen, aber nicht mehr vom Meer, vom Großvater und dem früheren Leben. Die Zeit verging so rasch, dass Julia unruhig wurde, und schmerzhaft deutlich wurde ihr bewusst, dass jede Minute, die verrann, sie dem Abschied näherbrachte. Sie wollte diesen Abschied nicht mehr. Sie wünschte sich, dass Dodo immer bei ihr bleiben möge.

      *

      Es war acht Uhr vorbei, als Harald sich bemerkbar machte. Julia vernahm seine Schritte und ging schnell hinaus. Dodo machte gar keinen Versuch, ihr zu folgen.

      Julias Gesicht war blass wie Elfenbein, als sie vor Harald stehenblieb. Sie sah ihn flehend an.

      »Sagen Sie bitte nichts. Ich bringe es nicht fertig. Nein, ich kann es ihr nicht ausreden.«

      »Aber was soll ich tun? Sie kann doch nicht hierbleiben.«

      »Sie werden mit ihr nach Sophienlust fahren, und ich werde meine Angelegenheiten regeln. Ich habe ihr gesagt, dass ich arbeiten muss, und daran können wir anknüpfen. Das Kind ist unwahrscheinlich vernünftig. Ich muss nur alles überdenken, damit ich nichts falsch mache. Wir werden alles besprechen, wenn Sie zurückkommen.«

      »Soll ich denn noch einmal kommen?«, fragte er heiser.

      »O ja!« Es klang fast wie ein Aufschrei. Ihre Blicke tauchten ineinander und hielten sich fest.

      »Julia«, sagte er leise, und in seiner Stimme schwang eine tiefe Zärtlichkeit.

      Seine Hände hoben sich, und es sah aus, als wolle er sie in die Arme nehmen, aber er traute sich nicht.

      Dodo war eine Weile recht schweigsam gewesen. Ihre Augen wanderten zwischen Julia und Harald unentwegt hin und her.

      »Mutti muss arbeiten, Onkel Harald«, sagte sie plötzlich. »Hätte Großväterchen das erlaubt?«

      »Ich denke schon. Es ist manchmal nötig, dass man arbeitet.«

      »Um Geld zu verdienen.«

      »Deswegen ist es auch besser, wenn Onkel Harald dich nach Sophienlust bringt«, warf Julia ein. »Für einige Zeit.«

      »Für wie lange?«, fragte Dodo.

      »Bis


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