SHEPHERD ONE (Die Ritter des Vatikan 2). Rick Jones

SHEPHERD ONE (Die Ritter des Vatikan 2) - Rick Jones


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in seiner Jacke nahm Pertschenko eine Digitalfernbedienung, das Beste vom Besten und brandneu. Er hielt sie für seinen Geschäftspartner hoch. »Die Kisten sind jeweils mit einem Navigationsempfänger ausgestattet, der sich hiermit einschalten lässt.« Er schüttelte das Gerät wie eine Schneekugel. »Sobald Sie Ihren Code eingeben und auf ›Enter‹ drücken, funktionieren alle drei wie eine geschlossene Einheit. Wird eine gezündet, explodieren auch die anderen beiden. Sie sind vollständig miteinander synchronisiert. Damit dies richtig funktioniert, dürfen die Kisten nicht weiter als fünfhundert Meter voneinander entfernt stehen. Über diesen Abstand hinaus lassen sie sich nur gesondert sprengen.«

      Damit legte er die Fernbedienung auf den Tisch und schob sie zwischen den Bomben hinüber. Sie blieb wenige Zentimeter vor der Kante gegenüber liegen. »Außerdem habe ich die von Ihnen gewünschten Anpassungen vorgenommen«, fügte er hinzu.

      Der Araber warf einen Blick auf die Bedienung, ließ sie aber liegen.

      »Zudem enthalten die Kisten Höhenmesser zur Bestimmung des Luftdrucks. Sobald sie eine Höhe von fünfundzwanzigtausend Fuß erreichen, werden alle drei aktiviert, sodass sie auf einer gemeinsamen Frequenz als einzelne Bombe gezündet werden können. Wenn sie allerdings auf zehntausend Fuß sinken, nehmen die Messgeräte die Druckveränderung zur Kenntnis … und sie explodieren gemeinsam mit einem Wert von neun Kilotonnen. Getrennt voneinander, falls Sie sie transportieren, um sie an unterschiedlichen Orten einzusetzen, bleibt es bei je drei Kilotonnen. Sie können die Bomben in Kombination für einen einzigen groß angelegten Schlag oder beliebig eine, zwei oder alle verwenden, um Ihre Ziele voranzutreiben.«

      Daraufhin griff der Araber zur Fernbedienung und steckte sie in eine Innentasche seiner Jacke. Dann fragte er in makellosem Russisch: »Wie sorge ich dafür, dass die Bomben an der Position bleiben, die ich für sie vorgesehen habe?«

      »Nachdem Sie sie an den Orten platziert haben, wo Sie sie brauchen, schalten sie das Empfängersignal ein, mit dem die Bomben untereinander kommunizieren können. Sollte eine bewegt werden, ohne dass der richtige Code per Fernbedienung eingegeben wird, oder von jemandem, der generell nicht befugt ist, sie wegzunehmen, werden sie explodieren. Wie ich schon sagte, Sie können sie im Abstand von jeweils bis zu fünfhundert Metern voneinander aufstellen, aber auch nur einen Meter weit auseinander, ohne die Frequenzkopplung zu unterbrechen. Dies hält jeden Unberechtigten davon ab, eine Bombe von ihrem ausgewiesenen Standort zu verrücken.«

      Da nickte der Terrorist wohlwollend.

      »Darf ich Ihnen auch eine Frage stellen?«, fuhr Pertschenko fort.

      Sein Gegenüber verzog keinen Gesichtsmuskel.

      »Was haben Sie damit vor?«

      Er fragte im Gegenzug: »Wurden die Vorrichtungen eingebaut, die jegliches Entschärfen verhindern?«

      »Die neusten, die es auf dem Markt gibt«, beteuerte Pertschenko mit dezent prahlerischem Ton.

      »Dann haben Sie alles getan, worum ich Sie bat.« Der Araber trat vom Tisch und aus dem einfallenden Licht zurück. »Wären Sie nun so freundlich, diese Bomben von Ihren Männern in den Kofferraum meines Wagens legen zu lassen?«

      Der Russe nickte, wodurch sich seine Gehilfen aufgefordert sahen, der Bitte des Ausländers nachzukommen.

      »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet«, erinnerte Pertschenko. »Was haben Sie damit vor?«

      Der Araber trat zur Seite, während die Bewaffneten die Kisten vom Tisch hoben, und machte sich auf den Weg zu seinem SUV, der vor der Hütte parkte. Die Heckklappe war bereits offen.

      »Ich finde, bei einem Preis von dreißig Million Dollar steht mir das Recht zu, dergleichen für mich zu behalten.«

      Pertschenko hielt seine Hände hoch, wie um sich zu ergeben. »Ich wollte Ihnen mit der Frage nicht zu nahe treten, mein Freund, keineswegs.«

      Der Mann verließ das Gebäude ohne weitere Bemerkung.

      »Nur damit Sie es wissen«, rief ihm der Russe hinterher. »Geschäfte mache ich weder zweimal am selben Ort noch mit denselben Personen. Meines Erachtens ist das wesentlich sicherer.«

      Der Araber drehte sich nicht um, sondern hob nur eine Hand, um zu zeigen, dass er es gehört hatte, und ging weiter. »Ich habe keinen Bedarf an weiteren Dienstleistungen. Das ist alles, was ich brauche.« Schließlich trat er hinaus.

      Wenige Augenblicke später heulte der Motor der Geländelimousine auf, und gleich darauf entfernte sie sich die kurvige Auffahrt hinunter.

      Pertschenko blieb im Lichtkegel stehen. Sein Gesicht war mit fest geschlossenem Mund verzogen, während er hinterfragte, ob er mit klug entschieden hatte. Der Missbrauch bestimmter Waffen mochte erhebliche Konsequenzen auf der ganzen Welt nach sich ziehen, sodass hinterher nichts als Schutt und Asche zurückblieb.

      Er war allerdings bereit, dies in Kauf zu nehmen – auch noch mit vierundsiebzig.

      Andererseits wusste er insgeheim, dass er seinen gesunden Menschenverstand der Habsucht wegen hintangestellt hatte. Schlimmer noch – ihm wurde klar, er hatte einem Kind eine geladene Pistole gegeben, das nichts von den möglichen Folgen ihrer Verwendung verstand.

      Pertschenko schloss die Augen und dachte darüber nach, was er wohl in Bewegung gesetzt haben mochte.

      Kapitel 2

      Wohngebiet Cipro, Rom, Italien | Sechs Monate später

      Es hörte sich an wie ein Kind, dessen Geschrei man vage nebenbei mitbekam – jene Art von Geräusch, die fern und dumpf klingt, wie ein Schrei vom anderen Ende eines langen Tunnels oder auch irgendetwas aus einem schwammigen Traum. So oder so, Vittoria Pastore fiel es auf.

      Die Mutter von drei Kindern hob ihren Kopf ein klein wenig vom Kissen und horchte.

      Im Zimmer war es dunkel. Die Schatten bewegten sich nicht. Draußen wehte leichter Wind durch die Äste der Bäume vorm Schlafzimmerfenster.

      Aber kein Ton mehr.

      Nachdem sie den Kopf wieder gesenkt hatte, brummelten abermals leise Stimmen vor der Tür.

      Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte 3:32 Uhr an.

      Vittoria stützte sich auf einen Ellbogen und lauschte erneut, während sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Zu ihrer Linken neben dem Fenster stand ein Kleiderschrank, ein edles antikes Stück mit üppigen Verzierungen – handgeschnitzten Putten über den Türen –, und direkt vor ihr die zugehörige Kommode mit einem Spiegel, in dem sie sich gerade sah. Wie zur Bestätigung ihrer Ungewissheit in diesem Moment rutschte ihr eine Haarsträhne in die Stirn, gelockt wie mehrere Fragezeichen untereinander, was ihren zutiefst argwöhnischen Blick noch intensiver wirken ließ. Ist da draußen jemand?

      Die Antwort erhielt sie prompt: Es klang abermals wie ein ferner Schrei, nahezu unhörbar. Sie fuhr erschrocken hoch und drückte sich die Fäuste gegen die Brust. »Chi c'è?« Wer ist da?

      Die Frage war kaum lauter als geflüstert.

      Stille.

      Sie wiederholte sie, diesmal lauter: »Chi c'è?«

      »Mama? Mama, vieni qui.« Mama. Mama, komm her.

      Obwohl der Rufer weit entfernt zu sein schien, gab es für sie kein Vertun: Es handelte sich um ihren fünfzehnjährigen Sohn, es war die Stimme eines Knaben, der zu einem erwachsenen Mann heranreifte. »Basilio, sono le tre e trenta del mattino. Che c'è?« Basilio, es ist halb vier in der Früh. Was ist los?

      Basilios nächster Ruf klang dringlicher, als jammere er vor Entsetzen. »Per favore, mama. Per favore!« Bitte, Mama. Bitte!

      Plötzlich knallte die Tür am anderen Ende des Flurs zu, dass das ganze Haus vibrierte.

      »Basilio?«

      Nichts.

      »Basilio?«

      Vittoria warf die Decken beiseite und stand nach kaum sechs


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