Bettina Fahrenbach Staffel 3 – Liebesroman. Michaela Dornberg

Bettina Fahrenbach Staffel 3 – Liebesroman - Michaela Dornberg


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sprach ein kurzes Gebet, blieb noch eine Weile mit geschlossenen Augen sitzen, ehe sie die kleine Kapelle wieder verließ.

      Sie liebte diesen Platz und war jedes Mal gestärkt und frohen Mutes, wenn sie wieder hinausging.

      Langsam ging sie den Weg zurück zu ihrem Auto und fuhr nach Hause auf ihren Hof, den sie über alles liebte und den sie niemals mehr, solange sie lebte, verlassen wollte.

      Es gab nichts Schöneres auf der Welt als dieses Paradies, das sie so gern mit Thomas geteilt hätte.

      Nein!

      Nicht schon wieder Thomas. Sie wollte an ihn nicht mehr denken und gab Gas. Gegen ihre sonstige Gewohnheit und mit ziemlichem Tempo bretterte sie den Hügel hinauf.

      *

      Als sie auf dem Parkplatz ankam, entdeckte sie sofort das fremde Auto.

      Das war merkwürdig, denn Fremde kamen niemals hier herauf, weil nur eine Privatstraße zum Anwesen führte, und Gäste waren nicht angesagt.

      Das Auto der Dunkels war nicht da, aber Leni und Arno waren irgendwo zu einer Geburtstagsfeier.

      Von Toni wußte sie, daß er neues Computerpapier kaufen wollte.

      Vielleicht schenkte sie deswegen diesem Auto so viel Beachtung, weil es so allein auf dem Parkplatz stand.

      Bettina ging auf den Hof und entdeckte den Mann sofort, der auf und ab ging, die Arme ineinander verschränkt, vermutlich wartete er schon länger und ihm war kalt.

      Als er Bettina entdeckt hatte, kam er sofort auf sie zugelaufen.

      Er hatte dunkelbraune Haare, war groß und schlank und gut gekleidet.

      »Frau Fahrenbach?« erkundigte er sich. »Bettina Fahrenbach?«

      »Ja, die bin ich«, bestätigte Bettina und schaute ihn verwundert an. Warum war er so aufgeregt?

      Er holte tief Luft, ehe er sagte: »Ich bin Christian, Ihr Bruder.«

      Bettina blickte ihn an, er sah nicht aus wie ein Irrer. Aber das war so absurd, daß sie anfing schallend zu lachen, obschon sie schon bessere Witze gehört hatte.

      »Ich bin wirklich Ihr Bruder«, wiederholte er.

      »Aber ja«, Bettina nahm es von der lächerlichen Seite, »wenn Sie mein Bruder sind, dann bin ich die Königin von England.«

      Darüber konnte er nicht lachen.

      »Es mag Ihnen komisch vorkommen, aber ich sage die Wahrheit, und ich kann es auch beweisen.« Ihr war das Lachen vergangen, er meinte es ernst.

      »Kommen Sie mit ins Haus«, krächzte sie fast mit einer ihr kaum gehorchenden Stimme. Es würde sich aufklären, dieser Mann konnte unmöglich ihr Bruder sein, es war eine Verwechslung.

Die Stunde der Wahrheit

      Als Bettina den Fremden in ihr Haus ließ, dachte sie nicht eine Sekunde darüber nach, daß das gefährlich sein konnte. Schließlich war sie allein auf dem Hof, und wenn dieser Mann Böses im Schilde führte, dann hatte er das durchaus bereits gecheckt.

      Ihre Gedanken kreisten nur um das Wort ›Bruder‹. Er hatte tatsächlich behauptet, ihr Bruder zu sein, und ihr Versuch, die Sache ins Lächerliche zu ziehen, indem sie behauptet hatte, dann die Königin von England zu sein, war an ihm abgeprallt.

      Aber das konnte doch nicht sein! Ihr Vater hatte nicht ein uneheliches Kind in die Welt gesetzt. Wenn es so gewesen wäre, hätte er sich auch zu dem Kind bekannt, selbst wenn er seine Mutter, aus welchem Grund auch immer, nicht geheiratet hätte.

      Es mußte eine Verwechslung sein, anders ging es ja überhaupt nicht, und das würde sie sehr rasch aufklären und sich nicht länger verrückt machen lassen.

      Bruder…

      Wie absurd, sie hatte zwei Brüder, und von einem dritten war niemals die Rede gewesen. Sie hatte auch im Nachlaß ihres Vaters keinerlei Hinweise gefunden auf die Existenz eines Bruders.

      »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« erkundigte sie sich höflichkeitshalber und blickte ihn an. Er sah sehr nett aus und weder wie ein Spanier noch wie ein Erpresser. Fast tat er ihr schon leid, daß er so lange in der Kälte auf sie gewartet hatte, und das vergebens.

      »Danke, ja, sehr freundlich von Ihnen«, sagte er sofort.

      »Dann kommen Sie am besten mit in meine Küche.« Sie konnte ihn schließlich nicht so mutterseelenallein in ihr Wohnzimmer oder ihre Bibliothek setzen. Außerdem war ihre Küche gemütlich, und das wenige, das sie sich zu sagen hatten, um die Angelegenheit aufzuklären, ließ sich auch an ihrem wunderschönen alten Holztisch bereden. Hier hatten schon ganz andere Diskussionen stattgefunden.

      »Was mögen Sie? Kaffee oder Tee?«

      »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, lieber Tee.«

      Bettina nickte.

      »Kein Problem, dann setzen Sie sich schon mal hin.«

      Sie merkte, daß er sie beobachtete, aber das war ihr nicht unangenehm, er war ja, wie gesagt, ein äußerst sympathischer Mann.

      Schließlich saßen sie sich gegenüber. Bettina hatte sogar ein paar von Lenis köstlichen Schokoladenplätzchen bereitgestellt, die auf der Zunge vergingen und eine Offenbarung waren.

      »Nun, Herr…«

      »Berger, Christian Berger«, beeilte er sich sofort zu sagen.

      »Herr Berger«, wiederholte sie seinen Namen. »Wärmen Sie sich auf, trinken Sie Ihren Tee, und diese Schokokekse sollten Sie auch unbedingt versuchen, und dann erzählen Sie mir, wie Sie auf den absurden Gedanken gekommen sind, Sie könnten mein Bruder sein.«

      Sie schaute ihn an, er sah aufrichtig und ehrlich aus.

      »Sehen Sie, das ist ganz unmöglich«, sagte sie deswegen sehr sanft. Fast hätte sie gelacht, aber dazu war die Situation doch wohl zu ernst, zumindest für ihn. Sie kam sich auf jeden Fall vor wie jemand, der mit einem kranken Pferd sprach. »Ich kenne unsere Familienverhältnisse sehr genau, ich habe eine Schwester und zwei Brüder.«

      Er ließ sich davon nicht beeindrucken.

      »Aber ich bin Ihr Bruder«, beharrte er, »und ich kann es auch beweisen. Bis vor kurzem wußte ich es doch selbst nicht.«

      Wie sollte sie ihm klarmachen, daß er sich seine Beweise in die Haare schmieren konnte, wie man so schön sagte, wenn man davon überzeugt war, daß der andere Unsinn redete, und so sympathisch er auch aussah, er hatte sich in etwas Unsinniges verrannt, und dem würde sie jetzt auch ein Ende bereiten.

      »Herr Berger, Sie sind hier auf einer falschen Spur. Wenn mein Vater einen außerehelichen Sohn gehabt hätte, hätte er sich auch zu ihm bekannt. Er hätte niemals mit der Lüge leben können, irgendwo einen Sohn zu haben, den er verschwiegen hätte. Mein Vater kann es Ihnen nicht mehr sagen, der ist leider verstorben, aber ich weiß es, und deswegen tut es mir leid, daß Sie sich vergebens herbemüht haben.«

      Er trank einen Schluck seines Tees, griff, wie sie bemerkte, nun schon zum zweiten Mal in die Keksschale. Aber das war auch nicht verwunderlich, diese Kekse machten selbst jemanden süchtig, der sich sonst nichts aus Süßigkeiten machte. Bettina wußte das.

      »Es handelt sich doch nicht um Ihren Vater«, sagte er und stellte seine hauchfeine Porzellanschale wieder ab.

      Bettina starrte ihn an.

      Was sollte das denn nun schon wieder?

      »Wie bitte?«

      »Wir haben nicht einen gemeinsamen Vater, sondern eine gemeinsame Mutter.«

      Diese Eröffnung war wie ein Paukenschlag. Sie wäre auf alles gekommen, aber niemals darauf, daß ihre Mutter einen außerehelichen Sohn haben könnte.


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