H. G. Wells – Gesammelte Werke. Herbert George Wells

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ma­chen.

      Als er wie­der sprach, ge­sch­ah es, um zu ge­ste­hen: »Schließ­lich sind sie men­schen­ähn­li­cher, als wir zu er­war­ten ein recht hat­ten. Ich glau­be – –«

      Er hielt auf­rei­zend inne.

      »Ja?«

      »Ich glau­be auf je­den Fall – auf al­len Pla­ne­ten, wo es ein in­tel­li­gen­tes Tier gibt – wird es die Hirn­scha­le nach oben tra­gen, Hän­de ha­ben und auf­recht ge­hen …«

      Dann schweif­te er plötz­lich in an­de­rer Rich­tung ab.

      »Wir sind ein Stück drin­nen«, sag­te er. »Ich mei­ne – viel­leicht ein paar tau­send Fuß oder mehr.«

      »Wa­rum?«

      »Es ist küh­ler. Und un­se­re Stim­men sind so viel lau­ter. Die­ser ver­blass­te Cha­rak­ter – der ist völ­lig fort. Und das Ge­fühl in den Ohren und im Hals.«

      Das war mir nicht auf­ge­fal­len, aber jetzt tat es das.

      »Die Luft ist dich­ter. Wir müs­sen in ei­ni­ger Tie­fe sein – viel­leicht so­gar eine Mei­le in­ner­halb des Mon­des.«

      »Wir ha­ben nie an eine Welt im Mond ge­dacht.«

      »Nein.«

      »Wie konn­ten wir auch!«

      »Wir hät­ten dar­an den­ken kön­nen. Nur – man nimmt geis­ti­ge Ge­wohn­hei­ten an.«

      Er dach­te eine Zeit lang nach.

      »Jetz­t«, sag­te er, »scheint es so selbst­ver­ständ­lich.«

      »Na­tür­lich! Der Mond muss un­ge­heu­re Höh­len ha­ben, eine in­ne­re At­mo­sphä­re und im Zen­trum sei­ner Höh­len ein Meer.«

      »Man wuss­te, dass der Mond ein ge­rin­ge­res spe­zi­fi­sches Ge­wicht hat als die Erde, man wuss­te, dass er drau­ßen we­nig Was­ser oder Luft hat, man wuss­te auch, dass er ein Schwes­ter­pla­net der Erde war, wenn er in sei­ner Zu­sam­men­set­zung ver­schie­den wäre. Der Schluss, dass er hohl ist, war so klar wie der Tag. Und doch hat man das nie als Tat­sa­che ge­se­hen. Kep­ler na­tür­lich –«

      Sei­ne Stim­me ver­riet jetzt das In­ter­es­se ei­nes Man­nes, der eine hüb­sche Schluss­fol­ge ent­deckt hat.

      »Ja«, sag­te er »Kep­ler mit sei­nen sub­vol­ca­ni hat­te recht.«

      »Ich woll­te, Sie hät­ten sich die Mühe ge­macht, das vor un­se­rer An­kunft her­aus­zu­fin­den«, sag­te ich.

      Er ant­wor­te­te nichts, son­dern summ­te lei­se vor sich hin, als er sei­nen Ge­dan­ken folg­te. Ich ver­lor die Ge­duld. »Was mei­nen Sie denn, ist aus der Sphä­re ge­wor­den?«, frag­te ich.

      »Ver­lo­ren«, sag­te er wie ei­ner, der eine un­in­ter­essan­te Fra­ge be­ant­wor­tet.

      »Un­ter die­sen Pflan­zen?«

      »Wenn sie sie nicht fin­den.«

      »Und dann?«

      »Wie kann ich das wis­sen?«

      »Ca­vor«, sag­te ich mit ei­ner Art hys­te­ri­scher Bit­ter­keit, »die Din­ge se­hen glän­zend aus für mei­ne Ge­sell­schaft …«

      Er gab kei­ne Ant­wort.

      »Gü­ti­ger Him­mel!«, rief ich aus. »Den­ken Sie doch nur an all die Mühe, die wir uns ge­ge­ben ha­ben, um in die­se Pat­sche zu ge­ra­ten! Wozu sind wir ge­kom­men? Was ging uns der Mond an oder wir den Mond? Wir ha­ben zu viel ge­wollt, wir ha­ben zu viel ver­sucht. Wir hät­ten mit den klei­nen Sa­chen be­gin­nen sol­len. Den Mond ha­ben Sie vor­ge­schla­gen! Die­se Ca­vo­rit-Roll­ja­lou­si­en! Ich bin si­cher, wir hät­ten sie für ir­di­sche Zwe­cke an­wen­den kön­nen. Si­cher! Hat­ten Sie wirk­lich ver­stan­den, was ich vor­schlug! Ein Stahl­zy­lin­der – –«

      »Quatsch!«, sag­te Ca­vor.

      Wir hör­ten auf mit­ein­an­der zu re­den.

      Eine Zeit lang un­ter­hielt Ca­vor ohne viel Hil­fe von mir einen ge­bro­che­nen Mo­no­log.

      »Wenn sie sie fin­den«, be­gann er, »wenn sie sie fin­den … was wer­den sie da­mit an­fan­gen? Ja, das ist eine Fra­ge. Vi­el­leicht ist das die Fra­ge. Auf je­den Fall wer­den sie sie nicht ver­ste­hen. Wenn sie solch Zeug ver­stän­den, wä­ren sie längst auf die Erde ge­kom­men. Wä­ren sie? Wa­rum soll­ten sie nicht? Aber sie hät­ten et­was ge­schickt – – Sie hät­ten von ei­ner sol­chen Mög­lich­keit nicht die Hand las­sen kön­nen. Nein! Aber sie wer­den sie un­ter­su­chen. Of­fen­bar sind sie in­tel­li­gent und neu­gie­rig. Sie wer­den sie un­ter­su­chen – hin­ein­stei­gen – mit den Knöp­fen spie­len. Weg! … Das hie­ße für uns: auf den Rest un­se­res Le­bens den Mond! Selt­sa­me Ge­schöp­fe, selt­sa­mes Wis­sen …«

      »Was das selt­sa­me Wis­sen an­geht« – sag­te ich, und die Wor­te ver­sag­ten mir.

      »Hö­ren Sie, Bed­ford«, sag­te Ca­vor, »Sie sind aus ei­ge­nem, frei­em Wil­len auf die­se Ex­pe­di­ti­on ge­gan­gen.«

      »Sie sag­ten zu mir: ›Nen­nen Sie es Pro­spek­tern‹.«

      »Beim Pro­spek­tern läuft man im­mer Ri­si­ko.«

      »Be­son­ders, wenn man es un­be­waff­net un­ter­nimmt, und ohne vor­her jede Mög­lich­keit aus­zu­den­ken.«

      »Ich war so von der Sphä­re in An­spruch ge­nom­men. Die Sa­che stürz­te auf uns los und trug uns fort.«

      »Stürz­te auf mich los, mei­nen Sie.«

      »Stürz­te eben­so­sehr auf mich. Wo­her soll­te ich wis­sen, als ich über Mo­le­ku­lar­phy­sik zu ar­bei­ten be­gann, dass die Ge­schich­te mich hier­her brin­gen wür­de – von al­len Or­ten hier­her!«

      »Das ist die­se ver­fluch­te Na­tur­wis­sen­schaft«, rief ich. »Die ist der wah­re Teu­fel. Die mit­tel­al­ter­li­chen Pries­ter und Ver­fol­ger hat­ten recht, und die Mo­der­nen ha­ben völ­lig un­recht. Sie las­sen sich mit ihr ein – und sie bie­tet Ih­nen Ga­ben, sind so wie Sie die Ga­ben neh­men, schlägt sie Sie auf eine un­er­war­te­te Art in Stücke. Alte Lei­den­schaf­ten und neue Waf­fen – bald wirft sie Ihre Re­li­gi­on um, bald wirft sie Ihre so­zia­len Ide­en um, bald wir­belt sie Sie in die Wüs­te und ins Elend da­von!«

      »Auf je­den Fall nützt es nichts, wenn Sie jetz­t mit mir zan­ken. Die­se Ge­schöp­fe – die­se Se­le­ni­ten oder wie wir sie auch nen­nen wol­len – ha­ben uns an Hän­den und Fü­ßen ge­bun­den. In wel­cher Stim­mung es Ih­nen auch be­liebt, die Sa­che durch­zu­ma­chen, durch­ma­chen wer­den Sie sie müs­sen … Wir ha­ben Er­leb­nis­se vor uns, die un­se­re gan­ze Küh­le er­for­dern wer­den.«

      Er hielt inne, als ver­lan­ge er mei­ne Bei­stim­mung. Aber ich groll­te. »Zum Hen­ker mit Ih­rer Wis­sen­schaft!«, sag­te ich.

      »Das Pro­blem lau­tet: Mit­tei­lung. Ges­ten, fürch­te ich, wer­den an­ders sein. Zei­gen, zum Bei­spiel. Au­ßer Men­schen und Af­fen zei­gen kei­ne Ge­schöp­fe.«

      Das war mir zu hand­greif­lich ver­kehrt. »Ziem­lich je­des Tier«, rief ich, »zeigt mit den Au­gen oder mit der Nase.«

      Ca­vor dach­te dar­über nach. »Ja«, sag­te er schließ­lich,


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