Hans Hyan-Krimis: Der Rächer, Das Rätsel von Ravensbrok & Mord im Bankhaus Lindström. Hans Hyan

Hans Hyan-Krimis: Der Rächer,  Das Rätsel von Ravensbrok & Mord im Bankhaus Lindström - Hans Hyan


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ihm doch behilflich sein!

      Aber alle seine Nachforschungen nach ihr blieben vergeblich. Sie war wie vom Erdboden verschwunden.

      Aus ihrem Quartier im Westen war sie verzogen. Und keine Polizei, kein Einwohnermeldeamt konnte Auskunft geben über ihren Verbleib. Sie war untergetaucht in dieses Menschenmeer – wer weiß, wann und ob sie jemals wieder an die Oberfläche kommen würde.

      So ging Marquardt im weißen Mondschein, der zwischen den Zweigen der knospenden Uferbäume hindurchschien, in trübes Sinnen verloren dahin.

      Das Wasser lag an seiner Rechten im grausilbrigen Spiegelglanz tief unter ihm.

      Da, weit noch, verschwommen im unsicheren Licht, kam ein Kahn heran ...

      Marquardt legte die Arme auf die Brüstung des Eisengeländers und sah dem Fahrzeug träumerisch entgegen.

      Näher, immer näher trieb der Nachen, in dessen Spitze, das sah Marquardt jetzt, ein Mann stand, der ihn mit sachten, gleichmäßigen Schlägen lenkte.

      Und Heinz Marquardt dachte an ein Gedicht, in dem vom Tode die Rede war, der als Fährmann die Müden über den breiten Strom ins Vergessen hinabführt.

      Nun ließ der Mann sein Ruder sinken, ergriff die lange Stange und zog etwas an den Kahn heran, das im Wasser trieb.

      Der Kahn war jetzt gar nicht mehr weit ab, Marquardt konnte deutlich sehen, daß es ein großer Gegenstand war, der dem Manne Mühe machte.

      Endlich zog er ihn bis unter den Kahnbord, und wie der Schiffer sich vornüberbeugte, war es Marquardt, als hörte er deutlich ein tiefes »Na! ...« über das Wasser schallen.

      Er lehnte sich weit über das Geländer, als könne sein Auge dann die Entfernung im flimmernden Mondlicht besser durchmessen.

      Aber der Schiffer kam jetzt näher, er hatte das im Wasser Schwimmende hinten am Heck mit dem Haken festgemacht und legte sich tüchtig in die Riemen.

      Da entdeckte Heinz die schmale Steintreppe, die rechts von ihm an der Kaiwand zum Wasser hinabführte, eilte dorthin, und indem er die Treppe hinablief, schrie er dem Schiffer zu:

      »Hier! ... Hier müssen Sie anlegen!«

      Der Mann nickte nur. Er war einer von den sogenannten Abfischern, die die Stadt anstellt, um die Kanäle von Unrat, Papierfetzen und Kadavern zu säubern.

      Marquardt, der unten auf dem Steinbord stand, hielt sich an der Eisenstange fest und fragte, von einer fast körperlichen Neugier getrieben:

      »Was haben Sie denn, Schiffer?«

      »'ne Leiche!« klang es zurück.

      »Ach so! ... Bringen Sie sie hier ran?«

      Er suchte dabei mit seinen scharfen Augen die Umrisse des treibenden Körpers zu erkennen, was ihm aber hier im Schatten der Uferböschung nicht gelingen wollte.

      Wie der Schiffer mit seinem Kahn heran war, machte er die Kette ganz dicht am Geländer fest. Dann schlang er einen Strick um den im Wasser treibenden Körper, führte ihn um den Kahn herum und stieg, das Tau in den Händen, auf den Stein hinüber.

      »Helpen Se mir mal 'n beten!« sagte er.

      Und Marquardt faßte gehorsam an den Strick, obwohl ihn schauderte.

      Der mit den wassertriefenden Kleidern umhüllte Leichnam war sehr schwer – endlich hatten sie ihn auf dem Trocknen.

      »Nu man weiter ruff!« meinte der Schiffer, der mit Worten sehr sparsam schien.

      Mit großer Mühe zogen sie den Körper, von dem das Wasser in den Kanal zurückrann, an der Mauer empor und legten ihn auf die Rasenböschung des Ufers nieder. Ein paar Passanten hatten sich zusammengefunden, die ihre Bemerkungen austauschten.

      »'t is 'n Weib!« sagte einer, »also wahrscheinlich aus Liebesjram! ... Die Frauenzimmer sind ja so verrückt!«

      Marquardt versuchte indessen ihre Gesichtszüge zu erkennen. Aber da der Kopf gerade im Schatten lag und er sich nicht entschließen konnte, die Leiche anzufassen, kam er nicht damit zustande.

      Der Schiffer war unterdessen gegangen, einen Schutzmann zu holen.

      Endlich sagte einer von denen, die dabei standen: »Ick muß doch mal seh'n, ob se noch jung is!«

      Und er riß ein Streichholz an.

      Begierig bückte sich Marquardt, aber mit einem lauten Schrei fuhr er zurück. Er hatte das Gesicht der wohl schon längere Zeit im Wasser liegenden Leiche, das aufgedunsen und wie eine alte, von grüner Patina überzogene Bronze aussah – er hatte es doch erkannt: Die da in halbvermoderten zerrissenen Kleidern, mit verrenkten Gliedmaßen, ertrunken und kaum mehr menschenähnlich auf dem Rasen lag, das war Ernestine Augst!

      Und in demselben Moment, wo er sie an der Narbe, die ihren Mund zerschnitt, und an dem schwarzen Haar, das so tief in das runde Gesicht hineinwuchs, wiedererkannte, da wußte er auch: an dieser Frau war ein Verbrechen verübt, sie war beseitigt worden, weil man ihren Verrat fürchtete.

      Indem kam der Schiffer mit einem Schutzmann zurück. Der Leichnam wurde mit einem alten Sack bedeckt, und Marquardt hörte, wie der Beamte darüber sprach, daß man die Tote sofort nach der Morgue schaffen würde.

      Er selbst machte sich auf den Weg nach dem Polizeipräsidium.

      Dort ließ er sich dem Kommissar Bendemann melden. Aber statt seiner empfing ihn Hartmuth, der gerade Nachtdienst hatte.

      »Na, haben Sie wieder was abgekriegt?« fragte der Kommissar lachend.

      Heinz Marquardt, noch ganz verstört von dem schauerlichen Bild, das er soeben gesehen, verstand den Kriminalbeamten anfänglich nicht.

      »Wieso? ... Ich? ...« Dann fiel ihm das nächtliche Rekontre in der Kaschemme ein; er sagte ruhig:

      »Nein, ich glaube vielmehr eine Entdeckung gemacht zu haben.«

      »So, eine Entdeckung!« höhnte der Kommissar, »wohl wieder wegen dem Mörder, was?«

      »Ja, wegen des Mörders!« Marquardt zog die Stirn kraus.

      »Er hat nämlich jetzt schon den zweiten Mord begangen!«

      »Ach nee?« Dieser Ausruf des Erstaunens aus dem Munde des Kommissars war echt.

      Marquardt nickte.

      »Das Opfer ist eben aus dem Kanal gelandet worden!«

      »Ach so, eine Ertrunkene!« meinte der Kommissar, sehr viel kühler. »Woher wollen Sie denn wissen, daß die Person ... wer ist es denn überhaupt?«

      »Ernestine Augst.«

      »Donnerwetter!«

      Der Kommissar rannte ein paarmal im Zimmer auf und ab. Plötzlich blieb er vor Marquardt stehen:

      »Und Sie meinen, das Frauenzimmer ist beseitigt, weil es eventuell etwas hätte verraten können? ... Ja, so sagen Sie mal, sieht man denn irgendwo an der Leiche Stiche oder vielleicht Hiebwunden oder Strangulationsmarken? Ja? ...«

      Marquardt hob die Schultern.

      »Wir, ein Fischer und ich, wir haben sie eben, vor einer halben Stunde, bei Mondlicht geborgen. Da war überhaupt nicht viel zu sehen. Außerdem hat sie auch wohl schon ziemlich lange im Wasser gelegen ...«

      »So ...« sagte der Kommissar gedehnt, »na, dann kann se sich ja ooch ebensojut selbstjemordet haben!«

      Marquardt zuckte wieder mit den Achseln.

      »Möglich ... aber nicht sehr wahrscheinlich! ...«

      Hartmuth machte ein sehr unangenehmes Gesicht. Er schien etwas erwidern zu wollen, besann sich aber und sagte:

      »Die ganze Geschichte erscheint mir ziemlich belanglos ... daß prostituierte Frauenzimmer ins Wasser geh'n, kommt alle Tage vor ... und im übrigen sind wir, wie Ihnen ja auch wohl durch die Zeitungen bekannt ist, hier alle der Ansicht, daß der Mörder


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