Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht. Dayton Ward

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es Fragen regnen; die öffentliche Diskussion würde sich im Kreis drehen. Es würde nicht lange dauern, bis die Ermittler und Vertreter der Strafverfolgungsbehörden (und auch Präsidentin zh’Tarash selbst) Picard so gut wie vergessen hatten. Vielleicht konnten sogar noch ein paar andere gerettet werden, sollte es in ihren Fällen mildernde Umstände geben. Die Aufmerksamkeit würde sich auf den Kern der Sache richten: dass Sektion 31 so lange Zeit ungehindert hatte schalten und walten können und dass die Organisation derart schwindel- und furchterregende Erfolge zu verbuchen hatte.

      Granivs Reportage hatte ein jahrhundertealtes Rätsel gelöst: Die künstliche Intelligenz Uräus, das Herz der Organisation, war älter als die Föderation selbst. Nicht jeder, der mit Sektion 31 in Verbindung stand, wusste von Uräus’ Existenz. Die Erkenntnis, dass ein Computerprogramm sogar Verbündete der Organisation fremdgesteuert hatte, würde die Föderationsbürger weiter verstören. Sie würden sich getäuscht, betrogen und entsetzlich hilflos fühlen. Niemand würde mehr irgendjemandem vertrauen.

      Akaar ging es nicht anders. Auf der Liste der Agenten, Funktionäre, Kollaborateure und Gönner von Sektion 31 standen Personen, die er seit Jahren kannte, manche seit Jahrzehnten. Es würde Monate dauern, bis sich abschätzen ließ, welches Ausmaß die Zerstörung hatte, die Sektion 31 über die Föderation gebracht hatte; Jahre, bis sich die interstellare Allianz erholt hatte. Und erholen würde sie sich nur, wenn jemand die Zügel in die Hand nahm. Deshalb hatte Akaar keine Zeit: Er brauchte eine Strategie, die der Föderation half, das Desaster zu überstehen. Ihm war klar, dass er daran scheitern würde, wenn es niemanden gab, auf den er sich verlassen konnte.

      »Mein größtes Problem ist, dass ich nicht mehr sicher bin, ob ich Ihnen vertrauen kann«, sagte er. »Kann ich Ihnen vertrauen?«

      Picard antwortete sofort und voller Überzeugung. »Vollkommen.« Trotz der Tatsache, dass Akaar ihn heruntergeputzt hatte, war die Haltung des Captains tadellos. In seinen Augen las Akaar Entschlossenheit. So kannte er Picard. Auf diesen Mann hatte er gebaut wie sonst nur auf Angehörige seines inneren Kreises. Sein Instinkt verriet ihm, dass Picard die Wahrheit sagte: Er mochte sich freiwillig in einen Sumpf von Korruption begeben haben – aber nicht, weil er keinen Charakter besaß, sondern aus der Notwendigkeit heraus, dem Gemeinwohl zu dienen.

      Damit kam Akaar zurecht. Deswegen war er jedoch noch lange nicht bereit, die Verfehlungen des Captains einfach zu vergessen.

      »Davon werden Sie mich überzeugen müssen. Bis Ihnen das gelungen ist – immer vorausgesetzt, ich kann Sie davor bewahren, von der Presse in der Luft zerrissen zu werden –, können Sie davon ausgehen, dass ich Sie an einer sehr kurzen Leine führen werde.«

      Noch einmal ermahnte er den Captain der Enterprise, seine Mission fortzusetzen (und dabei nicht zu vergessen, dass er nun vor allem Akaar Rechenschaft schuldig war), dann schloss er den Kommunikationskanal. Erst als Picards Gesicht vom Bildschirm verschwunden war, entspannte er sich. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, schloss die Augen und massierte sich die Nasenwurzel.

       Ach, verdammte Scheiße!

      Diese Geschichte würde Karrieren beenden, und zwar nicht nur von Personen, die sich im Netz von Sektion 31 verfangen hatten. Viele, die wichtige Posten innerhalb der Sternenflotte oder der Föderationsregierung innehatten, würden zurücktreten müssen. Manche würden sich außerdem Tatvorwürfen gegenübersehen. Akaar wollte damit so wenig wie möglich zu tun haben, aber als Oberbefehlshaber der Sternenflotte würde er sich diesen Luxus nicht erlauben können.

      Wie aufs Stichwort summte sein Interkom. »Admiral Akaar«, ertönte die Stimme seines Sekretärs. »Die Generalanwältin hat sich über einen verschlüsselten Kanal gemeldet. Sie möchte augenblicklich mit Ihnen sprechen.«

      Akaar seufzte und schlug die Augen auf.

      Also ist es so weit … Der Sturm bricht los.

      KAPITEL 4

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      Wie üblich füllte sich die Messe der Enterprise nach Ende der Alpha-Schicht rasch. Die Theke war voll besetzt, und an den Tischen waren nur noch vereinzelt Stühle frei. Offiziere standen in Grüppchen in der Nähe der Bar herum, zwischen den Tischen oder vor den großen, abgeschrägten Fenstern. Dort hatte man den besten Ausblick auf die Sterne: Das Warpfeld verzerrte sie, sodass sie wie Lichtstreifen wirkten. T’Ryssa Chen versuchte immer, einen Tisch am Fenster zu ergattern. Wenn sie nach draußen schaute, konnte sie besser denken. Der Ausblick hatte beinahe etwas Meditatives.

      »Trys?«

      Sie erschrak ein wenig und erinnerte sich, dass sie nicht allein am Tisch saß. Dann wurde ihr mit einiger Verspätung klar, dass ihre Freundin Dina Elfiki sie jetzt schon zum dritten Mal angesprochen hatte. Chen setzte sich aufrechter hin und räusperte sich.

      »Entschuldige, Dina. Ich …« Sie runzelte die Stirn. Ihre Gedankenverlorenheit war ihr peinlich. »Ich glaub, ich war kurz abgelenkt.«

      »Langweile ich dich? Wärst du lieber allein?« Elfiki war in Ägypten geboren worden und sprach mit leichtem Akzent. Der Blick ihrer großen dunklen Augen war ernsthaft besorgt.

      Chen winkte ab. »Nein, natürlich nicht! Verzeih mir. Ich hab keine Ahnung, was mit mir los ist.«

      Lügnerin, tadelte sie sich selbst. Du weißt ganz genau, welche Laus dir über die Leber gelaufen ist. Dir und allen anderen auf diesem Schiff.

      Elfiki strich sich eine Strähne ihres schulterlangen schwarzen Haars aus dem Gesicht. »Wahrscheinlich bist du bloß müde. Wie ich …« Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas. »Ich hab die letzten sechsunddreißig Stunden damit verbracht, zusammen mit meinem Team und ein paar Ingenieuren noch mal den Computerkern und alle Backup-Systeme zu überprüfen – wir haben uns noch mal jedes Kiloquad Datenspeicher angesehen. Dasselbe haben wir mit den Computersystemen aller Shuttles, der Jacht des Captains und mit jedem einzelnen Ausrüstungsgegenstand gemacht, der einen eingebauten Computer oder Datenspeicher besitzt, bis hin zum letzten Trikorder und zum letzten isolinearen Chip.«

      »Wirklich?«, fragte Chen. »Hattet ihr das nicht gerade erst gemacht?«

      »Commander La Forge hat uns gebeten, uns alles noch mal vorzunehmen. Soweit ich sagen kann, haben wir von allen Computern an Bord jede einzelne Komponente des Uräus-Programms vollständig entfernt.«

      Chen seufzte. »Du weißt, dass ich dir geholfen hätte, oder? Du hättest mich nur fragen müssen!«

      »Natürlich weiß ich das. Du warst beschäftigt, Trys.«

      »Damit, die Sensorphalanx nachzukalibrieren.« Chen verdrehte die Augen. »Wenn ich vor die Wahl gestellt würde, was ich lieber machen würde – das oder mich kopfüber in eine Plasmaleitung stürzen –, müsste ich ernsthaft darüber nachdenken.« Die Arbeiten an der Phalanx mussten akribisch durchgeführt werden, verlangten volle Konzentration, waren absolut notwendig – und so langweilig, dass Chen darüber hätte in Tränen ausbrechen können. Vielleicht war es noch schlimmer, Millionen und Abermillionen Zeilen Computercode durchzugehen, um Schadsoftware aufzuspüren, aber wenigstens konnte man dabei an einer Konsole sitzen und musste nicht von Zugangsklappe zu Zugangsklappe durch Jefferies-Röhren kriechen. »Das war ein ziemlich heimtückisches Programm. Ein zusätzliches Augenpaar wäre bestimmt nützlich gewesen.«

      Chen hatte den offiziellen Bericht des Sternenflottenkommandos gelesen, der sich mit dem vollen Funktionsumfang des Uräus-Programms von seiner Initialisierung im 22. Jahrhundert an beschäftigte. Experten aus der Sternenflottenabteilung für Forschung und Entwicklung hatten umfängliches Material zusammengestellt, um die Betriebsparameter und die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz zu skizzieren. Dazu gehörte auch eine vollständige Darstellung des ihr zugrunde liegenden Computercodes. Natürlich hatte Chen an der Sternenflottenakademie den Umgang mit Computern erlernt. Sie hatte ihr Wissen an Bord der U.S.S. Rhea und später an Bord der Enterprise angewandt, hielt sich aber nicht für eine Computerexpertin. Wenn sie sich Mühe gab,


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