Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
sprengte der Cowboy der Talsenke entgegen, die sich hinter dem großen Knie des Silver creek nach Osten hinüberzog. Am Ende diese Senke, etwa elf Meilen von Tombstone entfernt, lag die kleine Wilkins Ranch. Schon aus der Ferne sah man einen schwarzgrauen Rauchpilz in den violettblauen Abendhimmel steigen.
Der Texaner hatte die Lippen zusammengepreßt, und nachdem er jetzt die Richtung kannte, nahm er die Zügel hoch und sprengte dem Cowboy davon. So schnell wie der Rapphengst vermochte der braune Wallach, den der Weidereiter ritt, nicht vorwärtszukommen.
Als Luke den kleinen Hof erreichte, war eine etwas abseits stehende Scheune bereits niedergebrannt und durch den Funkenflug hatte das Feuer auch schon auf das Dach des benachbarten Bunkhauses übergegriffen.
Drei Männer waren verzweifelt damit beschäftigt, den Brand in den Dachsparren des Mannschaftshauses zu löschen.
Luke sprang vom Pferd.
Er hatte die Lage sofort übersehen.
Das Mannschaftshaus war kaum noch zu retten. Aber dicht daneben war das große Stallhaus, und wenn das niederbrannte, dann erst war der Schaden riesengroß. Die Scheune war vernichtet, und der Kampf um das Bunkhaus war schon fast sinnlos geworden.
»Männer!« rief der Tex den drei Löscharbeitern zu. »Das hat keinen Zweck mehr! Wir müssen das Stallhaus retten!«
Einer der Männer, die die Eimer zum Dach reichten, drehte sich um. »Luke Short!« rief er. Er schien den Sheriff also zu kennen.
»Wir müssen das Mannschaftshaus retten.«
»Es ist nicht mehr zu retten! Da unten brennt es an der Seite und oben auch! Das ist nicht mehr aufzuhalten. Das Stallhaus muß gerettet werden!«
»Wie soll das geschehen?« wollte Rancher Wilkins wissen.
»Los, Wasser an die linke Front des Stallhauses! Das Holz muß so naß werden, daß das Feuer nicht weiter überspringen kann. Die Männer sollen von dem Dach herunterkommen, ehe sie sich verbrennen oder im Rauch ersticken. Das ist doch Wahnsinn. Und das Vieh aus dem Stall! Vorwärts!«
Das Bunkhaus war tatsächlich nicht mehr zu retten, denn der Brand hatte seine Rückseite schon stark angefressen, nagte bereits an der Seitenfront, und die Flammen züngelten auch schon vorn aus den großen Löchern, die die Flammen bereits in den flachen Dachstuhl gerissen hatten, in den verrauchten Hof hinaus. Die schweren Rauchwolken, die in gewaltigen Schwaden von der niedergebrannten Scheune herüberzogen, machten die Arbeit nahezu umöglich.
Unter verzweifelten Anstrengungen wurde jetzt die linke Seitenfront des Stallhauses mit solchen Wassermassen übergossen, daß das Feuer nicht so leicht überspringen konnte.
Dennoch waren mehr als drei Stunden vergangen, bevor man mit Sicherheit wußte, daß das Stallhaus nicht niederbrennen würde.
Das Bunkhaus, glücklicherweise nur ein kleiner, sehr alter Bau, lag neben der niedergebrannten Scheune in Schutt und Asche da. Immer noch prasselten Balkenstücke nieder, und Flammenlohen zuckten funkenstiebend auf.
Aber die Gefahr war gebannt und der Brand so gut wie erstickt.
Rußgeschwärzt zog sich der Texaner auf sein Pferd und verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß von dem Rancher.
Der schüttelte ihm stumm die Hand.
Luke preschte wieder der Stadt entgegen.
Es war dunkel geworden mittlerweile. Als er in der Ferne die Lichter Tombstones auftauchen sah, gab er seinem Hengst die Sporen und schoß über die Savanne dahin nach Westen, der Stadt entgegen.
Sein erster Weg galt Donegan.
Der lag immer noch reglos auf seinem Lager.
Der Texaner beugte sich über ihn und lauschte nach seinem Atem.
Erschrocken fuhr er zurück.
»Er atmet nicht mehr«, kam es tonlos über seine Lippen.
Da erinnerte sich Luke daran, daß er einmal bei Doc Holliday die Papierprobe gesehen hatte. Er lief hinüber ins Office, nahm ein dünnes Papier aus einem der Fächer und legte es Donegan über das Gesicht.
Mit angehaltenem Atem stand er da und starrte auf den Deputy!
Da! Das Blatt bewegte sich und rutschte langsam zur Seite.
Er lebte also noch!
Luke verließ das Office und lief hinunter zum Russian House. In der Halle kam ihm der Schwarze entgegen.
»Sam, wo ist Miß Cashman?«
Der Neger rollte die Augen. »Oh, sie ist in der Kirche.«
»In der Kirche?« fragte der Riese verzweifelt.
»Ja, der neue Reverend hält eine Predigt.«
»Jetzt, am Abend?«
»Ja, am Morgen war er ja noch nicht hier, Mr. Short.«
»Allmächtiger!«
Luke verließ das Hotel und suchte die kleine presbyterianische Kirche unten am Ende der Chestnutstreet auf. Sie war bis auf den letzten Platz gefüllt mit andächtig lauschenden Menschen. Vorn links auf dem Podium stand der neue Reverend.
Es war ein etwa vierzigjähriger, hochgewachsener Mann, der erst vor wenigen Monaten aus England herüber nach Amerika gekommen war.
Als Reverend Hastings jetzt den Hünen im Kirchentor stehen sah, unterbrach er seine Predigt, trat in die Mitte des Podiums und sagte: »Ich muß meine Predigt unterbrechen, da ich den Sheriff in die Kirche treten sehe. Ich nehme an, es ist etwas Wichtiges geschehen?«
Luke nickte. Er hatte mit einer etwas unbeholfenen Geste seinen großen weißen Hut vom Kopf genommen und drehte die Ränder jetzt in seinen gewaltigen Fäusten.
»Ja, Mr. Hastings, mein Deputy ist schwer verwundet worden. Ich finde keinen Arzt. Da habe ich unten aus den Miner Camps den alten Gulbranson geholt. Aber ich mache mir Sorgen um Donegan. Mr. Gulbranson hat ihm einen Verband angelegt, aber ich weiß nicht, vielleicht hat der Mann doch eine Schußverletzung…«
»Und wie kann ich Ihnen helfen?« erkundigte sich der Geistliche verblüfft.
Luke sah sich um. Plötzlich hatte er das Gesicht entdeckt, das er suchte.
Es war ein schmales, schöngeschnittenes, etwas blasses Frauengesicht, von dunklem Haar umrahmt.
»Ich wollte Miß Cashman um Hilfe bitten, Reverend.«
»Aber natürlich, wenn Miß Cashman Ihnen helfen kann.«
Die junge Frau stand sofort auf und ging mit demütigem Gesicht hinaus.
Der Riese stampfte wie ein Bär neben ihr her.
»Es tut mir leid, Miß Nellie, daß ich Sie aus der Kirche geholt habe, aber ich weiß mir wirklich keinen Rat. Der Bursche stirbt. Und ich glaube, Gulbranson konnte ihm nicht viel helfen.«
»Nein, Mr. Gulbranson kann wohl kaum noch jemandem helfen. Der braucht selbst Hilfe.«
Zusammen gingen sie zum Office hinunter.
Nellie Cashman nahm dem verwundeten Hilfssheriff den Verband ab und sah, daß die Wunde verhältnismäßig gut gereinigt war.
»Das ist keine Schußverletzung, Mr. Short.«
»Nein, ich nahm es auch nicht an, außerdem war der alte Bursche schließlich auch einmal Feldscher und wird eine Stichverletzung doch von einer Schußverletzung unterscheiden können.«
»Das nehme ich auch an.« Nellie Cashman legte dem Verletzten den Verband wieder an.
»Vielleicht haben Sie ihn auch nur mit Ihrer Frage verwirrt.«
»Das kann schon sein, denn der Bursche war ziemlich fertig.«
Aber es war nicht nutzlos, daß er die Frau geholt hatte. Nellie Cashman vermochte dem Verletzten doch zu helfen. Als sie das Office nach einer halben Stunde verließ,