Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
es auch. Und dann stolperte ich, verlor den Colt – und die verdammte Fackel verlosch. Irgendwo in einem Quergang kamen diese jaulenden Tölen, rasend vor Wut hinter mir her. Ich schoß zurück, meine Trommel leer. Jetzt rechnete ich: Sicherungsanlagen so primitiver Art haben fast immer die gleichen Abstände, das liegt an der gleichmäßig verteilten Dummheit der Leute, die so was anlegen. Vorn eine Sicherung, etwa zweihundertfünfzig Yard weiter wieder eine Sicherung. Also mußte nach der gleichen Distanz etwa wieder eine kommen. Vor allem, da die Schnurrolle, die ich in der linken Armbeuge hielt, höllisch dünn wurde…«
»Was, die haben Sie auch noch festgehalten?«
»Ich hätte eher alles andere fallen gelassen, Marshal! Denn die Schnurrolle ist immer das wichtigste. Sie allein konnte mich zum Eingang zurückbringen. Ihretwegen ist auch die Fackel beim Sturz so unglücklich an der Wand entlanggerutscht, daß sie verlosch. Ja, und dann hatte ich also die dritte Lunte zu suchen.«
»Und immer noch waren die Hunde hinter Ihnen?«
»Das war ja das Dumme. Sonst hätte ich doch mehr Zeit gehabt und vor allem meinen schönen Colt nicht im Stich lassen müssen, der jetzt unter Steintrümmern begraben liegt und nach hundert Jahren einem Ölsucher in die Finger gerät, der dann auf dem Lauf meinen Namen liest und sich fragt: Luke Short, was muß das für ein Idiot gewesen sein, daß er hier unter der Erde herumkroch wie ein Maulwurf und seine Kanone verloren hat!«
»Und weiter, wie fanden Sie dann in der Eile die Lunte?«
»Es blieb mir ja keine Wahl. Ich mußte die Fackel, die ich nicht losgelassen hatte, wieder anzünden. Da stellte ich fest, daß sie am Boden bei meinem Sturz feucht geworden sein mußte. Daher also das schnelle Verlöschen. Sie ging nicht mehr an. Aber genau in dem Moment, als das Zündholz verlosch und auf den Boden sank – sah ich die Lunte. Ich wickelte den Rest meiner Schnurrolle darum und tigerte weiter. Die Tölen kamen jetzt verdammt schnell näher, hatten das Bellen eingestellt, und ich hatte auf einmal das Gefühl, daß ihrer noch mehr geworden waren. Ist ja nicht ausgeschlossen, denn ein paarmal muß ich an Seitengängen vorbeigekommen sein. Well, und als der vorderste Köter dann schon auf zwölf Yard herangekommen war, zog ich hart an der Schnur. Ich konnte es riskieren, da ich den Ausgang schon spürte. Es klappte beim erstenmal nicht, und ich sah mich schon im Kampf mit einer Meute stinkender Höhlenhunde eingehen, als ich beim dritten Ruck endlich Erfolg hatte. Der erste Hund hatte mich schon erreicht. Da ging der Bums los. Ich hatte mit dem Ruck zugleich einen Fall ins Freie getan. Der Köter, der hinter mir war, wurde vom zusammenbrechenden Gestein noch erwischt.«
Die beiden Dodger blickten einander wortlos an. Dieser Luke Short war ja ein wahres Unikum!
Da hatten sie befürchtet, daß er mit dieser Höhle vielleicht Schwierigkeiten haben könnte, und er bewies ihnen, daß er besser damit zurechtgekommen war, als sie selbst es höchstwahrscheinlich geschafft hätten.
Denn Sprengmaster war noch keiner von ihnen gewesen!
Holliday zündete sich eine Zigarette an und stieß den Rauch prustend von sich.
Kopfschüttelnd meinte er: »Wenn Sie mich hätten gehen lassen, Marshal, fehlte uns jetzt ein Mann.«
Der Texaner lachte dröhnend auf.
»Nur nicht so bescheiden, Doc. Sonst werde ich Ihnen jetzt sagen, daß ich schon ein halbes hundert Mal in Ihrer Nähe gedacht habe: Wenn du jetzt dagestanden hättest, Luke, wäre der Marshal tot! Weil du den Banditen da drüben nicht mehr erwischt hättest! Weil du nicht auf den Gedanken gekommen wärest, das zu tun, was der Doc getan hat! Und vor allem: Weil du nie und nimmer so schnell und sicher zurückgeschossen hättest!«
Holliday winkte ab.
»Hören Sie auf, Sie Hundsmörder.«
Der Schwarze senkte den Kopf. Niemand hatte auf ihn geachtet.
Jetzt aber streifte ihn Wyatt zufällig mit einem Blick und gewahrte blinkende Tränenspuren auf seinen Wangen.
Er ergriff ihn am Arm.
»Sie wußten von den Hunden?«
Der Schwarze schüttelte den Kopf.
Als er aber den Revolver des Gamblers wieder auf sich gerichtet sah, gestand er: »Es waren unsere Hunde. Ich habe sie immer gefüttert.«
Der Texaner zog die Brauen zusammen. »Du willst diese Höllenbiester gefüttert haben? Das glaubst du doch selbst nicht, Mann! Das sind doch über kalbsgroße scharfe Bestien gewesen!«
»Ich habe sie hinter den Seitengittern gefüttert.«
Luke stieß einen Pfiff aus.
»Ah, die Seitenstollen waren also durch Gitter gesichert, so daß ein Eingeweihter von den Hunden niemals überrascht werden konnte. Ich aber habe die Gitterklappe wahrscheinlich zufällig mit dem Fuß geöffnet. – Sie sehen, Doc, ich bin dem Tod wirklich nur durch Zufall entronnen.«
Der Neger wußte offenbar doch mehr, als er zugeben wollte.
Schweigend und scheinbar uninteressiert hatte auch Curle Shibell dabeigestanden.
Was ging in ihm vor?
Wyatt blickte ihn von der Seite an.
»Haben Sie irgend etwas dazu zu sagen, Shibell?«
Der Sheriff sog die Luft geräuschvoll ein.
»Ja, Marshal Earp, eine ganze Menge habe ich dazu zu sagen. Wie kommt Luke Short dazu, das Eigentum meines Bruders zu zerstören?«
»Eigentum?« Wyatt hatte zufällig in Tombstone auf dem Büro des Mayors nachgesehen, wie groß Shibells Gebiet war. Dabei hatte er auch festgestellt, daß die Ranch merkwürdigerweise nur bis zum Backhaus ging. Das Backhaus selbst stand nur noch zur Hälfte auf Shibells Grund.
Die andere Hälfte stand auf Indianerland.
»Tut mir leid, Shibell. Nicht einmal das Backhaus steht noch ganz auf dem Land Ihres Bruders. Der Stollen liegt auf Apachenland.«
»Well, ich will es nicht abstreiten, denn ich weiß nicht genau, wo die Grenze liegt.« Höhnisch setzte Curle Shibell hinzu: »Aber über Ihre Bemerkung ›Apachenland‹ kann ich nur lachen. Was gehört diesen roten Strolchen überhaupt?«
Der County Sheriff war als verschworener Indianerfeind berüchtigt.
Wyatt blickte den Texaner an, der, zwar mit sehr viel Geschick, aber auch mit unerhörtem Glück, dem Tod im Stollen entronnen war.
»Da drinnen ist jetzt natürlich alles verschüttet?«
»Darauf können Sie sich verlassen. Da lebt keine Maus mehr, ganz sicher nicht diese Köter, die diese Tierquäler da eingesperrt haben.«
Wyatt sprang den Sheriff plötzlich mit der Frage an: »Welchem Zweck diente dieser sonderbare Stollen?«
»Ich weiß es nicht, Marshal. Sie fragen mich unentwegt Dinge, auf die ich Ihnen keine Antwort geben kann.«
Mit einem Ruck zerrte Wyatt jetzt den Schwarzen zu sich herum. »Und du weißt natürlich auch nichts?«
»Gar nichts, Mister Earp!«
»Du hast nichts von dem gehört, was Hinc Travalgar hier bestellt hat?«
»Nein, Mister Earp. Ich hatte eine Menge Arbeit nachzuholen.«
»Komm! Wir holen deinen Gaul, und dann geht’s los.«
»Wohin?«
»Nach Nogales.«
Schon seit einer Weile beobachtete der Marshal, daß Curle Shibells Augen unauffällig das Ranchtor suchten. Wartete er auf jemanden? Er mußte den Zettel mit der Nachricht bekommen haben, und wahrscheinlich wartete er hier noch auf irgendeinen Reiter.
Der Marshal hatte sich längst seine Gedanken über den Sheriff gemacht. Wenn er auch ein etwas seltsamer Bursche war, dieser Curle Shibell, der damals drüben in Bisbee gesessen und auf Ike Clantons Wunsch den schwächlichen Jonny Behan in Tombstone als Übergangssheriff