Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 3 – Western - William Mark D.


Скачать книгу
ihn auf einmal für einen Banditen halten zu müssen, war doch befremdend.

      Curle Shibell war früher Soldat gewesen, Chief Sergeant, und gleich nach dem Krieg hatte er sich bei der Polizei beworben. Wenn er ein Bandit gewesen wäre oder auch nur ein Mensch, der ein Leben wie sein Bruder Oswald führte, so wäre das längst offenbar geworden.

      Er wußte höchstwahrscheinlich seit einiger Zeit von den dunklen Machenschaften seines Bruders, war möglicherweise jetzt zufällig hier aufgetaucht und hatte den von Oswald zurückgelassenen Zettel gefunden – der für einen anderen Mann bestimmt war.

      Sie standen mit den Pferden schon im Hof, als Wyatt plötzlich gebot: »Los, die Gäule in den Stall! Und dann hinüber ins Haus!«

      Während Doc Holliday und Luke Short Shibell und Horace in dem kleinen Schlafraum bewachten, versteckte sich der Marshal in der Küche hinter der Spindportiere.

      Im gleichen Moment, als ihm unten im Hof der Gedanke gekommen war, daß die von Oswald geschriebene Nachricht gar nicht für Curle bestimmt war, sondern für einen Mann, den Oswald erwartet haben mochte, hatte Wyatt Earp fern vom Steingeröll her das Geräusch von Hufschlag vernommen.

      Ein Reiter näherte sich der Ranch.

      Tatsächlich war auch jetzt das Geräusch von Hufschlag draußen im Hof zu hören.

      Harte, sporenklingende Schritte dröhnten auf dem Vorbau. Die Haustür wurde aufgestoßen, und dann waren die Schritte im Korridor. Da die Kerosinlampe noch brannte, setzte der Mann gleich seinen Weg fort.

      Wyatt hatte die Küchentür scharf im Auge.

      Ohne anzuklopfen öffnete der Fremde. Zu seiner namenlosen Verblüffung sah der Marshal einen Mann im Türrahmen stehen, den er fünfhundert Meilen von hier entfernt wähnte.

      Es war ein großer, schlanker, scharfäugiger Mensch in elegantem braunem Tuchanzug mit weißem Hemd und weinroter Samtschleife. Über der Jacke trug er den hellen Waffengurt, in dessen Halfter zwei große Revolver steckten.

      Dieser Mann war Nash Chandler, das Käsegesicht, wie der blasse Bursche auch genannt wurde. Der Schießer von Rapid City! Der etwa vierundzwanzigjährige Mann war der gefürchtetste Revolverschwinger, den Dakota seit den Tagen des Coltman Heeth je gekannt hatte. Vor zwei Jahren war er von Sheriff Windham festgenommen und vom Gericht in Raid City wegen Totschlags zu elf Jahren Straflager verurteilt worden.

      Der Outlaw war also ausgebrochen und hatte sich hier in den Süden abgesetzt, und ausgerechnet Anschluß bei den Galgenmännern gefunden!

      Wyatt hatte den üblen Schießer mehrere Male in Rapid City gesehen und war auch einmal mit ihm zusammengeraten.

      Der Mann sicherte nach allen Seiten, kam dann in den Küchenraum und trat an den Tisch, wo er die Zeitung aufhob und mit enttäuschtem Blick auf den leeren Tisch zurückwarf. Dann nahm er sie wieder auf, drehte sie hin und her, schüttelte sie und knüllte sie wütend zusammen.

      Er stieß einen unterdrückten Fluch aus und wollte die Küche verlassen.

      Da sah er einen Mann vor sich stehen.

      »Earp!« kreischte er entgeistert, wich zurück und prallte gegen den Tisch. »Das ist doch ein Spuk!«

      »Das will ich nicht hoffen, Nash.«

      »Wie kommen Sie hierher?« keuchte der Bandit.

      »Das ist merkwürdig, die gleiche Frage wollte ich Ihnen gerade stellen!«

      Dem geflüchteten Sträfling wurde seine scheußliche Lage erst jetzt voll bewußt. Der hochgewachsene Mann da vor ihm, mit den harten hellen Augen und dem kantigen Gesicht, war der Marshal Wyatt Earp! Der härteste Banditenjäger zwischen den Bergen Montanas und dem Golf von Mexiko.

      Der Marshal hatte die rasche Bewegung des Revolvermannes bemerkt. »Laß die Hand vom Colt, Nash! Es täte mir leid, wenn ich deinen schönen Anzug verderben müßte.«

      Der fahlgesichtige Bandit musterte ihn aus verkniffenen Augen.

      »Was wollen Sie hier, Earp? Wie kommen Sie hierher?«

      »Du wirst es mir zwar nicht glauben, Nash Chandler, aber ich habe hier auf dich gewartet. Weißt du, ich bin ein ziemlich anhänglicher Bursche und vor allem ein Freund von Sheriff Windham.«

      Wie gelähmt stand der Verbrecher da. Wenn nicht schon die Stimme des Missouriers ihn gebannt hätte, so gewiß dessen Augen.

      »Tut mir leid, Nash, du hast einen weiten Weg hinter dir. Ich hoffe, daß du keine Toten darauf zurückgelassen hast.«

      »Sie wollen mir allen Ernstes erzählen, daß Sie hier auf mich gewartet haben, Earp?«

      »Ja, Nash, das will ich dir erzählen. Oswald Shibell konnte leider nicht mehr auf dich warten. Er mußte weg. Hinc Travalgar hat ihm eine Botschaft gebracht.«

      Die Augen des Banditen waren schmal wie Schießscharten geworden. »Und – was wissen Sie von dieser Botschaft?«

      Da brach ein sprödes Lachen von den Lippen des Missouriers.

      »Es scheint dein Pech zu sein, Chandler, daß du die Männer mit dem Stern für reichlich dumm hältst. – Los, nimm die Hände hoch.«

      Die Arme des Banditen krochen bis in Schulterhöhe.

      Wyatt ging auf ihn zu und nahm ihm die Revolver aus dem Halfter.

      Der geflüchtete Sträfling hatte plötzlich allen Mut verloren. Die Tatsache, daß ausgerechnet der Marshal Earp ihn gestellt hatte, nahm ihm, der eine so lange Flucht hinter sich hatte, allen Wind aus den Segeln.

      Er wurde an den Händen gebunden, hinausgeführt und auf sein Pferd gesetzt.

      Luke Short brachte Curle Shibell und den Neger in den Hof.

      Shibell und der Schwarze wurden nicht gefesselt. Aber keiner von ihnen hatte eine Waffe.

      Der County Sheriff versuchte noch einen schwachen Protest.

      »Sie können mir doch nicht einfach meinen Revolver abnehmen, Marshal. Ich habe Ihnen nichts getan. Und selbst wenn mein Bruder ungesetzlich an Ihnen gehandelt hätte, berechtigt Sie das nicht, mich wie einen Verbrecher zu behandeln.«

      Wyatt, der neben ihm auf seinem Falbenhengst saß, entgegnete brüsk: »Ich behandele Sie nicht wie einen Verbrecher, Shibell. Aber da Sie der Bruder eines Banditen sind, ich Sie hier auf dessen Ranch angetroffen habe und Sie mich zweimal belogen, habe ich allen Grund, Ihnen ein gesundes Mißtrauen entgegenzubringen.«

      »Was haben Sie mit mir vor?«

      »Sie reiten mit nach Nogales.«

      »Das ist doch Wahnsinn, Wyatt«, begehrte der Sheriff auf. »Ich bin hierhergekommen, um meinen Bruder zu besuchen, nicht aber, um jetzt auch noch sechzig Meilen hinüber nach Nogales zu machen.«

      »Sie werden Ihren Bruder in Nogales finden.«

      »Ich habe keine Zeit für einen so weiten Ritt.«

      »Wer keine Zeit hat, Shibell, sollte in diesem Land nicht umherreiten. Die Leute Ihres Bruders haben mich auch nicht gefragt, ob ich Zeit hätte, als sie mich überfielen und hierher schleppten.«

      »Lassen Sie mich frei, Wyatt«, schlug Shibell dann einen vertraulichen Ton an. »Ich kann mir einen Ritt nach Nogales tatsächlich nicht leisten. Ich muß zurück nach Tucson.«

      Vielleicht hätte Wyatt Nachsicht walten lassen, aber einmal ganz davon abgesehen, daß Curle Shibell höchstwahrscheinlich auf irgendeine Weise versucht haben würde, seinen Bruder zu warnen, hatte der Name Tucson in dem Marshal eine sehr düstere Erinnerung wachgerufen.

      Auch in Tucson hatten die Galgenmänner gehaust. Sie hatten sich nicht gescheut, den Bericht, den der Missourier dort auf dem Gericht hinterlegt hatte, zu stehlen!

      Tucson war die Hauptstadt des Pima Counties, und Curle Shibell war dort County Sheriff. Diesen Mann freizulassen, das hätte ein zu großes Risiko bedeutet.

      »Vorwärts«,


Скачать книгу