Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 3 – Western - William Mark D.


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im O.K. Corral stattgefunden hatte. Gil kam wieder nach Hause, um hier in der Schmiede zu arbeiten, was er früher auch getan hatte. Aber seit einigen Wochen war er jetzt wieder verschwunden.

      Die alte Frau stand vor dem Tisch und starrte auf den Zettel. Hatte er etwas mit Judy zu tun? Mit ihrem Verschwinden?

      Wer hatte das Papierstück hier auf den Stubentisch gelegt?

      Die Frau hatte nicht die Zeit, sich länger mit den Gedanken zu befassen. Die Arbeit rief nach ihr. Bis in den späten Abend hinein schaffte sie unter unsäglichen Anstrengungen in ihrer von Dampfschwaden erfüllten Waschküche. Als sie dann ins Haus hinüberwankte und auf einen Stuhl in der Küche niedersank, ergriff plötzlich würgende Angst Besitz von ihr.

      Wo war Judy?

      Alma Morrison riß sich wieder hoch und lief zu ihrer Nachbarin Mrs. Lands hinüber, um der ihr Leid zu klagen. Mrs. Lands hatte einen Bruder, der einen Stern trug, es war James Lippit, einer der Deputies des Sheriffs.

      Mrs. Lands rannte sofort zum Office, wo sie ihrem Bruder erzählte, was sich bei der Nachbarin ereignet hatte.

      Der Hilfssheriff runzelte die Stirn.

      »Wenn sich Judy nicht einfindet, müssen wir sie suchen. Ich werde sofort mitkommen.«

      Er ging mit der Schwester zurück. Mrs. Morrison war bereits wieder in ihrem Haus. Sie berichtete dem jungen James Lippit alles noch einmal.

      Plötzlich fiel der Blick des Deputys auf den Zettel, der immer noch auf dem Tisch lag.

      Die alte Frau bemerkte den Blick des Burschen und sagte hastig: »Das Papier lag da, als ich heute nachmittag nach Judy suchte.«

      Der Deputy blickte auf die Worte und forschte: »Kann Judy das nicht geschrieben haben?«

      »Nein, das ist nicht ihre Schrift!«

      »Trotzdem, machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Morrison, wir werden Ihre Tochter schon finden.«

      Die Frau begann leise zu weinen. Die Tränen rannen wie kleine silberne Kugeln durch die tiefen Runen ihres pergamentfarbenen Gesichtes.

      »Ich habe das dunkle Gefühl, James, daß etwas Schweres, Dunkles auf mich zukommt«, stammelte Alma Morrison.

      Und dieses Gefühl täuschte sie nicht.

      Es kam wirklich etwas Schweres, Dunkles auf sie zu. Ihre Tochter Judy war entführt worden; und zwar von den gleichen Männern, die Gil suchten.

      Mitten in der Nacht – Mrs. Morrison lag schlaflos auf ihrem Lager – zertrümmerte ein Stein eines ihrer Stubenfenster. Die tödlich erschrockene Frau sprang auf, eilte auf zitternden Beinen und mit fliegendem Atem in den Nebenraum, zündete den Docht der alten Kerosinlampe an und sah mitten in der Stube ein weißes Knäuel liegen, das mit einer Schnur umwickelt war.

      Es war ein Stein, um den ein Stück Papier gebunden war.

      Die Frau schüttelte den Kopf, starrte auf die zertrümmerte Scheibe und wollte sich seufzend wieder in ihr Schlafgemach legen, als sie sich plötzlich an eine Geschichte erinnerte, die Judy ihr einmal erzählt hatte. Die Mutter wußte nicht, daß das Mädchen diese Story von ihrem Bruder Gilbert hatte.

      Da war auch irgendwo ein Stein in ein Fenster geworfen worden, irgendwo in dem gefährlichen Verbrechernest Tombstone wahrscheinlich. Und um diesen Stein war ein Blatt Papier mit einer Nachricht gewickelt worden…

      Hastig wandte sich die alte Frau um, nahm den Stein wieder auf und stellte die Lampe auf den Tisch. Mit zitternden Händen entfernte sie die Schnur und versuchte, den zerknüllten Zettel zu glätten.

      Tatsächlich, er war beschrieben.

      Aber die Buchstaben verschwammen ihr vor den Augen. Es war eine kleine, undeutliche Schrift.

      Hilflos ließ Alma Morrison den Zettel auf den Tisch sinken und überlegte verzweifelt, wie sie die Worte entziffern konnte. Sie hatte früher einmal eine Brille gehabt, aber die war drüben im Waschhaus hingefallen und seitdem nicht mehr repariert worden. Es gab hier in Nogales keinen Brillenmacher. Dazu mußte man entweder nach Phoenix oder aber nach Flagstaff hinauffahren.

      Wie ein gefangenes Tier lief die alte Frau durch die Stube, abgerissene Worte vor sich hin murmelnd.

      Plötzlich blieb sie vor dem Vertiko stehen, von dem es ihr grünlich entgegenfunkelte.

      Lag da nicht das zerbrochene Lupenglas, mit dem ihr Mann, der niemals eine Brille gehabt, aber in den letzten Jahren doch eine gebraucht hätte, die Gazette gelesen hatte?

      Jetzt reflektierten die Linsenstücke das Licht, das durch den grünen Schirm der Kerosinlampe auf sie fiel.

      Mrs. Morrison griff nach dem größten Scherbenstück. Judy hatte die Lupe damals im Hof fallen lassen, doch die Mutter hatte sich nicht entschließen können, das Glasstück wegzuwerfen, weil ihr verstorbener Mann noch auf dem Sterbelager damit die Gazette gelesen hatte…

      »Wirf doch die Scherben weg!« Wie oft hatte Judy das gesagt. Und Gil hatte die beiden Stücke sogar schon einmal in den Abfalleimer geworfen. Aber die Mutter hatte sie gefunden und wieder herausgenommen.

      Sie wischte den Staub von dem größten Glasstück und nahm dann den Zettel wieder auf.

      Wie Spukbilder sprangen die winzigen mit Tinte geschriebenen Buchstaben unter dem Glas verzerrt auseinander und schienen sie verspotten zu wollen, hatten plötzlich Gesichter, grinsten sie an und verschwammen wieder, in sich zusammenkriechend wie Schneckentiere.

      »Wo… ist… Gil«, las sie mühsam mit keuchendem Atem. »Wenn Gill nicht zurück… kommt, kommt… das Mädchen… auch… nicht mehr…«

      Der Zettel entglitt der Hand der Wäscherin.

      So einfach die Frau auch war, plötzlich hatte sie doch begriffen: Man hatte Judy entführt!

      »Nein!« keuchte sie. Und sie wußte doch, daß es so war. Vielleicht wäre sie nicht einmal so schnell darauf gekommen, wenn sie nicht noch vor Stunden von Judy selbst die Sache mit Bensons Kind gehört hätte. Und vom Tod des Viehhändlers.

      Was ging in Nogales vor?

      Harry Bensons Tochter war in der Nacht aus dem Haus geholt worden!

      Am hellichten Tag hatte man den Viehhändler Cox meuchlings ermordet!

      Und nun war Judy weg!

      Sie haben sie entführt! hämmerte es im Hirn der alten Frau. Sie muß von den gleichen Menschen entführt worden sein, die wissen wollen, wo Gilbert ist!

      Aber das wußte sie doch selbst nicht! Sie hätte ihnen diese Frage also gar nicht beantworten können!

      Kopflos lief sie in ihrer Stube auf und ab, dann kleidete sie sich plötzlich in rasender Eile an und wollte auf die Straße hinauslaufen.

      An der Tür hielt sie schreckgelähmt inne. Vor ihr stand ein Mann. Groß, breitschultrig und reglos verharrte er da, wie ein Schemen aus dem Dunkel.

      »Gil!« entfuhr es den bebenden Lippen der Frau.

      Der Mann bewegte sich nicht.

      Da wich sie zurück, klammerte sich an den Türpfeiler.

      Nein, es war nicht Gil! Er konnte es nicht sein, denn der Mann da war größer!

      Die Wäscherin glaubte, das Herz müsse ihr stehenbleiben.

      Würgende Angst bannte sie auf die Türschwelle. Tief in sich zusammengekauert hockte sie da und starrte auf den Mann, der wie eine Wand vor ihr aufragte.

      Endlich, nach Ewigkeiten, kam Leben in die Gestalt des Mannes. Er bewegte sich, drehte sich um und ging mit harten, sporenklingenden Schritten über die Straße davon.

      Immer noch wie gelähmt vor Angst starrte die Frau hinter ihm her, sah ihn längst nicht mehr, lauschte aber seinem Schritt, dessen Geräusch nicht schwächer werden wollte.

      Wie von Furien gejagt richtete sie sich auf und eilte ins


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