Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
überlegte der sonst so geriebene Agent: Das wäre ungeheuerlich. Schließlich hatte er das Geld für die Rinder bereits einmal kassiert! Und wenn er ihn nun schon einmal um die gleiche Summe prellen sollte? Unfaßbar, denn dann hätte er, Cox, die Rinder viel zu hoch bezahlt.
Der Bandit zischte: »Damit wir uns verstehen, heute mittag um zwei Uhr komme ich wieder. Mach keine Dummheiten. Solltest du auf den Gedanken kommen, irgend jemand mitzubringen, beispielsweise den Sheriff, dann ist es aus mit dir, Cox. Also, um zwei Uhr. Mit dem Geld!«
»Mit wieviel Geld?« rief der Agent bebend.
»Mit dem ganzen Geld. Du wirst einen Prozentsatz davon bekommen.«
»Aber das ist doch unmöglich. Erstens kann ich die Rinder nicht so schnell verkaufen und zweitens…«
»Du kannst sie verkaufen«, unterbrach ihn der Bandit.
Wie ein Phantom verschwand der Graue.
Cox stand benommen da. Was war geschehen? Einer der Galgenmänner war bei ihm gewesen und wollte ihn erpressen. Daß sie in der Stadt sein sollten, hatte er bereits am frühen Morgen gehört. Vor dem Haus des Pferdehändlers Benson hatte ein Galgen gestanden. Das wußte ganz Nogales. Und auch, daß Phin Clanton in der Stadt war, wußte man.
Cox hatte es sogar schon in der Nacht gewußt, als ihm die Rinder gebracht wurden. Die fünf Cowboys, die die Tiere bei ihm ablieferten, hatten zwar nichts von Phin erwähnt, aber als er einen von ihnen fragte, wer denn der Boß sei, entgegnete der Mann: »Darüber darf nicht gesprochen werden.«
Und das hatte dem Agenten genügt. Wenn nicht darüber gesprochen werden durfte, dann konnte der Boß nur Clanton heißen, und zwar Phin Clanton. Nicht zum erstenmal hatte er hier ein solches Geschäft gemacht.
Auch hier zeigte sich wieder das Schattenhafte der Clantons. Cox wußte nicht mit Sicherheit, ob Phin dahintersteckte. Und jetzt wurde er also erpreßt. Das allerdings deutete ganz entschieden auf Phin!
Der Agent stürmte die Mainstreet hinauf und stieß die Tür zum Sheriffs Office auf.
Der kleine Gesetzesmann blickte ihm finster entgegen.
»Was wollen Sie denn, Cox? Sehen Sie denn nicht, daß ich beschäftigt bin?«
»Doch, das sehe ich!« schrie der vitale Mann wütend. »Aber ich habe Ihnen etwas zu sagen. Ich bin soeben bei mir im Futterhaus von einem Galgenmann überfallen worden.«
Der Sheriff federte hoch. »Jetzt reicht es mir aber«, zischte er. »Mitten in der Nacht stürmt Harry Benson hier herein und faselt etwas von Galgenmännern. Am Vormittag ist es der Mayor, und jetzt kommen Sie! Lassen Sie mich endlich zufrieden mit diesem Unsinn!«
»Das ist kein Unsinn!« belferte der Viehagent. »Und ich erwarte von Ihnen, Sheriff, daß Sie sich der Sache sofort annehmen. Dieser Bandit verlangt von mir, daß ich die Rinder, die ich in meinem Corral stehen habe, bis zwei Uhr verkaufen soll. Er will das ganze Geld.«
»Aber das ist doch nur Bluff«, entgegnete der Sheriff und ließ sich müde hinter seinem Schreibtisch nieder, um seine Arbeit fortzusetzen.
Der Viehagent riß ihn von seinem Platz hoch.
»Hören Sie genau zu, Cornelly, was ich Ihnen jetzt sage: Um zwei Uhr stehen Sie neben mir in meinem Futterhaus. Und nicht nur Sie, sondern auch Charly Holderman und James Lippit.«
Der Sheriff stützte den Kopf in beide Hände und blickte auf; ganz leise sagte er: »Was bilden Sie sich überhaupt ein, Cox? Glauben Sie, wir hätten nichts anderes zu tun, als Sie und Ihre verrückten Kühe zu bewachen? Hier in der Stadt gehen ganz andere Dinge vor.«
»Ich weiß, die Galgenmänner sind da – und Phin Clanton.«
Da sprang der Sheriff auf und schrie: »Hinaus!«
Der Agent schob sein massiges Kinn vor, ballte die Fäuste und holte zum Schlag aus.
Da öffnete sich drüben hinterm Gewehrschrank die Hoftür, und ein Mann tauchte in ihrem Rahmen auf, bei dessen Anblick der Viehhändler zurückwich.
»Phin!« entfuhr es ihm.
Der Tombstoner Cowboy kaute auf einem Zündholz herum und feixte: »Hallo, Cox, wie steht’s?«
Der Sheriff stand wie versteinert da. Er war offenbar so überrascht wie Cox.
Der Agent schluckte. »Hallo, Mister Clanton. Wie soll’s gehen. Gut, gut. Und ich hoffe, Ihnen geht’s auch gut.«
Phin ließ sich auf den dreibeinigen Hocker nieder und streckte seine langen Beine ungeniert von sich. Während er das Zündholz dicht am Schädel des Agenten vorbeispie, meinte er: »Ziemlich laut hier in Nogales.«
Der Agent bewegte sich langsam zur Tür zurück.
»Ja, ja, seit einiger Zeit. Aber ich denke, das gibt sich wieder. Guten Tag.«
Die Tür fiel hinter ihm zu.
Kurz vor zwei Uhr stand Cox in seinem Futterhaus und starrte auf die Mauer, die am Ende seines Gartenstückes sein Anwesen umgab. Von dort her mußte der Galgenmann kommen, da er kaum den Straßeneingang benutzen würde.
Von der kleinen presbyterianischen Kirche schlug es blechern zwei.
Cox zuckte zusammen. Hinter ihm raschelte es in den Strohballen.
Er wirbelte herum. Und sah sich dem Galgenmann gegenüber, der sich dort versteckt gehalten hatte.
»Das Geld!«
»Ich habe es nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich konnte es nicht bekommen. Ich sagte Ihnen doch, daß ich die Rinder nicht so schnell verkaufen kann!«
»Das kann ich meinem Boß nicht erzählen.«
»Sie müssen es ihm sagen. Ich kann die Tiere nicht so schnell verkaufen.«
»Tut mir leid«, entgegnete der Bandit eiskalt, riß einen Revolver aus dem Halfter, und ehe der Agent an eine Gegenwehr denken konnte, fauchte ihm der Schuß entgegen und riß ihn von den Beinen. Mit einem dumpfen Aufprall schlug der schwere Körper des Getroffenen auf den lehmgestampften Boden des Futterhauses auf.
Wie ein Schemen huschte der Mörder hinaus.
Knapp eine Viertelstunde später kam eine der Mägde durch die offenstehende Tür ins Futterhaus und sah den Händler mit verzerrtem Gesicht blutüberströmt am Boden liegen.
Jonathan Cox war tot. Er hatte sein Hehlergeschäft mit dem Leben bezahlt.
Und hinten in seinem Hof stand ein Galgen.
Wann er aufgerichtet war und wer es getan hatte, vermochte niemand mehr festzustellen.
Der Sheriff wurde gerufen, er besichtigte den Toten und den Galgen und verließ stumm das Anwesen des Viehhändlers. Es wußte ja niemand, daß Cox ihn um Hilfe gebeten hatte, also klagte ihn auch niemand an.
Es war drei Uhr. In der City Hall versammelten sich die Menschen. Die Verhandlung gegen den Pferdedieb Jimmy King konnte beginnen.
Man wußte in der Stadt bereits, daß Mister Croydon als Richter gerufen worden war. Der Mayor selbst hatte ihn auf Anraten einiger Leute des Stadtrates kommen lassen. Er wußte nicht, daß hinter dem Anraten und hinter den Stadtvätern Phin Clanton stand. Eigentlich war es nur ein Mann gewesen, der dem Mayor den Rat gegeben hatte, den Richter zu rufen, nämlich der Butcher Lincoln. Ihm hatten sich dann zwei andere angeschlossen, die fanden, daß man Croydon in diesem Fall rufen sollte, denn der gefürchtete Richter würde ein Exempel statuieren. Und die in letzter Zeit zunehmenden Pferdediebstähle würden dann ein für allemal in Nogales und Umgebung aus der Welt geschafft werden.
Die City Hall war angefüllt mit Menschen, und der hagere Richter saß vorn hinter seinem Tisch, flankiert vom Sheriff und dem Mayor.
Als der Gefangene von einem der Deputies vorgeführt wurde, warf er einen raschen Blick in den Zuschauerraum, wo