Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
Mister Earp. Ich werde es Ihnen sofort zeigen.«
»In Ordnung.«
Der Marshal verließ das Office, ohne den Sheriff noch eines Wortes zu würdigen, trat in den Hof, besprach sich kurz mit Holliday und ging dann mit dem Hilfssheriff hinaus und ließ sich das Haus des Pferdehändlers zeigen.
Harry Benson stand in seinem Wohnzimmer am Fenster und beobachtete die Straße. Er sah die beiden Männer kommen.
Der Deputy ging wieder zurück, und der Marshal betrat den Vorbau.
Da öffnete sich die Tür, und der Pferdehändler musterte den Fremden argwöhnisch.
»Wer sind Sie?« stieß er hervor.
»Mein Name ist Earp, Wyatt Earp. Ich hörte im Sheriffs Office, was geschehen ist.«
Da stürzte der Pferdehändler auf den Marshal zu und umspannte mit beiden Händen seine Rechte.
»Wyatt Earp? Großer Gott, Sie kommen im richtigen Augenblick in die Stadt, Marshal! Meine Tochter ist entführt worden, ein kleines Mädchen von sechs Jahren. Ich bitte Sie, ein kleines, hilfloses Ding! Nachts haben sie Joan hier aus dem Haus geholt. Meine Frau hat einen Nervenzusammenbruch erlitten…«
»Beruhigen Sie sich, Mister Benson«, unterbrach der Marshal den Redefluß des verängstigten Vaters. »Kann ich einen Augenblick drinnen mit Ihnen sprechen?«
»Ja, natürlich, bitte, kommen Sie doch herein.«
Als der Missourier das Haus nach einer Viertelstunde verließ, stand schräg gegenüber auf dem Vorbau der Monitor Bar ein Mann, der ihn offensichtlich beobachtete.
Wyatt ging an ihm vorbei, blieb plötzlich stehen, drehte sich um und trat auf ihn zu.
»Sie haben auf mich gewartet, Mister?«
Der Mann hatte ein schmales Mexikanergesicht und einen dünnen, ausrasierten Schnurrbart. Er wich zwei Schritte zurück und schnarrte in gebrochenem Englisch, wie es die Mexikaner sprechen: »Ich? Auf Sie? Nein, Mister Earp, ich kenne Sie doch gar nicht. Warum sollte ich hier auf Sie gewartet haben?«
»Sie kennen mich nicht und wissen doch meinen Namen?«
»Nein, ich hörte – ich vermutete – ich – ich…«
»Kommen Sie mit!« Wyatt ergriff ihn am Arm und führte ihn ins Sheriffs Office.
Er war nicht verwundert, den kleinen Cornelly hier nicht mehr vorzufinden.
»Seit wann ist er weg?« fragte er Lippit, der den Mexikaner sofort in Empfang nahm.
»Als ich zurückkam, war er schon nicht mehr hier.«
»Wo kann er hingegangen sein?«
»Möglicherweise in den Frontier Saloon, oder…«
»Wissen Sie, wo sich Phin Clanton aufhält?«
»Nein. Gestern soll er im ›Gold-Dollar‹ gewesen sein.«
»Wo ist die Schenke?«
»Wenn Sie hier die Straße ein Stück hinuntergehen, auf der linken Seite. Ein ziemlich neues, großes Haus.«
»All right, bringen Sie den Mex ins Jail. Er gehört zu der Bande. Ein Spitzel wahrscheinlich!«
Eine Viertelstunde später betrat der Missourier den Gold-Dollar Saloon.
Der Schankraum war vollkommen leer. Trotz der Abendstunde. Über der Theke brannte eine einzige schwache Kerosinlampe, in deren Schein eine schwarzhaarige junge Frau eine Gazette studierte.
Der Marshal trat an die Theke.
Da blickte die Frau auf. »Sie wünschen?«
»Ich suche Phin Clanton.«
Die Frau richtete sich mit einem Ruck auf und wurde blaß unter der dunklen Haut.
»Phin?«
»Ja.«
»Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Earp.«
»Wyatt Earp?« stieß sie tonlos hervor.
»Ja. Wo finde ich Phin?«
»Ich weiß es nicht. Er war heute noch nicht hier.«
»Wissen Sie nicht, wo er wohnt?«
»Nein, das weiß ich nicht. Vielleicht bei Saunders.«
»Wer ist das?«
»Der Sattler, er wohnt hier nebenan in der Gasse. Es ist das dritte Haus auf der rechten Seite.«
Wyatt bedankte sich und ging hinaus.
Kaum hatte er die Ecke der Gassenmündung erreicht, als er – trotz der Dunkelheit – sah, wie die Frau aus dem Hoftor trat.
»Hallo, Madam!«
Verblüfft blickte sie sich um.
Da rief ihr der Missourier zu: »Geben Sie sich keine Mühe, mich in der Gegend herumzuschicken, damit Ihr Freund Phin einen besseren Vorsprung bekommt. Ich hole ihn ein, verlassen Sie sich darauf!«
Wyatt ging zurück. Er war davon überzeugt, daß Phin längst die Stadt verlassen hatte.
Auf einem Vorbau saß ein älterer Mann in einem Schaukelstuhl, stieß sich immer wieder mit einem Fuß von einem Vorbaubalken ab und hielt sich dadurch in ständiger Bewegung.
Wyatt erkundigte sich bei ihm nach dem Haus der Morrisons.
Der Mann federte sofort hoch, bewies dadurch bedeutend mehr Jugendlichkeit, als man ihm zugetraut hätte, und hielt beide Hände über den Revolverknäufen.
»Na, na«, meinte der Marshal. »Was ist denn hier los?«
»Wer sind Sie?« fragte der Mann.
»Mein Name ist Earp.«
»Earp?«
»Und wer sind Sie?«
»Mein Name ist… Ich heiße Miller.«
»Well, Mister Miller, dann zeigen Sie mir doch bitte das Haus der Familie Morrison.«
Der sonderbare Mister Miller erklärte ihm den Weg zur Wäscherei.
Wyatt blieb jedoch noch stehen. »Mister Miller, ich hätte noch eine Frage. Können Sie mir vielleicht auch sagen, wo ich Oswald Shibell finde?«
Es war nur eine Eingebung gewesen, aber sie hatte die Wirkung eines Granateneinschlags.
»Mister« Miller, griff zum Revolver.
Doch der Mann aus Missouri war schneller. Er stieß ihm den Lauf seines Buntline Specials vor die Brust, zog ihm beide Waffen aus dem Halfter und schleuderte sie auf die Straße.
»Kommen Sie, Miller, wir unterhalten uns im Sheriffs Office weiter.«
Doc Holliday lehnte im Office zwischen Tür und Fenster, wie er es immer gern tat, Luke Short stützte sich oben auf dem Gewehrständer auf, und Sheriff Shibell stand neben dem Schreibtisch.
Auch der Deputy war da. Nur Sheriff Cornelly nicht. Wyatt wußte jetzt, daß er mit Phin die Stadt verlassen hatte.
Mister Miller sah sich nach allen Seiten um und hob dann langsam die Hände.
»Ich gebe es auf«, stotterte er. »Ich will nicht mehr. Ich hatte ohnehin keine Lust.«
»Wovon sprechen Sie, Mister Miller? Wir verstehen Sie nicht.«
Miller ließ die Hände sinken.
»Verdammt. Sie verstehen mich genau, Mister Earp. Sie wissen, was hier los ist.«
»Ich will es von Ihnen noch einmal hören.«
»Nun, wir sind hierhergekommen, weil Phin es wünschte. Er hatte eine Sache mit dem Mayor, liegt schon eine Weile zurück. Jetzt wollte er sich an ihm rächen, deshalb hat er den Richter