Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci

Das lustige Komödienbüchlein - Franz Pocci


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zu schütteln, schlagt den Kopf ihm ab,

       Damit er schweige, mag er sein, wer immer.

      Purpur.

      Geh' nun zur Königin, entbiet sie her,

       Damit ihr mütterliches Herz ich ganz beschwicht'ge.

      Herold. Wie ihr befehlt! (geht ab.)

      Purpur. (allein.)

      Der Sorge war ich ledig!

       Was ist ein König doch mit Kümmernissen

       Jedweder Art bedroht! Ist hier geordnet,

       Taucht wieder dort ein neu Geschäft empor.

       Bald ist's der Staat, bald ist's das eig'ne Haus

       Und sonst'ge Angelegenheit: Krieg oder Frieden,

       Verwaltung jeder Art nimmt stets in Anspruch.

       Sieh da, die Kön'gin!

      Hermeline (tritt ein)

      Purpur.

      Sei zur guten Stunde

       Willkommen mir. Nun leg' die Sorgen ab.

       Gescheh'n ist, was zu thun war, frei das Feld.

      Hermeline.

      Dein trefflich Herz erkenn' daran ich wieder,

       Daß deine Weisheit Fürsorg hat getroffen.

       Nicht Eine Spindel mehr im ganzen Land?

      Purpur. Nicht Eine, dafür sorgt die Polizei! – Doch Röslein?

      Hermeline.

      Lautenklang ist grad' bei ihr.

       Ich trug ihm auf, sie nicht zu exaltiren

       Durch Schwärmerei und durch romantisch Wesen.

       Kulturhistorisch soll er auf sie wirken,

       Damit ihr Geist in richt'gen Schranken bleibe,

       Nicht etwa frei hin schweife in Regionen,

       Die ihre zarten Nerven afficiren.

      Purpur.

      Vortrefflich! selber muß ich dir gesteh'n:

       Des Dichters Richtung bin ich müd und satt.

       Auf gute Art werd' ich ihn bald entfernen

       Von meinem Hof und geb' ihm die Pension.

       Der Zeiten Umschwung hab' auch ich erfaßt,

       Begriffen was die Welt jetzt will. Der Fortschritt

       Läßt sich nicht hemmen und man will Reales;

       Romant'sche Träumerei'n sind aus der Mode,

       Mir liegt daran, das Technische zu fördern.

       Die Spindel hab ich abgeschafft, Maschinen

       Zum Spinnen sind ein trefflicher Ersatz;

       So treff' zwei Fliegen ich mit Einem Schlag.

       Gefährliches entfernend führ' ich ein,

       Was aller Welt jetzt Nutzen bringen mag.

      Hermeline.

      So fügt zum allgemeinen Beßten sich,

       Was eig'ne Zwecke fördert.

      Purpur.

      Meine Räthe

       Versamml' ich nun, Staatszwecke zu verhandeln

       Und in zwei Stunden geht's zum Abendtisch.

      (Beide ab.)

      Verwandlung.

      Enges Erkerstübchen.

      Eine alte Frau sitzt an der Spindel und spinnt. Zu ihren Füssen ein knurrender Kater.

      Die Alte (singt.)

      Ich sinn' und spinne manches Jahr

       Den Faden fein wie Frauenhaar;

       Die Welt dreht sich in Einem fort,

       Doch Alles bleibt am alten Ort.

       Sie dreht sich fort im Schwindel

       Wie in der Hand die Spindel.

      Als Eva Adam nahm zum Mann,

       Sie auch das Spinnen gleich begann;

       Sie spann und webte Hemdlein schon

       Für Kain, ihren ersten Sohn.

       Die Welt dreht sich im Schwindel

       Wie in der Hand die Spindel.

      Und also that das erste Weib,

       Es spann zu seinem Zeitvertreib,

       Und dieß war bei den Andern all,

       Die ihm nachfolgen, auch der Fall.

       Die Welt dreht sich im Schwindel

       Wie in der Hand die Spindel.

      (Röslein guckt zur halbgeöffneten Thür herein.)

      Die Alte (singt fort.)

      Ihr Mägdlein lernt das Spinnen gut;

       Die Spindel sticht, da fließet Blut.

       Ihr lieben schönen Jungfräulein,

       Das Spinnen will gelernt auch sein.

       Die Welt dreht sich im Schwindel

       Wie in der Hand die Spindel.

      Röslein. (eintretend.) Ei wie schön du singst?

      Alte. Wer ist da? Ein lieb Jungfräulein! Wie kömmst du herauf in mein einsames Loch?

      Röslein. Ich bin dem Schnurren deiner Spindel gefolgt.

      Alte. Das freut mich, denn ich habe schon viele Jahre kein menschlich Wesen geseh'n.

      Röslein. Wie kömmt das, gutes Weib?

      Alte. Ich bin ein altes Hofmeubel, das längst aus den Gemächern entfernt wurde.

      Röslein. Du bist ja ein menschlich Wesen.

      Alte. So halb und halb, wie man's nehmen will. Ich bin die Spindel, mit der die Mutter des Königs Purpur spann. Als die starb, ward ich da herauf gestellt und schnurre aus alter Gewohnheit noch immer so fort.

      Röslein. Ei wie? Sorgt Niemand für dich?

      Alte. Siehst du den Kater? Er ist mein Freund und fangt Mäuse, die wir zusammen verzehren.

      Röslein. Pfui! wer wird auch Mäuse essen?

      Alte. Liebes Kind, es ist Alles nur Gewohnheit. Wenn es üblich wäre, Mäuse auf die Tafel zu setzen, so würden sie aller Welt schmecken. Ißt man doch viele andere Thiere, die nicht so appetitlich und sauber, sind wie die niedlichen Mäuslein.

      Röslein. Ich könnte mich doch nicht daran gewöhnen. Sieh da, was hast du für eine schöne goldene Spindel!

      Alte. Gib Acht, gutes Mädchen, du könntest dich daran stechen; denn sie ist an beiden Enden spitz.

      Röslein. Ach, ich möchte gar zu gern auch ein bißchen spinnen.


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