Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci

Das lustige Komödienbüchlein - Franz Pocci


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Indem ein kleines Lied ich schnell ersinne,

       Dem Kind geweiht, das auf dem Arm sie wiegt.

      (Singt zur Laute.)

      Mit Blumen aller Arten

       Und süßen Duft und Hauch

       Blüht in des Frühlings Garten

       Ein kleines Röslein auch.

      Erwärmt vom Sonnenstrahle,

       Erfrischt vom Tröpflein Thau,

       Ein Sitz dem Bienemahle,

       Gewiegt von Lüftlein lau.

      (Es hebt sich ein Sturm.)

      Hermeline.

      Weh uns! hört ihr den Sturm sich jetzt erheben?

       Wenn er dem Kind nur nichts zu Leide thut!

      Purpur. Grundloses Bangen! Setzt den Sang nur fort.

      Lautenklang (singt weiter.)

      So blüht's und schaut in's Leben,

       Und mög es wohl gedeih'n!

       Gott woll' dem Röslein geben

       Den hellsten Sonnenschein!

      (Der Sturm wird mächtiger.)

      Hermeline. Hört's nur! sie nah'n, die ich im Traum geseh'n!

      Purpur.

      Wer naht? dich schreckt die Angst vor dem Gewitter,

       Verlaß den Ort und leg das Kind zur Ruh!

      (Wiltrud und Scohlint erscheinen.)

      Wiltrud.

      Wir sind's, wir sind's, die ungebet'nen Gäste,

       Die ihr vergessen habt bei eurem Feste.

      Scohlint.

      Wir sind's, wir sind's, zu bringen unsre Gaben;

       Wir bieten euch das Beßte, was wir haben.

      Hermeline und Purpur. Weh uns, da sind die bösen Zauberfrau'n!

      Wiltrud.

      Wir reichen eurem Kind als Weihgeschenk

       Den Fluch, dem seinerzeit Erfüllung folgt.

      Scohlint.

      Daß Röslein sich an einer Spindel sticht,

       Wenn fünfzehn Mal der Mai sie hat begrüßt.

      Wiltrud.

      Und mit dem Stich fällt sie in tiefen Schlaf,

       Ihr selbst auch und was lebt im Königshaus.

      Scohlint.

      Ein Dornstrauch wird umwuchern den Pallast:

       »Dornröslein« sei fortan das Kind genannt!

      Wiltrud und Scohlint.

      Hört's König Purpur, Königin Hermelin:

       Den Fluch schenkt euch das Zauberschwesternpaar!

      (Ein Donnerschlag.)

      Der Vorhang fällt.

      II. Aufzug.

      Trompetenstoß. Der Herold tritt auf.

      Herold.

      Hört's alle, holde Mägdlein, schöne Frauen,

       Was König Purpur mich hieß kund euch thun:

       Von heut an darf man keine Spindel schauen,

       Und eu're Hände soll'n vom Spinnen ruh'n.

       Ihr möget weben, stricken oder näh'n,

       Wie's Frau'n und Fräulein ziemt, doch nie gesehen

       Werd' eine Spindel mehr; ich sag' es zweimal euch,

       Damit ihr's Alle, Alle hört im Reich.

       Die Rocken werft in's Feuer und kauft den Faden

       Zum Linnenzeuge außer Land im Laden.

       Dieß ist des Königs strenges Aufgebot;

       Wer nicht gehorcht, den trifft alsbald der Tod.

       D'rum wagt nicht, etwa heimlich gar zu spinnen,

       Nicht Eine wird der Strafe dann entrinnen.

       Hört's Alle! Wenn ich rede, aufgepaßt!

       Sorgt, daß ihr auf der That nicht seid erfaßt.

       Was ich verkünde in des Königs Namen,

       Ist streng Gesetz und dabei bleibt es. Amen!

      Trompetenstoß. (Ab.)

      Romantischer Wald (wie im ersten Aufzuge.)

      Lautenklang sitzt schreibend unter einem Baum; Christoph unfern von ihm aus einer Flasche trinkend.

      Lautenklang.

      Der Stoff ist exponirt, der Knoten auch

       Geschürzt und die Verwicklung soll nicht fehlen;

       Einheit des Ortes, wie's die Regel will.

       Was liegt noch an der Zeit? die fünfzehn Jahre,

       Die nun verflossen, deckt der Zwischenakt.

       Ich lebte mittlerweile gut am Hof des Königs,

       Nichts fehlte mir in jeglicher Beziehung.

       Dornröslein wuchs heran zur schönen Jungfrau,

       Und hat die Kinderschuhe abgelegt.

       Bisher hat mir der Held im Stück gefehlt,

       Als Kind war die Prinzessin zu passiv;

       Tritt sie aktiv von nun an in das Leben,

       So ist mir auch die Hauptperson gegeben.

       Begierig bin ich selbst, wie sich's gestaltet,

       Und wie sich der dramat'sche Knoten löst;

       Denn ist Prinzessin Röslein eingeschlafen –

       Was soll geschehen, wird sie nicht aufgeweckt?

       Wohlan, ich kehr' zurück in's Königsschloß,

       Daß nicht ein Augenblick'chen sei versäumt.

       Der Catastrophe harrend, die sich naht.

      (Vertieft sich in seine Dichtung.)

      Christoph. Der Stoff ist lobenswerth, allein mit Schrecken bemerke ich, daß nun auch das Vacuum eingetreten ist. Die Flasche ist leer. Leerheit! von jeher hab ich dich gehaßt. Von einem dummen Kerl sagt man er sei ein leerer Kopf, so halte ich denn eine leere Flasche auch für eine Dummheit. Uebrigens kann ich zufrieden sein; denn meine Geschäfte waren bisher nicht anstrengend, insoferne nicht auch die Erfüllung der Selbsterhaltungspflicht zur Last werden kann, denn am Essen und Trinken hab ich's keinerzeit fehlen lassen. Ich habe mich dadurch als einen ächten Hofmann scalifizirt.

      Nun bin ich aber neugierig, wann einmal der große allgemeine Schlaf beginnt, den uns die allerliebsten zwei Blocksbergbewohnerinen prophezeit haben, oder: wann die Prinzessin sich an der Spindel stechen wird? Deßhalb hat auch der König alle Spindeln


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