Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci
sie aus Nebengründen; Mittelmäßigkeit, die sich zu schmiegen weiß, erheben sie! Ich möchte meine Pallette zerbrechen und meinen Pinseln oder mir selbst die Haare ausreissen!
(Es klopft.)
Weh mir! in dieser Stimmung einen Besuch! – Herein!
(Polizei Commissär Karrnpichler tritt ein. Er stottert)
Schmierpinsel. Wen habe ich die Ehre, bei mir zu sehen?
Polizeicommissär. I-i-ich bin der Po-po-po-lizei-Commissär Ka-ka-ta-karrnpi-pi-pi-pi-pichler.
Schmierpinsel. Was steht einer hohen Polizei zu Diensten?
Polizeicommissär. Ma-ma-ma-man hat in Erfa-fa-fahrung gebrrr-racht, da-da-daß Sie eine Da-da-da-dame mißhandelt haben.
Schmierpinsel. Wie? ich – eine Dame mißhandelt? Wie kann die Polizei so Etwas von mir muthmaßen?
Polizeicommissär. Das Ge-ge-ge-richt mu-mu-mu-muthmasset nie, es weiß Alles gewi-wi-wi-wiß! Ma-ma-man hat A-A-A-Anzeige erhalten.
Schmierpinsel. Wer hat es gewagt mich zu verläumden? ich bitte um Beweise.
Polizeicommissär. Die Be-be-be-Beweise sind, daß die Da-Dame selbst Anzeige gema-ma-macht hat und einen E-ee-eselskopf in die A-A-A-Amtsstube gebracht hat!
Schmierpinsel. Was habe ich mit dergleichen zu thun? Was geht das mich an, wenn eine Dame mit einem Eselskopf auf die Polizei kömmt?
Polizeicommissär. Die Dame behaupte-te-te-te-te-te, daß Sie diesen E-e-selsko-ko-kopf als ihr Porträ-trä-trä-trät gemalt und sie dann zur Thü-thü-thü-Thüre hinausgewo-wo-wo-worfen haben, und ich bin beauftragt, Sie deßwegen zu arre-re-re-re-retiren.
Der Herr Po-po-po-po-polizei-Direkto-to-to-tor wird selbst die Co-co-co-co-confronta-ta-ta-ta-tion vornehmen.
Schmierpinsel. Gut, ich bin bereit. Gehen wir! (Beide ab.)
Casperl. (kömmt betrunken aus dem Wirthßhaus zurück.) Unter allen Künsten ist doch die Trinkkunst die erste, denn bei der geht Alles in den Menschen hinein und man hat Etwas davon und müd wird man auch nit dabei. Ma' setzt sich ruhig nieder und trinkt nacheinander still fort und wenn der rechte Arm vom heben müd wird, so nimmt man den linken, und so kann Einer alleweil abwechseln! Wenn's für die Kunst eine Belohnung gab, da bekam' ich gewiß den ersten Preis; aber das ist noch keinem Potentaten eing'fallen, eine solche Kunst zu belohnen! diesen Hebel der Industrie läßt man unbelohnt! Wenn aber die Kunst verloren ging, nachher möcht' ich wissen, wie's mit Wein- und Bierfabrikanten stund! Ich werd über die G'schicht eine Abhandlung schreiben und die schick ich an eine Nudlversität ein; vielleicht haben die Herren doch ein Einsehen und geb'n mir a Prämie. Ich hab schon oft g'hört, daß die Professoren selber der Kunst nit Feind sind, wenn's d'rauf ankommt. Aber wenn ich nur's Schreiben könnt'! Da laßt's mich sitzen. So muß ich halt meine gelehrte Abhandlung Jemanden dictiren. Der Hausknecht vom »silbernen Kübel« drüben, der kann schreiben und hilft mir schon aus der Noth!
(Schmierpinsel tritt ein)
Casperl. Aha, mein Herr! G'horsamster Diener. Wie haben's Ihnen unterhalten beim Künstlerfest?
Schmierpinsel. Nichts davon. Ich habe mit dir ein Wörtchen zu reden.
Casperl. No, so reden S' halt. Wir haben schon oft miteinander discurirt.
Schmierpinsel (nimmt ihn beim Ohr.) Was hast du wieder getrieben, während ich fort war?
Casperl.
Nix hab ich getrieben,
Ich hab nur Farben g'rieben.
Schmierpinsel. Laß deine Späße! Ich weiß Alles.
Casperl. No, wenn S' Alles wissen, warum fragen S' nachher?
Schmierpinsel. Welch' empörendes Benehmen hinter dem Rücken deines Herrn!
Casperl. Hinter Ihrem Rücken war ich gar nit; während Sie gegessen und getrunken haben, hab ich gehungert und gedurst't; denn wenn ich hinter Ihren Rücken g'wesen war', so hätten S' mir vielleicht auch ein' Bissen oder ein' Schluck zukommen lassen, also hab' ich aber hinter Ihrem Rücken gar Nix anfangen können, weil ich Ihren Rücken gar net g'sehn hab. Das ist eine pure Verläumdung hinter seinem Rücken so einen treuen, ordentlichen Dienstboten, wie ich bin! (fängt zu weinen an) das hab ich nicht verdient, das thut mir weh.
Schmierpinsel. Es kann aber nicht anders sein. Wer sollte denn in meiner Stube gewesen sein, als du?
Casperl (weint immer heftiger.) Ich weiß gar Nix, als daß ich ein armer, verstossener Dienstbot bin. Ich kann bei Ihnen nimmer bleiben.
Schmierpinsel. Aber Casperl, sei gescheit! War denn während meiner Abwesenheit nicht eine Dame hier?
Casperl. Ja!
Schmierpinsel. Und was ist gescheh'n?
Casperl. Ihr Purträt hab' ich gmacht.
Schmierpinsel. Aha! jetzt kommt's heraus!
Casperl. Was kommt heraus?
Schmierpinsel. Deine Narrheit, deine Grobheit!
Casperl. Oho! 's ist erst die Frag: wer grob war. Meine Höflichkeiten nehmen die Leut halt für Grobheiten, das ist nit meine Schuld.
Schmierpinsel. Kurz und gut. Man wird deinen Schlingeleien und Flegeleien ein Ende machen. Ich erwarte den Herrn Polizeicommissär und der wird ein Protokoll mit dir aufnehmen und du wirst der Strafe nicht entgehen.
Casperl. Mir ist's recht; denn ich bin unschuldig.
Schmierpinsel. Das wird sich zeigen. (ab.)
Casperl (allein.) Jetzt heißt's Schlag kriegen, oder sich 'rauslügen; und geht's gar nit, so schlag ich den Commissarius todt und lauf nachher davon. Da kommt er schon!
Polizeicommissär Karrnpichler. Casperl.
Polizeicommissär. Ah, Monsieur Casperl, ko-ko-ko-kommen wir wie-wie-wie-wieder einmal zusammen?
Casperl. Freut mich ungemein; (für sich) der Kerl red't aber!
Polizeicommissär. Ich we-we-werde jetzt ein Prrrrrrotokoll aufnehmen mit Ihnen.
Casperl. Gut! so nehmen Sie halt ein Prrrrrrotikoll auf. Aber was ist denn eigentlich ein Prrrrrrotikoll? Das müßen's mir zuvor expluciren.
Polizeicommissär. Das we-we-we-werden Sie gleich sehen, Monsieur Casperl, – wa-wa-was ist das.
(Zieht Papier, Feder und Tinte heraus und fängt zu schreiben an)
Casperl. No, da bin ich aber begierig!
Polizeicommissär. Zuvor Na-na-na-na-namen und Sta-sta-sta-stand.
Casperl. Das versteh ich nit.
Polizeicommissär. Wie-wie-wie- Sie heißen?
Casperl (ihn nachäffend.) Ich heiße Ca-Ca-Ca-Ca-Casperl Larifari.
Polizeicommssär. La-La-La-La-Larifari. Weiter: Stand –das heißt: Wa-wa-wa-was Sie sind?