Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci
wenn Sie heut schon niederg'fallen sind, allein ich bin jetzt vor lauter Discuriren so durstig word'n, daß ich ein ungemeines Verlangen nach dem Geldsack'schen Braustübl habe.
Bertha. Kommen Sie mit mir. In der Laube am Erkerthurme können wir ungestört unser Gespräch fortsetzen und ich werde Ihnen etwas zu Essen und zu Trinken bringen.
Casperl. Nicht Etwas, denn das wäre gemein, sondern Viel, vielmehr sehr Viel.
Bertha. Kommen Sie! (Beide ab.)
Verwandlung.
Freier Platz vor dem Schlosse des Herrn von Geldsack.
Es dämmert und wird allmählich dunkel. Mondschein. Blaubart. Bluteck.
Blaubart. So, Bruder, jetzt sind wir da. Ich harre der Botschaft meines Knappen, den ich zu Geldsack geschickt habe.
Bluteck. Ohne Zweifel wird er das Jawort bringen. Wer wollte es wagen die Hand des mächtigen Ritters Blaubart auszuschlagen?
Blaubart. Ich wollte es auch Niemanden rathen.
Bluteck. Wenn aber dennoch?
Blaubart. Dann würde ich List oder Gewalt anwenden. Ich habe es mir nun einmal in den Kopf gesetzt, eine Tochter des alten Geldsack zu freien.
Bluteck. Auch ist die Mitgift nicht zu verachten.
Blaubart. Ah! da kömmt mein Bote.
Casperl (mit einer Blendlaterne) Da bin ich, gestrenger Herr Ritter.
Blaubart. Was bringst du für Kunde?
Casperl. Nix bring ich von einem Hunde.
Blaubart. Ist mein Antrag genehm?
Casperl. Mit dem Alten hab ich nix ausrichten können.
Blaubart. Hölle und Teufel!
Casperl. Aber das betreffende Individuum scheint anbeißen zu wollen.
Bluteck. Wie so?
Casperl. (hochdeutsch.) In jönem öpheuumrankten Oerker, wo die Turtel- Tauben nisten, vernahm ich das Jawort der Mamsell Bertha, welche die Infamität begöhen will, sich von Ihnen entführen zu lassen.
Blaubart. Ha! Wonne! Diese Nacht noch soll die That vollbracht werden.
Bluteck. Ein ritterlich Abenteuer.
Casperl. Jetzt passen'S auf! Wenn der Stille Mond die Mitternachtstunde schlägt und der Zeiger der Thurm- Uhr sich in die Wolken hüllt, erwartet Sie das Fräulein am hintern Kammerfenster und wird mit dem Schnupftüchel wöhen.
Blaubart. Da ist nicht mehr lange zu harren.
Es schlägt Mitternacht.
Bluteck. Eben schlägt die Stunde.
Bertha erscheint am Fenster und weht mit einem weißen Tuche.
Blaubart. Und dort seh' ich schon die Flagge der Liebe. Schnell Caspar hole eine Leiter.
Casperl. Ja ich weiß nit wo? Ich müßt nur einen Rauchfangkehrer begegnen. Aber 's Fräulein hat gesagt, sie wirft Ihnen den Schlüssel 'runter.
Blaubart nähert sich dem Schlosse.
Bertha wirft einen großen Schlüssel herab, welchen Blaubart aufhebt. Er geht in's Schloß.
Casperl. Sie, Herr Ritter! Wenn der Alte was merkt, so kriegt mein Herr Prügel.
Bluteck. Ha, ha, ha! Blaubart schützt sein Schwert.
Casperl. Wenn's Schläg' absetzt, so lauf ich davon.
Bluteck. Da kommen sie schon.
Blaubart mit Bertha kommen aus dem Schlosse.
Blaubart. Edles Fräulein, nun seid Ihr mein.
Bertha. Auf ewig, edler Ritter!
Blaubart. Meine Roße stehen hier ganz nah. Laßt euch auf den Sattel heben, durch die stille Nacht hin auf meine Burg zu jagen.
Bluteck. Immer zu, edles Fräulein! Solltet ihr verfolgt werden, so decke ich Euch den Rücken.
Blaubart und Bertha ab.
Bluteck. So Caspar, wir reiten langsam hinterdrein.
Casperl. Dank gar schön, ich werd' schon ein Hunds-Trappel reiten, damit ich eher heimkomm.
Bluteck. Wie du magst. Mich dürstet nach einem Kampfe mit Verfolgern!
Casperl. Wie's Ihnen beliebt, ein Jeder hat sein G'schmack. Mich durst's nach was Anderm! (ab.)
Der Vorhang fällt.
II. Aufzug.
Halle auf Blaubarts Burg mit der Durchsicht auf einen Söller.
Blaubart. Jetzt hab ich also meine siebente Frau. Ha! sollte auch diese fallen müssen? Noch keine hab ich gefunden, die nicht einen Fehler gehabt, der mir unerträglich war und weßhalb ich sie dem Tode geweiht habe. Die erste war schön aber mürisch; die zweite war nicht mürisch aber herrisch; die dritte war nicht herrisch, aber ihre Taubensanftmuth langweilte mich endlich; die vierte war nicht übel, aber sie war eifersüchtig; die fünfte hatte alle guten Eigenschaften, allein sie war häßlich; die sechste endlich konnte keinen guten Caffé machen; und alle – eine wie die andere – waren neugierig wie die Affen und dieses Laster brachte ihnen die wohlverdiente Strafe. Jetzt hängen ihre Leichen in dieser Kammer, wo ich ihnen die Köpfe mit meinem Schwerte abschlug. Ich will doch sehen, ob Bertha, der ich nun mein sanftes Herz gewidmet habe, die Probe der Neugierde bestehen wird? Es wäre mir sehr leid, wenn auch sie schwach wäre und das Opfer meiner unerschütterlichen Grundsätze würde; denn ein ächter Ritter muß seinen Grundsätzen treu bleiben und mein Beschluß steht fest, jedes meiner Weiber zu tödten, welches den Versuchungen der Neugierde nicht zu widerstehen vermag. Potz tausend! ich habe noch nicht gefrühstückt! Holla! den Kaffe will ich haben! Bertha, geliebtes Weib, wo bleibst du?
Bertha tritt ein.
Casperl bringt das Frühstück.
Casperl. Hab die Ehre guten Morgen zu wünschen! Wünsch wohl geruht zu haben. (Ab.)
Bertha. Guten Morgen, lieber Blaubart!
Blaubart. Hast du gut geschlafen, mein Täubchen?
Bertha. Wie im Himmel, theurer Gatte.
Blaubart. Es freut mich, wenn du dich bei mir zufrieden fühlst. Ich werde auch mein Möglichstes thun, dich glücklich zu machen. Nichts soll dir fehlen. Wünsche nur, und Alles soll dir zu Gebot stehen.
Bertha. Du bist zu gut, theurer Blaubart. Solch ein Glück verdiene ich wahrlich nicht!
Blaubart. Ich habe bereits heute mit dem Frühesten schon an deinen Vater einen Brief geschrieben, in welchem ich wegen deiner Entführung um Entschuldigung