Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci
mehr! Ich habe liebe Eltern! Ich will gewiß recht gut und folgsam sein.
Gräfin. Herzig Kind! Lieber Heinrich!
Heinrich. Wenn ich nur auch den guten Schnaps hier hätte! Ihm hab' ich ja zu danken, daß ich nicht ganz verwildert wurde.
Graf. Mit der Zigeunerhorde ist auch ein Hirtenjunge gefangen worden, der mit ihnen gelebt hat.
Heinrich. O der ist's, wie freu' ich mich!
Graf. Er soll bei dir bleiben, sein Leben lang. Allein jetzt laßt uns vor Allem in die Burgkapelle gehen. In frommer Andacht wollen wir Gott für seinen Segen danken. (Es läutet vom Kaptellenthürmchen.)
Gräfin. Und ich will eine Stiftung machen für arme verlassene Waisenknaben.
Menrad.
Gottes Fügung wunderbar
Gottes Liebe hell und klar –
Alles lehrt uns, in Gedanken,
Worten, Werken Ihm zu danken,
Ihm, der unser Aller denkt,
Unser Aller Schicksal lenkt!
Der Vorhang fällt.
Casperl in der Türkei.
Ein constantinopolitanisches Lustspiel in zwei Aufzügen.
Personen.
Der Sultan Schurimuri.
Mumurikarbatschi, Hofprofos.
Pfeifistopfiri, Pfeifenstopfer.
Mimikatzi, Leibmohrin.
Kislarfagotschi, Kapellmeister.
Casperl Larifari.
Ein türkischer Trommler.
I. Act.
Gemach des Sultans.
Sultan Schurimuri sitzt auf dem Thron und raucht aus einer langen Pfeife.
Schurimuri. Potztausend Mond und Sternhagelelement, geht die Pfeife schlecht! Wieder nicht ordentlich geputzt! Ich muß ja zieh'n, daß mir der Athem ausgeht! beim großen Propheten Mahomet, ich bin schlecht bedient. Jetzt hab' ich dem Sclaven Pfeifistopfici erst 50 auf die Fußsohlen geben lassen und doch sorgt er nicht besser für meine Tabakpfeifen! Ich bin noch als zu gut und nachsichtig mit dem Sklavengesindel. Muß wieder ein Paar spießen lassen, dann wird's schon besser geh'n. Mumurikarbatschi! Hofprofos! herein! bring mir den Pfeifistopfici! Augenblicklich! – Ihr Hunde, ich will euch mores lehren!
Mumurikarbatschi und Pfeifistopfici.
Pfeifistopfici. Großer Sultan! Stern des Orients! Sonne des Occidents! Verzeih! Ich vernahm in deinem Rufe, daß du ungehalten bist!
Schurimuri. Elender! warum hat die Pfeife keinen Zug? fehlt's am Röhrl?
Pfeifistopfici. Allmächtigster! An meiner Sorgfalt hat es nicht gefehlt! Ich habe die Pfeife heute beim Sonnen- Aufgange geputzt.
Schurimuri. Einerlei. Vielleicht war der Tabak zu naß. Kurz und gut: Es muß wieder einmal ein Exempel statuirt werden. Mumurikarbatschi! führe den Burschen in das Wichszimmerl Nro. 121, dort hat er 100 Streiche in Empfang zu nehmen und auf Stempelbogen abzuquittiren.
Mumurikarbatschi. Wie du befiehlst, Erhabenster, so soll es geschehen. Fort mit dir, Sklave!
Pfeifistopfici (fällt auf die Knie.)
Erbarmen, großer Sultan! Verschone deinen treuesten Sclaven mit der Strafe, die er nicht verdient zu haben zu glauben sich untersteht.
Schurimuri. Was? Remonstriren auch noch? – Noch Ein Wort, und ich lasse dich hängen!
Pfeifistopfici. Mir! – (Ab mit Mumurikarbatschi.)
Schurimuri. Es ist nicht zum aushalten! Wie hab ich mich jetzt echauffirt! Nichts als Aerger und Verdruß! Ich will meine Leibsclavin, die Mohrin Mimikatzi, rufen, damit sie mich etwas besänftige. Sie soll mir ein Lied mit Guitarre-Begleitung vorsingen. Mimikatzi! Mimikatzi!
Mimikatzi (mit einer Guitarre) Was befiehlt mein hoher Gebieter.
Schurimuri. Zuerst streichle mir ein wenig den Bart; dann singe mir das Lied von der Lottosblume.
Mimikatzi (streichelt ihn, dann singt sie.)
Einsam blüht die Lottosblume
Und drei Nummern träumt sie still,
Rathe, wer gewinnen will!
Ach du dunkle Lottosblume,
Du, der schönsten Blätter voll,
Sag mir, was ich setzen soll!
Und es haucht die Lottosblume
In der milden Abendluft
Die drei Nummern aus in Duft!
Schurimuri (heftig.) Wie heißen die drei Nummern? Ich will sie in die Lotterie sehen. Ein Terno war' nicht übel.
Mimikatzi (singt.)
Frage nicht die Lottosblume!
Wenn die Ziehung ist vorbei,
Dann weißt du sie alle drei!
Schurimuri. Ich will aber die Nummern vorher wissen, oder ich laß dich und die Lotterieblume köpfen. Wozu ist die Lottosblume gewachsen, als daß sie mir die Nummern vorhersagt?
Mimikatzi. Großer Sultan! Das Lied ist zu Ende; es ist ein sinniger Räthselspruch aus den Weisheitsbüchern des Myrza Schaffy.
Schurimuri. Dummes Zeug! Ich will keine Räthsel! fort mit dir falsche Katze! In dem tiefsten Kerker sollst du schmachten, bis dir die Nummern eingefallen sind. Fort! oder ich vergesse mich und werf' dir meinen Pantoffel an den Kopf.
(Mimikatzi ab.)
So hat sich denn heute Alles verschworen, mich zu ärgern! Heda! Heda! türkische Musik will ich haben. Spielt mir den Marsch von dem großen Propheten auf! Wo ist mein Kapellmeister Kislar-Fagotschi?
Fagotschi (stürzt herein.) Großer Sultan, verzeihe! Die große Trommel hat ein Loch im Fell! Der Halbmond hat einen geschwollenen Backen! Die Trompeten leiden an Verstopfung! Es ist mir heute unmöglich ein Stück aufführen zu lassen!
Schurimuri. Auch das noch! Beim Allah, ich möchte wüthend werden, wäre es für den Großsultan nicht unschicklich! Augenblicklich soll die Trommel gestickt werden! dem Halbmond gebe man Ueberschläge oder Schläge allein, damit er kurirt werde! Die Trompeten sollen zum Abführen einnehmen, Verstopfungen leid' ich nicht!
Fagotschi. Alles soll pünktlich vollzogen werden. Doch vernimm, erhabener Sultan: So eben haben deine Wachen einen Fremdling arretirt, der in dem sultanischen Hofgarten aufgefunden wurde. Man fürchtet, es sei ein Spion. Vielleicht gewährt es dir einige Unterhaltung, ihn vor deinen allerdurchlauchtigsten Augen stranguliren zu lassen.
Gut! schleppt ihn herbei, damit ich einen Spaß habe auf meinen vielen Aerger. Schnell, schnell!
(Fagotschi ab.)
Schurimuri.