Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci

Das lustige Komödienbüchlein - Franz Pocci


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in welche Höhlen der Gebirge, in welche Tiefen der großen unwirthsamen Wälder sie sich verborgen hatten! Ein Schimmer von Hoffnung bleibt mir aber dennoch, daß die Schändlichen in Erwartung eines bedeutenden Lösegeldes doch einmal irgend eine Gelegenheit suchen werden, an uns von unserem Sohne Kunde gelangen zu lassen.

      Gräfin. Und warum sollte dieß nicht schon längst geschehen sein? Diese Zweifel zerfleischen mein Mutterherz und lassen mich an deiner Hoffnung verzweifeln.

      Graf. Wie dem auch sei; laß uns auf Gott vertrauen! Seine Fügung lenkt stets Alles zum Beßten. – Bevor ich in das Zimmer trat, erhielt ich Nachricht, daß man wieder Zigeunern auf der Spur sei, die vor ein paar Tagen einen Zug Kaufleute überfallen und ausgeraubt hatten. – Eine alte Zigeunerin, die in der zerfallenen Waldkapelle den Ausgang des Ueberfalles abgewartet, wurde von meinen Reisigen gefangen. Ich habe befohlen, daß man sie zum Verhöre hieherbringe. Entferne dich unterdessen, liebe Adelhaid.

      Gräfin. Ich will auf mein Zimmer gehen. (ab.)

      Graf (allein.) Immer und immer hoffnungslos! und wenn ich auch meine Adelhaid zu trösten suche, so ist es stets vergebens! Mir selbst baute ich nur ein Gebäude von Scheingründen auf – Vorspiegelungen der hoffenden Liebe! Mein Kind ist und bleibt verloren!

      Holla, wer kömmt?

      (Ein Knappe bringt Juta gefesselt herein.)

      Knappe. Hier ist die alte Hexe, edler Herr! Soll ich sie nicht gleich todt schlagen?

      Graf. Mit dem Todtschlagen hat's noch immer Zeit. Woher – alte Schlange?

      Juta. Ich bin eine arme Zigeunerin und lebe vom Bettel; der Hunger ist mein Gefährt' auf allen Wegen.

      Graf. Man kennt euch wohl! Bös' Gesindel seid ihr, das ehrlichen Leuten auf dem Wege lauert. – Habt's erst wieder bewiesen bei den Kaufleuten, die ihr ausgeplündert.

      Juta. Das gilt mir nicht; ich bin unschuldig!

      Graf. Mit gefangen, mitgehangen! du wärst mir die rechte Unschuld mit deinen Katzenaugen. Gestehe Alles oder ich laß dich in die Marterkammer werfen.

      Juta. Ach! gnädiger Herr! wir Zigeuner sind ein verstoßen Volk; was bleibt uns übrig, als zu wandern und in Wäldern zu schlafen, da uns kein Mensch aufnimmt?

      Graf. Das ist eure Schuld! – Fort mit dir auf die Folter!

      Juta (wirft sich auf die Knie.) Ach, edler Ritter, laß mich nicht foltern, ich bin ein armes, schwaches, altes Weib! Alles will ich euch gestehen; ja ich will euch mehr sagen, als ihr von mir zu vernehmen glaubtet! Nur laßt mich nicht foltern!

      Graf. So sprich – aber die Wahrheit!

      Juta. Beim maro dad, der uns heilig ist, ich spreche wahr. Aber laßt mich frei! – Acht Jahre sind's ungefähr als wir hier auf eurer Burg durchzogen und dem Gesinde Kurzweil trieben; ich stahl mich ab, da fand ich ein schönes weißes Knäblein in der Wiege. – –

      Graf (sie unterbrechend.) Gott im Himmel – hier ein Knäblein?

      Juta. Ein schönes, weißes Knäblein – ich – ich –

      Graf. Weiter, weiter, verfluchtes Weib!

      Juta. Ich – Ich –

      Graf. Denk der Folter!

      Juta. Ich nahms mit mir, weil's mir so wohl gefiel und ich wollt's lieb haben. –

      Graf. Mein Heinrich!

      Juta. Ich nahm's und zog's auf mit guten Bissen und pflegt's gut und strich ihm seine seine Sammthaut und – –

      Graf. Was und – –?

      Juta. Eben wollt ich's euch wiederbringen das liebe Kind um ein gering Lösgeld, da war's fort; fort aus unserm Schlupfwinkel, weiß nicht wohin –

      Graf. Verfluchtes Lügenmaul! wo ist mein Kind?

      Juta. Tödtet mich – ich weiß es nicht!

      Graf. Fort mit dir in den Kerker! s'wird sich bald zeigen, ob du's nicht weißt; fort, fort!

      (Knappe führt Juta ab.)

      Graf. Weh mir! Ein Schimmer von Hoffnung und auch der ist dahin! Meine Sinne sind schier verwirrt! Auf, Auf! – wohin aber, wohin? Ich muß wieder der Alten nach; sie muß mir auf die Spur helfen, wenn anders ihre Kunde nicht Lüge war.

      (ab.)

      Verwandlung.

      Burghof.

      Hannes mit Wolf, dieser in Fesseln.

      Hannes. Da sind wir, Hallunk; jetzt geht's dlr an den Diebskragen. Siehst du den Galgen da drüben auf dem dürren Anger? dort wirst du bald in den Lüften hangen und zappeln, bis dir der Teufel den Hals am Strick abgedreht hat.

      Wolf. Hol dich der Henker mit deinem losen Maul!

      Hannes. Ich hab ein loses Maul; aber dich losen Kerl laß ich nicht los; hörst du's?

      Wolf. Was helfen mir deine Witz- und Spitzworte? Saufen möcht' ich; die Kehle ist mir trocken wie ein leerer Krug!

      Hannes. Beiß dich in die Zunge, so kann'st deinen Durst mit eigenem Blut löschen! – Aber wo nur der Einsiedel mit dem Buben bleibt? Bei denen geht's freilich langsamer. Aha! da kommen sie. Menrad und Heinrich treten ein.

      Menrad. Gott zum Gruß! wir sind müd und matt.

      Heinrich. Sind wir auf des Grafen von Eichenfels Burg?

      Menrad. Ja, mein Kind. Zu ihm wollte ich dich ja bringen.

      Heinrich. Wie herrlich ist's doch hier!

      Menrad. Geh, Hannes! führ deinen Gefangenen hinein und melde dem Grafen, daß wir zwei da im Hofe harren.

      Hannes. Meinetwegen! – Komm Galgenvogel, laß dich in deinen Käfig bringen. (ab mit Wolf.)

      Menrad. Heinrich.

      Menrad. Von nun an, guter Junge, sollst du nicht mehr bei bösen Menschen in dunklen Höhlen wohnen.

      Heinrich. Wie froh bin ich, wenn man mich aufnimmt!

      Menrad. Habe keine Sorge, du bist nun gerettet für immer?

      Graf (eilt herein.) Der Himmel sei gepriesen! – Mein Kind!

      (Stürzt auf Heinrich.)

      Ja, du bist's, mein Sohn, es ist kein Zweifel mehr!

      Menrad. Hat es sich wirklich so erwiesen?

      Graf. Das Geständniß der alten Zigeunerin und dieß goldene Kreuzlein, das sie mit dem Kinde aus der Wiege gestohlen hatte und stets bei sich führte – Alles, Alles trifft zusammen! Mein Gott, welches Glück!

      Heinrich. Ich, euer Sohn?

      Gräfin (stürzt herein) Ja, du unser Sohn! (umarmt ihn) So hat Gott unser Flehen erhört. Preis ihm und Dank!

      Heinrich.


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