Gedichte. August von Platen
Da denk ich meiner Jugend,
Und wie ich als Matrose
Gefolgt der Windesrose
Bei Sturm und Sonnenstrahl;
Und wie blockierte Tunis
Und jene Türkenrotte,
Mit seiner schönen Flotte,
Venedigs Admiral.
O holder Tag, als Emos
Heimzug die Fluten teilte,
Und ihm entgegen eilte
Der Doge Paul Renier!
Gedenk ich jener Zeiten,
Wird meine Seele milder:
Es fliegen jene Bilder
Wie Engel um mich her!
Klaglied Kaiser Otto des Dritten
1833
O Erde, nimm den Müden,
Den Lebensmüden auf,
Der hier im fernen Süden
Beschließt den Pilgerlauf!
Schon steh ich an der Grenze,
Die Leib und Seele teilt,
Und meine zwanzig Lenze
Sind rasch dahin geeilt.
Voll unerfüllter Träume,
Verwaist, in Gram versenkt,
Entfallen mir die Zäume,
Die dieses Reich gelenkt.
Ein Andrer mag es zügeln
Mit Händen minder schlaff,
Von diesen sieben Hügeln
Bis an des Nordens Haff!
Doch selbst im Seelenreiche
Harrt meiner noch die Schmach,
Es folgt der blassen Leiche
Begangner Frevel nach:
Vergebens mit Gebeten
Beschwör ich diesen Bann,
Und mir entgegen treten
Crescentius und Johann!
Doch nein! Die Stolzen beugte
Mein reuemütig Flehn;
Ihn, welcher mich erzeugte,
Ihn werd ich wiedersehn!
Nach welchem ich als Knabe
So oft vergebens frug:
An seinem frühen Grabe
Hab ich geweint genug.
Des deutschen Volks Berater
Umwandeln Gottes Thron:
Mir winkt der Ältervater
Mit seinem großen Sohn.
Und während, voll von Milde,
Die frommen Hände legt
Mir auf das Haupt Mathilde,
Steht Heinrich tiefbewegt.
Nun fühlt ich erst, wie eitel
Des Glücks Geschenke sind,
Wiewohl ich auf dem Scheitel
Schon Kronen trug als Kind!
Was je mir schien gewichtig,
Zerstiebt wie ein Atom:
O Welt, du bist so nichtig,
Du bist so klein, o Rom!
O Rom, wo meine Blüten
Verwelkt wie dürres Laub,
Dir ziemt es nicht, zu hüten
Den kaiserlichen Staub!
Die mir die Treue brachen,
Zerbrächen mein Gebein:
Beim großen Karl in Aachen
Will ich bestattet sein.
Die echten Palmen wehen
Nur dort um sein Panier:
Ihn hab ich liegen sehen
In seiner Kaiserzier.
Was durfte mich verführen,
Zu öffnen seinen Sarg?
Den Lorbeer anzurühren,
Der seine Schläfe barg?
O Freunde, laßt das Klagen,
Mir aber gebt Entsatz,
Und macht dem Leichenwagen
Mit euren Waffen Platz!
Bedeckt das Grab mit Rosen,
Das ich so früh gewann,
Und legt den tatenlosen
Zum tatenreichsten Mann!
Romanzen und Jugendlieder
Noch ungewiß, ob mich der Gott beseele,
Zu seinem Priester ob er mich geweiht,
Malt ich die klaren Bilder meiner Seele
In glücklicher Verborgenheit.
I. An eine Geisblattranke
Zwischen Fichtenbäumen in der Öde
Find ich, teure Blüte, dich so spat?
Rauhe Lüfte hauchen schnöde,
Da sich eilig schon der Winter naht.
Dicht auf Bergen lagen Nebelstreifen,
Hinter denen längst die Sonne schlief,
Als noch übers Feld zu schweifen
Mich ein inniges Verlangen rief.
Da verriet dich dein Geruch dem Wandrer,
Deine Weiße, die dich blendend schmückt:
Wohl mir, daß vor mir kein Andrer
Dich gesehn und dich mir weggepflückt!
Wolltest du mit deinem Dufte warten,
Bis ich käm an diesen stillen Ort?
Blühtest ohne Beet und Garten
Hier im Wald bis in den Winter fort?
Wert ist wohl die spat gefundne Blume,
Daß ein Jüngling in sein Lied sie mischt,
Sie vergleichend einem Ruhme,
Der noch wächst, da schon so viel erlischt.
II. Der letzte Gast
Der Alte
Was machst du hier? Der Wind durchsaust
Die menschenleeren Gassen,