Gedichte. August von Platen
Sturm und Regen braust,
Will ich zurück dich lassen.
Komm mit herein ins heitre Haus,
Siehst du die Lichter glänzen?
Dort leert sich mancher Becher aus
Bei frohen Hochzeittänzen.
Man sieht die Freude lustiglaut
Auf allen Zügen weilen,
Nur scheint die schöne junge Braut
Allein sie nicht zu teilen.
Ich führe dich, so komm herein,
Nur keck und unbeklommen!
Mein froher Herr lädt Jeden ein,
Und Jeder ist willkommen!
Der Jüngling
Dank, Alter; aber laßt mich hier
Gelehnt an diese Säule:
Mehr als Musik dort lob ich mir
Dies rauhe Sturmgeheule.
Nicht weil ich, wo beim Kerzenschein
Der Becher kreist am Tische,
Daß nicht sich in den süßen Wein
Die bittre Zähre mische!
Nie wird die Freude lustiglaut
Mir aus den Augen blitzen;
Denn ach, die schöne junge Braut,
Ich kann sie nicht besitzen!
Sagt eurem Herrn, der fröhlich praßt,
Daß er den Reigen meide;
Denn unten warte noch ein Gast,
Den Degen aus der Scheide!
III. Mädchens Nachruf
Schwalben ziehen, Blätter fallen,
Und gesammelt liegt die Frucht:
Ach, mit meinen Freuden allen
Nahm auch Er die rasche Flucht!
Unter niederm Hüttendache
Wohn ich, jener im Palast,
Doch aus fürstlichem Gemache
Trieb ihn Mut und Kampfeshast.
Als des Frührots erstes Tagen
Mich vom Traume heut erweckt,
War mit Dienern, Rossen, Wagen
Dieser ganze Raum bedeckt.
Und er kam im Jugendflore,
Hob sich auf sein Pferd im Nu,
Bebend stand ich unterm Tore,
Sah dem schönen Reiter zu.
Und im leichten Morgenkleide
Trat zu ihm die Braut hervor,
Diesmal ohne Gold und Seide,
Doch wie er im Jugendflor.
Vor der Trennung nicht erschrocken,
Küßt' er noch ihr Stirn und Mund,
Bei den Lippen, bei den Locken
Schwur er den beglückten Bund.
Ritt mit Dienern und Vasallen,
Dankte meinem Gruße kaum:
Schwalben ziehen, Blätter fallen,
So zerfließt der Liebe Traum!
IV. Fischerknabe
Des Abendsterns ersehnter Schein
Beglänzt den Saum der Flut,
Der Knabe zieht den Kahn herein,
Der still im Hafen ruht.
»Mein Tagewerk ist treu vollbracht,
Doch, liebe Seele, sprich,
O sprich, wie soll die lange Nacht
Vergehn mir ohne dich?«
Am Ufer steht ein Weidenbaum,
Und dran gelehnt ein Stein,
Und drunter liegt im schmalen Raum
Ihr kaltes Totenbein.
V.
So hast du reiflich dir's erwogen,
Und dieses ist das letzte Wort?
Dich lockt ein ferner Himmelsbogen,
Es treibt dich in die Fremde fort?
Doch wird geliebt, wer liebt und bleibet,
Wer flieht, verkannt; und glaube mir,
Wenn dich die Sehnsucht fürder treibet,
So bleibt die Liebe hinter dir!
Und mag umwuchern dich das schöne
Hesperien voll milder Aun,
Wo findest du die deutschen Töne?
Wo findest du die deutschen Fraun?
VI. Matrosenlied
Wann wird der goldne Freudentag erscheinen,
Den das Geschick mir aufbewahrt,
Der Tag des Wiedersehens bei den Meinen,
Nach allzulanger Fahrt?
O schöne Flur, wo unsre müden Kähne
Dereinst noch landen mögen unversehrt!
O Mädchen, das vielleicht mit einer Träne
Den armen Flüchtling ehrt!
Denkst du der heil'gen Eide noch im stillen,
Und hieltst du, Teure, das beschworne Wort?
Ach, trieb nicht feindlich damals, wider Willen,
Ein bös Geschick mich fort?
Doch werden, glaub mir, wir uns wiedersehen,
Und harrst du sehnsuchtsvoll am Strande mein,
So können's, Teure, siehst du Wimpel wehen,
Nur meine Wimpel sein!
VII.
Noch im wollustvollen Mai des Lebens,
Wo die Seele sonst Entschlüsse sprüht,
Fühl ich in der Wärme meines Strebens,
Wie mein Lebenselement verglüht.
Nicht ein Windstoß, ein belebend warmer,
Meine Haare kräuselnd, weht mich an,
Leer und träge schifft ein Tatenarmer
Übern stillen Vater Ozean.