Reise Know-How Reiseführer Marokko. Erika Därr

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Bab Boujeloud) geht es links in eine kleine Gasse durch den Lebensmittelsuq weiter zur Talaa Kebira. Talaa Seghira und Talaa Kebira sind die beiden Hauptachsen der Medina, sie führen beide durch die Suqs und zur Karaouyine-Moschee.

      Nur wenige Meter entlang der Talaa Kebira folgt das Haus des Glockenspiels auf der linken Seite. An seinen 13 Fenstern schlugen einst 13 Bronzeklöppel auf 13 Bronzeschalen die Stunden. Die Wasseruhr der 1357 erbauten Anlage sollte die Studenten der gegenüberliegenden Medersa Bou Inania wecken. Im Café Clock (vgl. „Essen und Trinken“) in einer winzigen Gasse neben dem Gebäude kann man einen Tee auf der Dachterrasse trinken oder an einem Workshop teilnehmen.

      Direkt gegenüber auf der rechten Seite liegt die in den letzten Jahren renovierte Medersa Bou Inania (N 34°03,737’, W 04°58,963’, tägl. 8.30–17 Uhr, zu den Gebetszeiten z.B. freitags geschlossen). Die 1350–57 erbaute theologische Hochschule des Abu Inan hat einen quadratischen Innenhof mit Waschbrunnen, der von zwei Betsälen umgeben ist. Im ersten und zweiten Stock liegen die kleinen Wohnzellen der Studenten. Wie bei allen Koranschulen im Maghreb, sind auch bei der Bou Inania die Ziegelmauern im Sockelbereich mit Kacheln verkleidet, der Hof ist mit Marmor- und Onyxfliesen ausgelegt, die Wände sind mit Mosaiken und Stuckarabesken verziert, das Vordach und die Holztragebalken aus reich verziertem Zedernholz gearbeitet. Das Dach ist wie bei allen sakralen Bauten mit grünen Ziegeln gedeckt.

      An der Talaa Kebira liegt linker Hand ein alter Funduq (Karawanserei) und kurz darauf rechts das Palais des Merinides. Das herrliche alte Stadthaus mit Zedernholzschnitzereien, Zelliges- und Stuckarbeiten beherbergt ein marokkanisches Restaurant mit Dachterrasse (Besichtigung auch ohne Einkehr möglich).

       Heilige Klänge aus aller Welt – das Festival des Musiques Sacrées du Monde

       von Stefan Franzen

      Mitten in einem der wichtigsten Zentren des Islam, im religiösen Herzen Marokkos, treffen sich Klänge aus den heiligen Traditionen der ganzen Welt. Mit dieser besonderen Ausrichtung zählen die Musiques Sacrées du Monde zu den bekanntesten Festivals des arabischen Kulturraums. Als das Musikfestival Mitte der 1990er Jahre startete, hatte es Signalwirkung vor allem für die arabischen Länder. „Bis tief in den Nahen Osten hinein, der damals nicht viele Veranstaltungen dieser Art hatte, hat man verstanden, dass man das Heilige auch auf die Bühne holen kann“, so der künstlerische Leiter Alain Weber. „So lässt sich Spiritualität in einem anderen Licht darstellen – und wir hatten anfangs die Rolle, diesen spirituellen Dialog zu öffnen.“

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      Musiker aus der ganzen Welt treten beim „Festival der heiligen Musik“ auf

      In zwei Jahrzehnten haben die Musiques Sacrées diese Klänge, vom Islam ausgehend, global zugänglich gemacht. Aus den arabischen Ländern mit ihren verschiedensten Ausprägungen von Sufi-Musik ging der Brückenschlag über alle Erdteile. Der Begriff „heilige Musik“ wird dann auch schon mal weit ausgelegt, wenn etwa westliche Popstars wie Björk, Patti Smith oder die Temptations auftreten. Genauso vielfältig wie die Stile sind auch die Bühnen, und mit ihnen die Hörertypen.

      In der mächtigen Arena zwischen den Türmen der Bab-Makina-Festung mischt sich das eher betuchte einheimische Publikum mit den Touristen: Hier präsentieren sich nicht nur nationale und internationale Stars, hier beginnt das Festival auch mit einem künstlerisch ehrgeizigen Themenabend. In einem farbenprächtigen Spektakel konnte man etwa schon erleben, wie die Reiseroute von Leo Africanus, dem berühmten Händler und Botschafter aus dem 15. Jh., musikalisch von Fès bis nach Schwarzafrika nachgezeichnet wurde. Oder wie sich die Geschichte der Stadt Konstantinopel und ihre Verwandlung hin zum heutigen Istanbul in Töne und Szenen fassen lässt. Zur Eröffnung des Festivals kommen traditionsgemäß Mitglieder des Königshauses aus dem benachbarten Palast herüber. Schließlich stehen – wie auch das Gnawa-Festival in Essaouira – die Musiques Sacrées unter der Schirmherrschaft von Mohamed VI.

      Auf dem Place Boujeloud vor dem berühmten gleichnamigen blauen Tor feiert dagegen bei freiem Eintritt die Jugend von Fès die neuen Stars der marokkanischen Popmusik, vom mitreißenden Chaâbi bis zum hartkantigen HipHop. In die Gärten und prächtigen Innenhöfe der Medina, wo sich Weltmusikstars von Bhutan bis Ägypten, von Portugal bis Indien treffen, zieht es französische und amerikanische Akademiker gesetzteren Alters. Man sollte hier schon ein wenig Geduld und Orientierungsvermögen mitbringen: Gerade während dieser „Nuits de la Medina“ muss man schon einmal tief ins Labyrinth der Altstadt eintauchen, bis unvermutet ein wunderschöner Patio mit Springbrunnen und tiefblauer Beleuchtung als Konzertschauplatz seine schweren Türen öffnet.

      Und es gibt auch die ganz lokal verankerte Seite des Festivals, die nur kleingedruckt im Programmheft erwähnt wird: Es sind die „Nuits Soufies“ im magischen Garten des Dar Tazi, bei denen zu mitternächtlicher Stunde Zeremonien der lokalen Bruderschaften wie die des Tajaniyya-Ordens gezeigt werden. Hier, wo der Besucher unter lokalen Zuhörern auf Teppichen sitzt, lässt sich Spiritualität ganz unmittelbar erfahren. Die Stimmung ist fast volkstümlich: Die Frauen lachen und klatschen beseelt, und junge Männer, ausgestattet mit allen Insignien der westlichen MTV-Kultur, hüpfen fast wie in Trance zu den Lobgesängen auf und ab.

      Nicht zuletzt sind die Musiques Sacrées auch ein Ort des kulturwissenschaftlichen Dialogs: Umrahmt von der prächtigen Vegetation des Musée Batha treffen sich Philosophen, Buchautoren, Musiker und Politiker zum Gedankenaustausch vor interessiertem Publikum.

      „Ich will mir nicht anmaßen, dass ein Festival wie dieses spürbare Auswirkungen auf die ganze muslimische Welt haben kann. Dazu ist sie viel zu groß und unüberschaubar“, sagt Alain Weber in aller Bescheidenheit. Doch ohne Zweifel senden die Musiques Sacrées eine ichtige Botschaft der Toleranz aus einem Kulturraum der Umwälzungen und Unsicherheiten.

      Weiter gelangt man zum Nejjarine-Platz mit den Tischler-Suqs und dem Nejjarine-Brunnen (19. Jh.). Der mit filigranen Mosaiken und einem Vordach aus geschnitztem Zedernholz ausgestattete öffentliche Brunnen ist sicherlich der schönste in Fès. Am Platz befindet sich auch der Eingang zum Funduq Nejjarine aus dem 18. Jh. Nach der Renovierung mit UNESCO-Geldern beherbergt das frühere Waren- und Handelshaus nun das Holzmuseum Nejjarine, das verschiedene Baumarten, kunstvolle Holzschnitzereien, Musikinstrumente, Möbel und Gebrauchsgegenstände, eine Bibliothek und alles Mögliche rund ums Holz zeigt (tägl. 10–17 Uhr, Eintritt: 20 DH). Im Museumscafé auf der Dachterrasse kann man den Ausblick genießen. Beim Nejjarine-Platz gibt es im Maison Bleue (vgl. „Einkaufen“) schöne blau-weiße Fès-Keramik zu kaufen. In der Gasse direkt links vom Eingang zum Museum kann man auf die Dachterrasse eines Lederladens steigen, um einen Blick hinunter in den Hof der Gerbereien Sidi Moussa (s.u.) zu werfen.

      Die folgenden Suqs Attarine (Gewürze) und Kissaria (gedeckter Markt) bilden den Mittelpunkt von Handwerk und Handel. In der Kissaria bieten Seiden- und Brokathändler edle Stoffe, Kaftans und Babuschen in allen Designs und Farben an. Der Marktbereich mit rechtwinklig angeordneten Gassen erstrahlt seit 2018 in neuem Glanz mit Marmorböden und Mosaiken. Das Holzdach und Fensterreihen sorgen für eine gute Ventilation.

      In der Medina von Fès sind – wie in allen orientalischen Suqs – die jeweiligen Handwerkszweige zusammen in einem Viertel angesiedelt. Vorbei an den Kupfer- und Messingschmieden, Goldschmieden, Lederwerkstätten und -Ladenzeilen, an den Teppichhändlern, Schneidern, Garnhändlern, Tischlern, Drechslern, Gewürzhändlern, Fisch- und Gemüsehändlern geht es durch die Gassen bis zur Attarine-Moschee und -Medersa.

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