Von Herzen. Peter Spans
Das war sehr lieb von dir.«
»Ehre, wem Ehre gebührt.« Eckerd ging pfeifend zur Tür.
Raphael sah ihm nach. »Und … Eckerd?«
»Was?«
»War meine Musikauswahl gut bisher? Ich meine, ich hör’s hier drinnen ja anders als draußen und sehe ja auch nicht, wie’s ankommt.«
»Sie ist hervorragend.«
»Ah, gut. Gut. Besser als die Band? Die spielen ganz schön schräg manchmal.«
Eckerd schob sich rückwärts durch die Schwingtüren. »Anders. Erfrischend anders. Du machst das super!«
Eckerd verschwand hinter dem Regal, das den Ausgang von der Küche trennte. Die Flügel der Küchentür wurden aufgestoßen und schwangen unterschiedlich aus, sodass sich ein Rhythmus ergab.
Raphael schnalzte den Rhythmus, schnippte dazu mit den Fingern, drehte eine Pirouette zu einem der hohen Kühlschränke, nahm die letzten beiden Frank-Filets heraus und ließ sie mit Verve in zwei heiße Pfannen gleiten.
Dann probierte er ein Kunststück mit der Pfeffermühle, während er eine Melodie pfiff, von der er vergessen hatte, woher er sie kannte.
Es war Eckerds Melodie.
DÉJÀ-VU
Wieder Regen.
Lolita war es recht. Es mussten nicht noch mehr kommen. Innen war der Reigen in vollem Gange und schon wenige Runden würden sich lohnen.
Sie sog den Rauch ihrer Zigarette bis auf den Grund ihrer Lungen, dann hielt sie inne. Jemand kam geduckt durch den Regen auf sie zugerannt. Noch ein magerer Mann.
Er blieb auf der anderen Seite der Kreuzung stehen, breitete die Arme aus und legte den Kopf in den Nacken. Einige Minuten stand er so da. Ab und zu schüttelte er den Kopf, dann stand er wieder still.
Der Mann bemerkte es nicht, aber hinter ihm näherte sich eine zweite Gestalt. Lolita beobachtete, wie sie sich geschickt entlang der parkenden Autos heranpirschte.
Beunruhigend.
Die Gestalt war klein und schmal. Als sie näher kam, sah Lolita, dass es ein Mädchen war. Zwar war ein Mädchen, das im strömenden Regen einem Mann folgte, besser als ein Mann, der im strömenden Regen einem Mädchen folgte, aber es war definitiv ungewöhnlich.
Lolita schnippte die Zigarette in den Regen und ging hinein.
DER EINGANG
Eine weiße Teufelin tanzte Tango mit einem schwarzen Engel auf einem See debil glotzender Möpse. Den See goss ein Hummermann aus einem gefiederten Füllhorn, das er in seinen prächtigen Scherenhänden hielt. Dahinter, auf einem Säulengang aus den Beinen zweier sich anbrüllender Riesenkrokodile, duellierten sich zwei Funkenmariechen. Sie kämpften mit Tintenfischen, die sie wie Maschinenpistolen unter die Arme geklemmt hatten, um sich erbittert mit Tinte zu beschießen. Das Bild zierte das Erdgeschoss des ansonsten lachsfarbenen Hauses.
Die Gegend war nie Pauls Revier gewesen, nur einmal war er hier zu einem Einsatz gerufen worden. Da war das Haus noch eine schmutzig graue Spielhölle gewesen, mit vollflächig abgeklebten Fenstern, die Laibungen gerahmt in grellgrüne, fies flackernde Neonröhren, die tonnenweise Insekten angezogen hatten. Jetzt glühte der feuerrote Neonschriftzug Von Herzen in einem ebenso roten Neonherz über einem muschelförmig geschwungenen Vordach.
Paul überlegte, was in dem Haus vor sich ging. Für ein Bordell fehlten klare Signale. Auch auf ein Etablissement, in dem explizite sexuelle Vorlieben befriedigt wurden, wies nichts hin. Ein Club Burlesque, vielleicht. Die lederne Türsteherin hätte dazu gepasst, aber irgendwie auch nicht. Jedenfalls hatte sie ihn beobachtet. Paul war sich bewusst, wie seltsam seine Pose im Regen ausgesehen haben musste. Sie war daraufhin hineingegangen. Garantiert holte sie Verstärkung.
Der Regen war ein Geschenk. Er hatte das meiste der schrecklichen Gerüche von ihm gewaschen. Nass war schwer auszumachen, wie abgetragen seine Kleidung wirklich war.
Alles in Paul sträubte sich, den Eingang anzusteuern, aber er war schwach auf den Beinen und bunte Flecken tanzten vor seinen Augen. Wenn er nicht bald was zu essen bekam, war es vorbei mit dem würdevollen Tod. Er würde hier auf dem überfluteten Asphalt zusammenbrechen und in einer Pfütze ersaufen.
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