Gehalten. Elisabeth Bührer-Astfalk

Gehalten - Elisabeth Bührer-Astfalk


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einfach: »Wartet ab und seht, wie der Herr euch heute retten wird. (…) Der Herr selbst wird für euch kämpfen. Bleibt ganz ruhig!« (2. Mose 14,13-14). Danach geschieht eines der bekanntesten Wunder der Bibel. Gott bahnt einen trockenen Weg mitten durch das Meer. Ohne jegliches Zutun des Volkes. Kein Gegenschlag oder Kampf sind nötig. Es geschieht einfach durch das mächtige Eingreifen Gottes.

      Auch in unserem Leben gibt es immer wieder Situationen, die uns regelrecht in die Enge treiben können. So sehr, dass es scheint, dass wir verloren haben oder einer Sache völlig ausgeliefert sind. Vielleicht sind es bürokratische Abläufe, die keinen Spielraum mehr erlauben. Oder es gibt Menschen, die uns ungerecht behandeln, die uns nicht das geben, was uns zusteht. Die zum Beispiel den »Geldhahn« abdrehen. Dann können wir aus dieser Geschichte lernen. Denn Gott ist auch heute noch derselbe. Er möchte, dass wir zu ihm rufen und mit seinem mächtigen Eingreifen rechnen. Vielleicht dauert es manchmal ein bisschen, bis das Wunder geschieht, weil Gott seinen eigenen Zeitplan hat oder weil er außerhalb von Zeit und Raum ist. Doch er will, dass wir nicht pausenlos selbst kämpfen, er möchte für uns kämpfen. Das ist sein Angebot. Er weiß auch, wie sehr uns das Kämpfen zermürben kann und wie oft wir verletzt daraus hervorgehen.

      David schreibt im Psalm 37,5-7a: »Überlass dem Herrn die Führung deines Lebens, und vertraue auf ihn, er wird es richtig machen. Deine Unschuld wird er sichtbar machen, so hell wie das Licht des Tages, und die Rechtmäßigkeit deiner Sache wird leuchten wie die Mittagssonne. Sei ruhig in der Gegenwart des Herrn, und warte, bis er eingreift.« Diese Verheißungen sind tröstlich und machen Mut. Gott verhilft – zu seiner Zeit – seinen Kindern zu ihrem Recht.

      Mir persönlich geht in den folgenden Wochen diese junge Bankangestellte nicht aus dem Kopf. Jedes Mal, wenn ich an sie denke, steigt Ärger in mir hoch. Bis ich eines Tages eine kreative Idee habe. Im hintersten Keller unseres Hauses werfe ich mit voller Wucht eine alte Kaffeetasse gegen die Betonwand und schicke gleich noch ein paar Schimpfwörter hinterher. Das tut gut. Mein Ärger ist fürs Erste raus. Und schließlich kann ich dieser Frau sogar vergeben.

      Mutmach-Tipp:

      Wut zu empfinden, ist normal. Finde kreative Möglichkeiten heraus, um deine Wut zu mildern.

      Zum Nachlesen:

      2. Mose 14,14; Psalm 37

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      4. Ändere die Blickrichtung

      Es ist Herbst. Die Tage werden dunkler. Nun bin ich schon über ein halbes Jahr alleinerziehend. Schon oder erst? Der Jüngste hat gerade seinen vierten Geburtstag gefeiert. Es werden noch viele Jahre vor mir liegen. Werde ich es schaffen? Immer öfter zweifle ich daran. Die Tage mit den Kindern sind lang und anstrengend. Doch am schwierigsten sind die Abende für mich. Denn zum Abendessen geht nicht mehr wie früher die Haustür auf und mein Mann kommt herein und unterstützt mich. Ich sitze allein da mit den Kindern. Ich muss die abendlichen Abläufe allein durchziehen. Nach dem Abendessen dürfen die Kinder noch eine Sendung im Fernsehen schauen, nebenbei räume ich die Küche auf. Dann geht das große »Kinder-ins-Bett-Bringen« los. Zuerst den Jüngsten und anschließend den Zweitjüngsten ins Bett bringen. Eine Geschichte vorlesen, letzte Sorgen besprechen, beten und noch ein wenig dableiben, sonst kann der Jüngste nicht einschlafen. Dann noch kurz bei meiner Tochter vorbeischauen und schließlich noch beim ältesten Sohn. Er darf etwas später zu Bett gehen und muss oft noch etwas für die Schule wissen. Anschließend gehe ich in mein Büro, denn wenn es am Abend im Haus ruhig ist, kann ich am besten arbeiten. Ich schaue in meinem Terminkalender nach, welche Arbeiten bis wann abgegeben sein müssen und mache mich an die Arbeit. Oft wird es spät.

      Kurz vor Weihnachten dann mag ich nicht mehr. Es ist zu viel. Ich bin erschöpft. Meine Ärztin sagt, dass ich wegmuss, zur Erholung in eine Klinik. Mindestens drei Wochen. Ich erschrecke – wie soll das gehen? Im Gottesdienst ziehe ich ein Bibelspruchkärtchen: meine persönliche Jahreslosung für das kommende Jahr. Darauf steht ein Vers aus dem Hebräerbrief: »Lasst uns (…) aufsehen zu Jesus« (Hebräer 12,1-2a; LUT). Ich hänge das Bibelspruchkärtchen in meiner Küche auf. »Aufsehen zu Jesus«, das heißt für mich, sage ich mir, dass ich nun ganz die Hilfe von ihm erwarten muss. Also beschließe ich, diesen Klinikaufenthalt tatsächlich zu machen und für drei Wochen wegzugehen. Schon bald finde ich eine Familienhelferin, die über die ganze Zeit dableiben wird und sogar bei uns übernachtet. Schließlich stelle ich noch fest, dass ich bei der Krankenkasse eine Zusatzversicherung für Haus- und Familienhilfe habe. Die Familienhelferin wird also bezahlt werden. Darüber bin ich unendlich dankbar. Gleich zu Beginn des neuen Jahres gehe ich dann. Leicht fällt es mir nicht, meine vier Kinder für einige Zeit anderen Menschen und damit zugleich Jesus zu überlassen.

      Wenn ich einen Vers aus der Bibel erhalte, lese ich meistens nach, was da sonst noch steht, damit ich auch besser verstehe, was mir Gott damit sagen will. Der Vers von meinem Kärtchen aus dem Gottesdienst steht im Hebräerbrief Kapitel 12,1-2a und lautet in einer neueren Übersetzung so: »Da wir von so vielen Zeugen umgeben sind, die ein Leben durch den Glauben geführt haben, wollen wir jede Last ablegen, die uns behindert, besonders die Sünde, in der wir uns so leicht verstricken. Wir wollen den Wettlauf bis zum Ende durchhalten, für den wir bestimmt sind. Dies tun wir, indem wir unsere Augen auf Jesus gerichtet halten (›Aufsehen auf Jesus‹), von dem unser Glaube vom Anfang bis zum Ende abhängt.«

      Unser Leben wird hier also mit einem Wettlauf verglichen, einem Rennen. Diese Vorstellung klingt zunächst nicht so angenehm. Ein Rennen ist anstrengend, man sollte keine Pausen einlegen, gerät außer Atem und kommt an die Leistungsgrenze. Doch zum Glück ist damit nicht unser Leben in seiner physischen Aktivität gemeint. Denn die Bibel selbst spricht davon, dass wir Menschen immer wieder Erholung brauchen.

      Gemeint ist unser Leben als solches, in welchem wir auch, aber in anderer Weise ständig unterwegs sind. Genauso wie bei der physischen Aktivität kommen wir auch im Lauf unseres Lebens immer wieder an unsere Leistungsgrenze. Doch diese ist oft nicht so leicht ersichtlich. Wir geraten nicht außer Atem, und es fällt unserem Umfeld auch nicht sofort auf, wenn wir langsamer werden. Vielleicht fällt es nicht einmal uns selbst auf. Und so kann es passieren, dass wir dann ganz plötzlich und unvermittelt gar nicht mehr weiterlaufen können. Dass wir in der Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit ankommen. Hier gefällt mir das Bild vom Wettlauf. Denn der Läufer läuft normalerweise nicht allein im Stadion. Da gibt es andere Sportler, die auch laufen, aber auch Freunde auf den Zuschauerbänken, die anfeuern. Die merken, wenn der Läufer langsamer wird, und dann zurufen: »Weiter, du schaffst es!« Das hilft dem Läufer, dranzubleiben und nicht aufzugeben.

      Für uns als Alleinerziehende ist es ausgesprochen wichtig, solche Freunde und Wegbegleiter zur Seite zu haben. Menschen, die Mut machen, die anfeuern und sagen: »Du machst das so gut!« Oder die uns zeigen, wie wir ganz praktisch die Kraftreserven einteilen können.

      Für das Durchhalten ist dann aber noch etwas nötig. Es ist das, was der Text damit beschreibt, unsere Augen auf Jesus gerichtet zu halten. Hier geht es um unsere Blickrichtung. Schauen wir hinauf zu Jesus, der mit uns läuft, oder schauen wir hinunter auf den Boden, auf uns selbst; auf unsere Fitness und auf unsere Kraft? Und weil Jesus dieses Leben und all dessen Lasten so gut kennt, will auch er unser Wegbegleiter sein. Doch er möchte uns nicht nur von der Zuschauerbank aus anfeuern, nein, er möchte noch viel mehr für uns tun. Er möchte mitlaufen! Und das Beste ist: Er will uns dabei sogar noch unseren Rucksack voller Sorgen und Lasten abnehmen, der beim Laufen nur hinderlich ist.

      Nach meinem Erholungsaufenthalt spüre ich wieder neue Kraft und Zuversicht. Mit meinen Kindern ist alles gut gegangen. In der Klinik habe ich viele gute Anregungen erhalten, wie ich meine Kraftreserven besser einteilen kann, und so starte ich wieder motiviert in meinen Alltag. Doch in meiner Küche bleibt


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