Falsches Spiel in Brodersby. Stefanie Ross

Falsches Spiel in Brodersby - Stefanie Ross


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Wir müssen was dagegen tun und wir fangen mit Dimitris Vorschlag an!«

      Da er Gerdas und Heiners Einschätzung vertraute, nickte Jan. »Okay, machen wir. Ich schicke Lena eine WhatsApp.«

      »Und überleg mal, wem du auf die Zehen gestiegen bist«, bat Heiner. »Wir müssen die Quelle finden und dichtmachen.«

      »Da fällt mir leider keiner ein. Aber danke, dass ihr da gegensteuert!«

      Heiner nickte knapp. »Ehrensache. Irene hat ihre Mädels schon angespitzt und ich werde noch mal eine Runde machen. Es wäre doch gelacht, wenn wir nicht rausfinden, wer unserem Doc schaden will.«

      Gerda zeigte ihm das Daumen-hoch-Zeichen. »Heute passt es nicht, aber morgen werden Conrad und ich im Zeus essen und die Ohren ganz weit aufmachen. Die Jagd ist eröffnet!«

      Kapitel 7

      Als sich Jan seinem Haus näherte, stutzte er. Die Stichstraße war nicht mehr als ein asphaltierter Weg und es gab keinen Verkehr, der an dem Gebäude vorbeiführte. Deshalb irritierte ihn der dunkelblaue Ford, der wenige Meter hinter seinem Haus auf der Fläche parkte, die er und seine Freunde sonst als Wendeplatz nutzten.

      Das würde er sich genauer ansehen. Statt den Audi im Carport neben Lenas Mini abzustellen, hielt er direkt vor dem Haus, stieg aus und lief auf den Wagen zu. Ein Mann saß im Inneren und blickte anscheinend aufs Meer hinaus.

      Ehe Jan den Ford erreichte hatte, fuhr der Unbekannte los, beschleunigte jedoch nicht übermäßig stark. Durch die getönten Scheiben hatte Jan den Fahrer nicht richtig erkennen können, trotzdem kam ihm der Typ vage bekannt vor. Hatte der Mann ihm im Vorbeifahren zugewinkt? Oder war das nur eine entschuldigende Geste gewesen, weil er auf einem Privatgrundstück geparkt hatte?

      Ratlos ging Jan zur Haustür und nahm sich vor, seine frühere Dienstwaffe wieder zu tragen. Als ehemaliger Angehöriger einer Spezialeinheit verfügte er über einen Waffenschein und eine entsprechende Erlaubnis. Unwillkürlich schmunzelte er. Als er in Brodersby angekommen war, hatten Heiner und er sich nicht ausstehen können. Damals war der ehemalige Polizist noch im Dienst gewesen und hatte vergeblich versucht, ihn wegen unerlaubten Waffenbesitzes dranzukriegen. Dass Heiner und er mal Freunde werden würden, hätte er nie gedacht. Bei dem ersten Verbrechen, das er gemeinsam mit Jörg aufgeklärt hatte, war ausgerechnet Heiners Sohn der Täter gewesen und saß nun für viele Jahre im Gefängnis.

      Lena öffnete die Tür. »Ist was? Du siehst so angespannt aus.«

      »Nö, ich musste nur gerade an Heiners Sohn denken.«

      Sie funkelte ihn an. »Dieser Umweltverschmutzer, dem Geld über alles ging und der unter anderem indirekt für den Tod meiner Tochter verantwortlich ist, verdient es nicht, dass du auch nur einen Gedanken an ihn verschwendest!«

      Da war ihm doch tatsächlich für einen Moment entfallen, wie empfindlich sie auf Klaus Zeiske reagierte! Und das absolut zu Recht. Damals waren große Mengen giftiger Flüssigkeit in der Gegend abgelassen worden. Obwohl sie es niemals sicher hatten beweisen können, gingen sie davon aus, dass Lenas Baby auf dem Spielplatz damit in Kontakt gekommen war. Nach einem heftigen Hustenanfall war die Kleine gestorben, ebenso wie Jans Vorgänger als Landarzt.

      Sanft umarmte er sie. »Hey, ich wollte dich nicht aufregen.«

      »Dann erwähne seinen Namen nicht! Außerdem rege ich mich nicht auf.«

      Jan erinnerte sich plötzlich an ein Gerücht aus seinen ersten Wochen in Brodersby. Damals hatte es einige wenige Dorfbewohner gegeben, die behauptet hatten, Lena sei am Tod ihres Babys schuld gewesen. Wie er selbst hatte Lena damals erst kurze Zeit in Brodersby gewohnt und fiel durch ihre Vorliebe für farbenfrohe Kleidung und ihren künstlerischen Beruf auf.

      Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie privilegiert er bisher gewesen war, dass er noch nie im Zentrum von miesen Behauptungen gestanden hatte, sondern ohne Probleme von der Dorfgemeinschaft aufgenommen worden war. Sollte es ihn nun treffen, hatte er genug Freunde an der Seite und müsste lediglich scharf kalkulieren, wenn seine Patienten tatsächlich begannen, andere Ärzte aufzusuchen.

      Da Lena ihn forschend ansah, entschied er sich für ein Ablenkungsmanöver. »Ich habe gerade über eine Radfahrerin nachgedacht, die mich fast umgefahren hätte«, spielte er auf ihre erste Begegnung an.

      Sein Manöver hatte Erfolg. »Vergiss es. Du hattest dein Schätzchen total bescheuert geparkt …« Nun war das Funkeln ihrer blauen Augen eindeutig amüsiert. »Na warte, das werden wir nachher im Zeus ausdiskutieren! Vorher habe ich noch ein Attentat auf dich vor. Aber natürlich nur, damit du nachher ordentlich Hunger hast.«

      Jan seufzte theatralisch. »Ich dachte, du wartest wie eine brave Frau mit dem Essen auf mich. Was muss zusammengebaut oder umgestellt werden?«

      Lenas Lachen verriet ihm, dass er sich erst das Mittagessen und später das Gyros wirklich verdienen würde.

      Wenn Jan nicht durch Gerda vorgewarnt gewesen wäre, hätte er im Zeus nicht bemerkt, dass ihn ein Ehepaar wenig freundlich ansah und danach miteinander tuschelte. Der Mann hatte Jans Ermahnung, dass er sein Leben umstellen musste, nicht hören wollen und auf weitere Tabletten gesetzt, die seinen Blutdruck und seine Leberwerte regulieren sollten. Wutentbrannt hatte er die Praxis verlassen und angekündigt, sich einen richtigen Arzt zu suchen. Zumindest er schien von den Gerüchten gehört zu haben und verbreitete sie vermutlich auch.

      Hannes Waldner winkte ihnen dagegen herzlich zu und begrüßte sie lautstark.

      Dimitri eilte freudestrahlend auf sie zu. »Toll, dass es heute geklappt hat. Du strahlst ja förmlich, Lena. Was für ein schöner Anblick. Euer Lieblingstisch wartet schon auf euch.«

      »Dass die sich hier mal wieder sehen lassen«, kommentierte eine ältere Frau Dimitris Begrüßung gerade laut genug, dass Jan und Lena es hören konnten.

      Der Grieche wirbelte zu seinem Gast herum. »Ich habe absolutes Verständnis dafür, dass Lena und ihr Kleines keinen Appetit auf unser gut gewürztes Essen hatten. Deshalb bleiben Lena und Jan aber unsere lieben und geschätzten Freunde!«

      Lena bedachte die Frau mit einem verächtlichen Blick. »Haben Sie es immer noch nicht überwunden, dass ich nicht bereit war, für hundert Euro sämtliche Zimmer in Ihrem Haus neu zu streichen? Dabei hätte mir das doch inklusive Ihrer Extrawünsche bestimmt einen Stundenlohn von einem Euro eingebracht …«

      Die anderen Gäste an dem Tisch lachten bei Lenas Retourkutsche und es gab einige anzügliche Bemerkungen über die Geiz-ist-geil-Mentalität in der Gesellschaft im Allgemeinen und bei der Frau im Besonderen.

      Soweit Jan es beurteilen konnte, gab es außer den beiden unfreundlichen Reaktionen zwar ein paar neugierige Blicke, aber keine direkten Angriffe.

      Gerda hatte nicht zu viel versprochen. Als Dimitri Lena eine Gemüsepfanne servierte, strahlte sie. »Wieso bin ich nur nicht früher auf die Idee gekommen, dich nach einem vegetarischen Gericht zu fragen? Dann hätte Jan nicht so lange auf dein Gyros verzichten müssen.«

      »So oft, wie er das mittags gegessen hat, war das kein großes Opfer.«

      Jans Unschuldsmiene war reichlich wackelig, als Lena ihn strafend ansah. »Und ich habe dich bedauert.«

      »Ach, die paar Male, wenn Jörg was zu essen mitgebracht hat …«

      Da Dimitri eine seiner buschigen grauen Augenbrauen hochzog, schwieg Jan lieber.

      »Wann ist es denn so weit?«, wechselte der Grieche das Thema.

      »Geplant in einer Woche, aber theoretisch kann es jeden Tag losgehen.«

      »Nun ja, es kommt, wenn es so weit ist. Ich freue mich schon auf euren Nachwuchs. So, jetzt esst schön und genießt den Abend!«

      Und das taten sie, bis plötzlich Paul Winkler an ihren Tisch trat. »Jan! Was für eine Überraschung. Und wer ist die schöne Frau an deiner Seite?«

      Ohne auf eine Einladung zu warten, die ganz bestimmt nicht erfolgt wäre, setzte sich Paul auf den Stuhl,


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