Im Dienst der Föderation. Tanya Huff
...es darf nicht sein, dass jeder Mensch im Zug jedes Mal daran denkt, wenn Sie einen meiner Befehle weitergeben.« Er erwiderte das Lächeln. »Mir sind die Speziesparameter klar, Staff Sergeant Kerr, so sehr ich sie auch bedaure, und um das zu sagen wollte ich mich eigentlich zu Ihnen setzen.«
»Oh.« Ein plötzliches Kichern vom anderen Ende der Kantine verschaffte Torin einen Vorwand, ihre Aufmerksamkeit einem kleinen Tisch zuzuwenden, an dem drei menschliche Teenagerinnen saßen.
»Was ist?«
»Sie werden beobachtet, Sir.«
Er warf ihnen einen Blick über die Schulter zu, und nach einem Augenblick entnommenen Schweigens hauchte eines der Mädchen: »Elfen«, während die beiden anderen einfach nur seufzten.
Die inoffizielle Reaktion des aus First Sergeants bestehenden menschlichen Kontaktteams bei der ersten Begegnung mit den di’Taykaner hatte gelautet: »Heilige Scheiße, das sind Elfen!« Zum Entsetzen aller politisch korrekten Xenoanthropologen war es bei diesem Spitznamen geblieben. Als man die di’Taykaner über die Mythologie informiert hatte, in der er seine Wurzeln hatte, schien er ihnen nichts auszumachen, und einige di’Taykaners hatten sich sogar angewöhnt, entsprechend zu leben. In der Grundausbildung hatte Torin tatsächlich einen di’Taykaner getroffen, der nach einem Charakter in einem alten terranischen Buch Celeborn geheißen hatte.
Das Seufzen verwandelte sich in Gekicher.
»Ich glaube, Sie müssen Ihren Dämpfer nachjustieren, Sir.«
»Und ich glaube, Sie haben vergessen, wie Sie in deren Alter waren.«
»Korrekt, und zwar mit Freude.« Sie schob ihre leere Schale in den Recyclingschacht und erhob sich. »Es ist 1340, Sir. Um 1400 will der Captain uns sehen.«
Lieutenant Jarret erhob sich ebenfalls und nickte in Richtung ihres Tablets, während sie im Gleichschritt durch die Kantine gingen. »Sollte ich irgendetwas über die Leute wissen, die Sie ausgewählt haben?«
»Es wäre ihnen allen lieber gewesen, wenn ich jemand anderen ausgesucht hätte, aber ansonsten nicht.« Torin empfand es als gutes Zeichen, dass der Lieutenant Sie um Informationen bat. Zu viele Offiziere dachten nach der Ausbildung, sie könnten den Krieg im Alleingang gewinnen. Zum Glück überstanden solche Offiziere ihren Erstkontakt mit Kampfeinheiten üblicherweise nicht besonders lange – manchmal bekam sogar der Feind die Chance, sie zu eliminieren. Sie runzelte nachdenklich die Stirn, während sie zu Fuß ein Deck höher gingen. »Es sind alles Leute, die man im Kampf gerne an seiner Seite hat, Sir, aber ich bin nicht sicher, wie sie mit protokollarischen Aufgaben klarkommen werden.«
»General Morris schien der Ansicht zu sein, die Silsviss wären mit Kampferfolgen leichter zu beeindrucken als mit der Fähigkeit, in Reih und Glied zu marschieren.«
»Da haben wir aber Glück gehabt.«
»Doch er hat vorgeschlagen, dass wir auf dem Weg ein bisschen Drill anberaumen.«
Torin schnaubte.
»Sie halten das nicht für notwendig, Sergeant.«
»Notwendig? Doch, Sir. Überlebbar?« Sie zuckte die Achseln.
»Der General scheint der Auffassung zu sein, der Zug könne das als eine Art Arbeitsurlaub betrachten.«
»Tut er das, Sir?«
»Sind Sie anderer Meinung?«
»Entweder wir arbeiten, oder wir haben Urlaub. Beides gleichzeitig geht nicht.«
»Guter Einwand, aber der General glaubt ...«
Torin blieb vor der Tür des Captains stehen, seufzte und wandte sich dem Lieutenant zu. Angesichts ihrer Reife in anderen Dingen vergaß man leicht, dass di’Taykaners, wenn sie Second Lieutenants waren, genauso jung und unerfahren waren wie Menschen. »Verzeihung, Sir, aber Sie werden diesen Zug befehligen, nicht der General. Vielleicht machen Sie sich am besten Ihre eigenen Gedanken.«
Seine spitzen Ohren knickten leicht ein, aber seiner Stimme war die Verlegenheit, die er zweifellos empfand, nicht anzuhören. »Ich werde darüber nachdenken, Sergeant.«
»Danke, Sir.« Sie meinte es ernst und brachte das auch so gut wie möglich zum Ausdruck. Niemand ließ sich gern von oben herab behandeln, am wenigsten Second Lieutenants, die sich noch nicht darüber im Klaren waren, wie weit ihre Macht eigentlich reichte.
Lieutenant Jarret musterte sie, dann lächelte er plötzlich. »Wissen Sie, der General hat auch gesagt, ein guter Staff Sergeant sei sein Gewicht in Sprenggranaten wert.«
»Ich vermute, dies ist General Morris’ erster Kampfeinsatz, Sir.«
»Warum?«
»Weil er gefickt ist, wenn das alles ist, was er für einen guten Staff Sergeant kriegt ...« Sie erwiderte sein Lächeln und trat beiseite, als sich die Tür des Captains öffnete. » ...Sir.«
Zwei
»Sind das alle?«
»Bis auf einen, Sir.«
Lieutenant Jarret, der die Marines beobachtet hatte, die unter ihm in der Ladebucht herumwuselten, wandte sich seinem Staff Sergeant zu. »Einen?«, fragte er.
Die Betonung seiner Frage machte deutlich, was er eigentlich wissen wollte. Torin, die versucht hatte, den Namen nicht zu erwähnen, hatte jetzt keine andere Wahl mehr. »Corporal Conn, Sir.«
»Der Mann, dessen Freigang Sie verlängert haben?«
»Ja, Sir.«
»Weiß er, dass wir heute Morgen aufbrechen?«
Torin zuckte bei dem täuschend milden Tonfall zusammen. Der Sarkasmus des di’Taykaner war so schneidend, dass ihm kein Schott standgehalten hätte. Ehe sie antworten konnte, erhob sich eine herrische Stimme mit der Aufforderung, sofort abgesetzt zu werden, über den allgemeinen Lärm, und sie lächelte. »Da ist er ja, Sir.«
Jarret sah zu, wie ein großer Mann ein Kind mit flammendrotem Haar von seinen Schultern hob und vorsichtig an Deck absetzte. »Er hat seine Tochter mitgebracht?«
»Ja, Sir, Myrna Troi. Sie verabschiedet die Kompanie immer.«
»Ich fasse es nicht, was Menschen ihren Kindern antun«, sinnierte Jarret, während das kleine Mädchen herumrannte und die Grüße des gesamten Zugs entgegennahm, als stünden sie ihr zu. »Bis Taykan ihre di’-Phase erreichen, wachsen sie sehr behütet auf.«
»Wir sind eine ziemlich flexible Spezies, Sir.«
»Ach, wir etwa nicht?« Violettes Haar hob sich und unterstrich den Doppelsinn der Konversation.
»Lieutenant ...«
»Tut mir leid.« Er grinste, was zeigte, dass es ihm eigentlich überhaupt nicht leidtat, und ging Richtung Treppe. »Da sich Corporal Conn entschlossen hat, sich uns anzuschließen, können wir anfangen.«
***
»Ich werde wahrscheinlich gewachsen sein, bis du zurückkommst. Wahrscheinlich bin ich dann so groß.« Auf Zehenspitzen stehend reckte Myrna Troi die Hand in die Luft, so hoch sie nur konnte, also knapp oberhalb des Kopfes ihres Vaters, der vor ihr in die Hocke gegangen war. »Wahrscheinlich bin ich dann ein Sartschent«, teilte sie ihm streng mit, die rostroten Brauen über den smaragdgrünen Augen hochgezogen. »Dann musst du tun, was ich dir sage und darfst nicht mehr fortgehen.«
»Tut mir leid, Süße. Daddy will nicht weg, aber er muss.«
Sie starrte ihn lange an, dann schmiegte sie sich an seine Schulter und seufzte tief. »Ich weiß.«
»Pass auf Mama auf, während ich fort bin.«
»Mama wird wahrscheinlich weinen. Mama sagt, du solltest kein Marine mehr sein. Mama sagt, du solltest auf der Station arbeiten. Mama sagt, Trisha hat sich wahrscheinlich die Titten machen lassen.«
Etwas verwirrt wegen der letzten vertraulichen Informationen