Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton
August twitterte Trump, dass wir fünfundzwanzig Jahre lang ergebnislos mit Nordkorea gesprochen hätten, und es keinen Sinn mache, weiter zu reden. Trump wiederholte diesen Punkt am 7. Oktober:
Präsidenten und ihre Regierungen haben 25 Jahre lang mit Nordkorea gesprochen, Vereinbarungen wurden getroffen und riesige Geldbeträge gezahlt … hat nicht funktioniert, Vereinbarungen wurden verletzt, bevor die Tinte trocken war, und die US-Unterhändler zum Narren gehalten. Tut mir leid, aber nur eines wird funktionieren!
Mattis in Südkorea widersprach Trump fast sofort und sagte, es gebe immer Raum für Diplomatie, obwohl er schnell wieder zurückruderte und behauptete, es gebe keine Differenzen zwischen ihm und dem Präsidenten.16 Die Dissonanz wurde immer schriller. Nordkorea hatte am 3. September mit seinem sechsten Atomwaffentest begonnen, bei dem es sich mit ziemlicher Sicherheit um einen thermonuklearen Test handelte. Zwölf Tage später schoss Nordkorea eine Rakete über Japan ab und unterstrich den Standpunkt Trumps aus seinem Tweet. Fast unmittelbar danach schrieb der japanische Premierminister Abe einen Gastkommentar in der New York Times und kam in einer Stellungnahme zu dem Schluss, dass »mehr Dialog mit Nordkorea eine Sackgasse wäre«, und sagte: »Ich unterstütze voll und ganz die Position der Vereinigten Staaten, dass alle Optionen zur Debatte stehen« – deutlicher kann ein japanischer Politiker nicht werden, wenn es um die Unterstützung einer offensiven militärische Operation geht.17 Im Gegensatz dazu kündigte Tillerson an, dass wir uns mit »Nordkorea zu einem konstruktiven, produktiven Dialog an einen Tisch setzen«18 wollten. »Das Gebäude« hatte ihn offensichtlich fest im Griff. Als Trump neue Finanzsanktionen gegen Nordkorea ankündigte, reagierte China mit der Aussage, seine Zentralbank habe alle chinesischen Banken angewiesen, ihre Geschäfte mit Pjöngjang einzustellen, was ein beträchtlicher Schritt nach vorne war, wenn er denn tatsächlich durchgeführt würde (und viele hatten da ihre Zweifel).19
Der sichtbarste Krisenherd blieb jedoch der Iran, und im Juli stand Trump vor seiner zweiten Entscheidung, ob er bescheinigen sollte, dass sich der Iran an den Atomdeal hielt. Die erste Entscheidung, dies zu tun, war ein Fehler gewesen, und nun stand Trump kurz davor, ihn zu wiederholen. Ich schrieb einen Gastkommentar für The Hill, der am 16. Juli auf der Website der Zeitung erschien20 und anscheinend einen ganztägigen Kampf innerhalb des Weißen Hauses auslöste. McMaster und Mnuchin hielten eine Telefonkonferenz ab, um Reporter über die Entscheidung zu informieren, die Vertragstreue Irans zu bescheinigen, und das Weiße Haus schickte den Medien per E-Mail »Gesprächspunkte«, in denen die Entscheidung erläutert wurde, während die Telefonkonferenz im Gange war. Ein außenstehender Analyst sagte mir jedoch: »Im NSC herrscht Chaos«, die Gesprächspunkte wurden zurückgezogen, und die Entscheidung, die Einhaltung der Bestimmungen zu bescheinigen, wurde rückgängig gemacht.21 Die New York Times berichtete unter Berufung auf einen Beamten aus dem Weißen Haus über eine fast einstündige Konfrontation über die Zertifizierungsfrage zwischen Trump auf der einen Seite und Mattis, Tillerson und McMaster auf der anderen Seite, und bestätigte damit, was ich zuvor gehört hatte. Andere Quellen besagten dasselbe.22 Trump unterlag schließlich, nicht besonders glücklich und erst, nachdem er noch einmal nach Alternativen gefragt hatte, von denen seine Berater sagten, dass es keine gäbe. Bannon schrieb mir: »POTUS23 liebte es … Ihr Gastkommentar trieb ihn in der Iranfrage an.«
Trump rief mich einige Tage später an, um sich darüber zu beschweren, wie die iranische Zertifizierungsfrage gehandhabt worden war, und vor allem über »Leute im Außenministerium«, die ihm keine Optionen gegeben hatten. Dann sagte er unter Bezugnahme auf mein letztes Gespräch mit Tillerson: »Ich habe gehört, dass das, worüber Rex mit Ihnen gesprochen hat, nicht funktionieren wird. Nehmen Sie nicht irgendeine halbherzige Position da drüben ein. Wenn er Ihnen etwas wirklich Tolles anbietet, okay, was auch immer, aber ansonsten warten Sie einfach ab. Ich werde Sie anrufen.« Er schloss den Anruf mit der Aufforderung, ich solle »nächste Woche kommen und [ihn] besuchen«, um über den Iran zu sprechen. Bannon schickte mir gleich danach eine SMS: »Wir reden jeden Tag darüber / über Sie.« Ich sagte Bannon, dass ich einen Plan schreiben würde, wie die USA sich aus dem Iran-Deal zurückziehen könnten. Es würde nicht schwer sein.
Am nächsten Tag trat Sean Spicer als Sprecher des Weißen Hauses zurück, um gegen die Ernennung von Anthony Scaramucci zum Kommunikationsdirektor zu protestieren, woraufhin Sarah Sanders als Spicer-Nachfolgerin ausgewählt wurde. Eine Woche später entließ Trump Priebus und ernannte John Kelly, den damaligen Minister für Innere Sicherheit und ehemaligen Vier-Sterne-General der Marine, zum Stabschef des Weißen Hauses. Am Montag, dem 31. Juli, entließ Kelly Scaramucci. Mitte August brach eine Kontroverse über Trumps Bemerkungen über Neonazi-Demonstranten in Charlottesville, Virginia, aus. Am 18. August entließ er Bannon. War es das, was in Wirtschaftshochschulen über die Leitung großer Organisationen gelehrt wurde?
Was nicht erfolgte, war irgendein Lebenszeichen aus dem Weißen Haus in Bezug auf meine Ausstiegsstrategie aus dem Iran-Deal, die ich Bannon zuvor übermittelt hatte. Als ich um ein Treffen mit Trump ersuchte, schlug Westerhout vor, dass ich zuerst Tillerson treffen sollte, was für uns beide Zeitverschwendung gewesen wäre. Ich vermutete, dass Kellys Bemühungen, Disziplin in die Operationen des Weißen Hauses zu bringen und insbesondere die Anarchie im Oval Office zu begrenzen, dazu geführt hatten, dass meine Zugangsprivilegien zusammen mit denen vieler anderer ausgesetzt worden waren. Ich fand, es wäre eine Schande, meinen Iran-Plan verkümmern zu lassen, also schlug ich dem Herausgeber der National Review, Rich Lowry, vor, ihn zu veröffentlichen, was er Ende August tat.24 Irans Außenminister Dschawad Sarif prangerte meinen Plan sofort als »großen Fehlschlag für Washington«25 an.
Ich wusste, dass ich auf dem richtigen Weg war. Die meisten der Washingtoner Medien konzentrierten sich nicht auf den Inhalt des Plans, sondern schrieben stattdessen über meinen Verlust des Zugangs zu Trump, wahrscheinlich weil sie Palastintrigen besser verstanden als Politik. Kushner schickte mir eine SMS, in der stand: »Sie sind im Weißen Haus immer willkommen«, und: »Steve [Bannon] und ich waren in vielen Dingen anderer Meinung, aber beim Thema Iran waren wir uns einig.« Tatsächlich lud Kushner mich am 31. August zu einem Treffen ein, um seinen neuen Friedensplan für den Nahen Osten, inklusive des Iran, zu besprechen. Nach einer relativ langen Pause hielt ich dieses Treffen nicht für zufällig.
Dennoch kam noch immer kein Wort von Trump, obwohl im Oktober eine weitere Konformitätsbescheinigung für den Iran, die laut Gesetz alle neunzig Tage erforderlich ist, fällig wurde. Das Weiße Haus kündigte an, dass Trump am 12. Oktober eine große Iran-Ansprache halten würde, also beschloss ich, nicht länger schüchtern zu sein, und rief Westerhout an, um ein Treffen zu erbitten. Bis dahin hatte Tillerson Berichten zufolge Trump als »einen verdammten Idioten« bezeichnet, was er auch nicht rundweg leugnen wollte. Es gab Gerüchte, dass Kelly als Stabschef zurücktreten wollte und dass Pompeo ihn ersetzen würde, obwohl es auch regelmäßig Gerüchte gab, dass Pompeo McMaster ersetzen würde. Ich konzentrierte mich immer noch auf den Iran und schrieb einen weiteren Gastkommentar für The Hill, in der Hoffnung, dass der Zauber wieder funktionieren würde.26 Er erschien am 9. Oktober, am selben Tag, an dem ich mit Kushner in seinem Büro im West Wing zu Mittag aß. Wir sprachen zwar über seinen Nahostplan und den Iran, aber was seine Aufmerksamkeit wirklich erregte, war das Foto, das ich mitgebracht hatte und das den knalligen Eingang zum Büro von Sonderberater Robert Mueller zeigte, welches sich im selben Gebäude wie mein SuperPAC befand.
In den Medien wurde berichtet, dass Trumps Berater ihn dazu drängten, dem Iran die Einhaltung des Nuklearabkommens nicht zu bescheinigen, aber dass die USA trotzdem an der Vereinbarung festhielten. Ich empfand dies als Selbsterniedrigung, aber die Befürworter des Abkommens waren so verzweifelt, dass sie bereit waren, einen kritischen Punkt bei der Einhaltung zuzugestehen, nur um das Abkommen zu retten. Trump rief mich am späten Nachmittag des 12. Oktober an (die Rede war auf Freitag, den 13., verschoben worden), um mit mir zu sprechen. »Sie und ich sind bei diesem Abkommen zusammen, Sie sind vielleicht etwas härter als ich, aber wir sehen es gleich«, sagte er. Ich antwortete, dass ich aus der Presseberichterstattung ersehen konnte, dass er den Iran wahrscheinlich dezertifizieren, aber immer noch an dem Abkommen festhalten würde, was, wie ich ihm sagte, zumindest ein Schritt nach vorn sei. Ich bat darum, das Thema weiter zu erörtern, wenn mehr Zeit zur Verfügung stünde. »Hundertprozentig«, sagte Trump. »Hundertprozentig. Ich weiß, dass das Ihre Ansicht ist. Ich achte sehr genau