Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. Martin Schölkopf
Leistungen bei Mutterschaft bereitstellt. Der Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 4,35 Prozent des Bruttoeinkommens wird allein vom Arbeitgeber entrichtet. Für die Elternschaftsversicherung, die auch Leistungen bei Mutterschaft finanziert, fällt ein weiterer, ebenfalls allein vom Arbeitgeber zu tragender Beitragssatz an.
Die Höhe der Zuzahlungen bei ambulanter oder stationärer Behandlung wird von den Kommunen festgelegt. Bei Krankenhausbehandlung zahlt der Patient maximal umgerechnet rund 9,50 Euro pro Tag; diese Selbstbeteiligung kann bei finanzieller Bedürftigkeit reduziert werden. Für die Konsultation eines Hausarztes sind je nach Kommune umgerechnet bis zu 28 Euro Praxisgebühr zu entrichten. Für eine fachärztliche Behandlung und für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus beläuft sich die Selbstbeteiligung auf einen Betrag zwischen 19 und 38 Euro. Im letzteren Fall sind Jugendliche und Kinder unter 20 Jahren von der Gebühr befreit. Die gesamte Selbstbeteiligung für ambulante oder stationäre Behandlung ist im Jahreszeitraum auf einen vom Zentralstaat festgelegten Höchstbetrag von umgerechnet 109 Euro beschränkt (die Zuzahlungen bei Arzneimitteln bleiben dabei unberücksichtigt).
Bei Arzneimitteln trägt der Patient zunächst sämtliche Kosten bis zur Höhe von umgerechnet rund 100 Euro im Jahr. Die darüber hinausgehenden Kosten werden – abhängig von weiteren Kostengrenzen – zu mindestens 50 Prozent erstattet. Die maximale Höhe der Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln beträgt 218 Euro pro Jahr. Die zahnmedizinische Versorgung (Behandlung und Zahnersatz) ist nur bis zum Alter von 20 Jahren kostenlos. Für die zahnärztliche Grundversorgung zahlt die nationale Sozialversicherung den Leistungserbringern einen von der Regierung bestimmten Festbetrag; der Patient muss die verbleibenden Kosten bis zu einer Höhe von umgerechnet 850 Euro im Jahr selbst tragen. Für Rentner existieren Sonderregelungen.
Leistungen
Es gibt keine offizielle Auflistung der vom staatlichen Gesundheitswesen Schwedens zur Verfügung gestellten Leistungen. Der Leistungskatalog ist jedoch vergleichsweise umfänglich – und ist allen Einwohnern zugänglich. Zu den von den Kommunen – von den angeführten Zuzahlungen abgesehen – kostenlos bereitgestellten Sachleistungen im ambulanten und stationären Sektor kommen die Leistungen der nationalen Sozialversicherung hinzu, die die Kosten verschreibungspflichtiger Arzneimittel und die Kosten von Zahnbehandlungen und Zahnersatz zu großen Teilen übernimmt sowie Krankengeld und Elternschaftsleistungen gewährt.
Organisation der Versorgung
Für die ambulante ärztliche Versorgung sind die Landkreise verantwortlich. Sie kommen dieser Verantwortung nach, indem sie Ärzte in Gesundheitszentren beschäftigen und mit niedergelassenen Ärzten Verträge zur Leistungserbringung abschließen. In der hausärztlichen Versorgung dominiert die Anstellung in den 1.100 überwiegend öffentlichen Gesundheitszentren. In diesen Gesundheitszentren arbeiten in der Regel mindestens vier Allgemeinärzte sowie Vertreter und Vertreterinnen anderer Gesundheitsberufe. Rund 27 Prozent aller Hausarztkontakte in Schweden erfolgen in privaten Praxen, der Rest in den öffentlichen Zentren. Den Hausärzten kommt nur in manchen Landkreisen die Rolle des Gatekeepers zu. In den meisten Landkreisen gibt es für die Patienten keine Verpflichtung, vor dem Besuch des Spezialisten zunächst den Hausarzt zu konsultieren, sie haben freie Arztwahl und direkten Zugang zu Facharzt. Die ambulante fachärztliche Versorgung findet durch niedergelassene Spezialisten oder – in rund 70 Prozent aller Fälle – in den Polikliniken der Krankenhäuser statt.
Die oben beschriebene Wahlfreiheit ist allerdings zunächst auf die Anbieter im entsprechenden Landkreis beschränkt. Kann der Landkreis eine Behandlung nicht innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen organisieren, hat der Patient jedoch Anspruch darauf, dass der Landkreis für eine Behandlung in einer anderen Region sorgt. Der Patient hat allerdings gegenüber diesem zweiten Landkreis keinen Anspruch auf Behandlung, sodass ihm, wenn auch dort Wartelisten existieren, durch diese Regelung kaum geholfen wird. Die Verbesserung bei den Behandlungsgarantien bzw. Wartelisten steht so auch im Fokus der jüngsten gesundheitspolitischen Reformen in Schweden.
Die schwedischen Krankenhäuser befinden sich überwiegend in öffentlicher Trägerschaft der Landkreise und in geringerem Umfang in privatwirtschaftlicher Trägerschaft. In der Krankenhauspolitik wurden die Landkreise jüngst in sechs Gesundheitsregionen zusammengefasst – mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den stationären Einrichtungen in den einzelnen Regionen zu verbessern. Patienten haben die freie Wahl unter regional-öffentlichen Kliniken und zugelassenen privaten Einrichtungen.
Im internationalen Vergleich gibt es in Schweden mit 4,1 Ärzten je 1.000 Einwohner etwas mehr Ärzte als im EU-Schnitt. (3,6; beide Zahlen 2017). Ferner fällt neben den anderen skandinavischen Staaten auch Schweden durch eine sehr gute und weit überdurchschnittliche Ausstattung mit Pflegekräften auf. Andererseits gibt es in Schweden mit 2,2 Betten je 1.000 Einwohner deutlich weniger Krankenhausbetten als im Durchschnitt der EU- und OECD-Staaten. Auch in Bezug auf diesen Indikator zeigen sich in Schweden also sehr ähnliche Tendenzen wie in den anderen drei skandinavischen Wohlfahrtsstaaten.
Zuständige Behörden im Internet
Ministerium für Gesundheit und soziale Angelegenheiten: www.sweden.gov.se
Nationale Behörde für Gesundheit und Sozialwesen: www.socialstyrelsen.se
Vertiefende Literatur
Anell, A. et al. 2012: Sweden. Health system review. Health Systems in Transition, Copenhagen.
Glenngard, A.H. 2017: The Swedish Health Care System, in: Mossialos, E. et al. (Eds.): International Profiles of Health Care Systems. Commonwealth Fund. Washington, 153–160.
OECD/European Observatory on Health Systems and Policies 2019: Sweden: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, OECD Publishing, Paris/ European Observatory on Health Systems and Policies, Brussels.
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