Grünröcke erzählen .... Группа авторов

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erfahren, die ein würdiges Gegenstück zu der tagsvorherigen ergab. So genau er nämlich auch jeden Winkel des Zimmers durchsuchte, sein Gewehr war nirgends zu finden. Seine Ehehälfte hatte es ihm ohne Zweifel versteckt, gewissermaßen als Strafe. Constantin begann nun wie ein Stabstrompeter zu fluchen, ganz im Stillen jedoch, denn im Hause hatte seine Gattin „die Hosen an“, und als er sich in seinem Innern genügend ausgeflucht hatte, blieb ihm nichts Anderes übrig, als ohne Gewehr das Haus zu verlassen. Er nahm seinen Stock, der dem gekürzten Krummstab eines Bischofs glich, und trat mit Waldmann seine Morgenwanderung an.

      „Versuchen wir’s! Vielleicht geht es“, murmelte er geheimnisvoll vor sich hin, und abermals trat ein Lächeln auf seine Lippen, die eben zuvor noch im Flüstertone grimmige Flüche gelispelt hatten. Auf dem Weg zum ElfHasen-Platz sah Constantin einen der Mitpächter mit einem Jagdstuhl unter dem Arm aus einer andern Richtung dem Walde zusteuern. Constantin schnitt bei diesem Anblick eine Grimasse und beschleunigte seine Gangart. Mit Vergnügen bemerkte er, dass er vor jenem einen Vorsprung gewann, und als er dem Kleefeld nahe war, wo, wie am vergangenen Morgen, wieder eine Hasengesellschaft noch in aller Gemütsruhe schmauste, führte er nachstehendes, genial ausgedachtes Manöver aus.

      Waldmann musste ein gutes Stück seitwärts in der Down-Lage liegen bleiben, während sich Constantin platt ins hohe Gras niederwarf und, den Stock in der Rechten, dem Kleefelde zukroch. Einige niedrige Büsche gewährten ihm Deckung, der Wind war günstig für ihn, und so kam er einem Häslein so nahe, dass er von dem Stocke Gebrauch machen konnte. Er schleuderte denselben so gut und so wuchtig, dass der am Kopf getroffene Lampe eine Weile sichtlich betäubt war, und diese kleine Weile genügte, dass der herbeigerufene Waldmann das Werk seines Herrn kunstgerecht zu vollenden vermochte.

      Die anderen Hasen stoben natürlich in wilder Flucht auseinander, Constantin aber ergriff den seinen und ging mit demselben stolz dem Pachtgenossen entgegen, der soeben gegenüber am Waldesrand auftauchte und nicht wenig verwundert war, um den „Ersten“ gekommen zu sein und denselben bereits in Constantins Hand zu erblicken.

      Abends beim „Goldenen Widder“ war große Zusammenkunft der ganzen Pachtjagdgesellschaft. Es gab erregte Debatten, ob die Wette von Constantin rechtsgültig gewonnen worden sei oder nicht; nachdem dieselbe aber gelautet hatte: „für den ersten Erlegten“ und nicht: „für den ersten Geschossenen“, so mussten die zwanzig Kronen meinem Freunde Constantin endlich zuerkannt werden, obgleich Manche die Art der Erlegung für unwaidmännisch erklärten. Constantin bekehrte jedoch diese Zweifler an seiner Waidgerechtigkeit alsbald zu einer anderen Meinung, indem er ihnen aus Xenophon vorlas, dass sich schon die Ureinwohner Griechenlands, die alten Pelasger, zur Hasenjagd eines als Wurfwaffe gehandhabten Krummstockes, des Logobolon, bedienten, woraus mit Sonnenklarheit hervorgehe, dass er den ersten heurigen Hasen der Anwendung einer echt klassischen Jagdmethode verdankte.

      So geschehen im Herbstmonat des Jahres eintausend neunhundert und zwei, in einem Kronland Österreichs, in welchem solche und ähnliche „Jagd-Wunder“ durchaus nicht zu den Seltenheiten gehören.

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       Von außergewöhnlichen Begebenheiten auf der Rehbockjagd erzählen die folgenden drei Geschichten. Veröffentlicht wurden sie im Januar 1902 in der Bayerischen Forst- und Jagd-Zeitung. Leider wurde der Name des Autors nicht bekannt gegeben. Betitelt wurde der Artikel folgendermaßen:

       Ein „kugelfester“, ein „tauber“ und ein „sprechender“ Bock

       Einige Jagdepisoden aus dem „Dahner-Thale“ in der Rheinpfalz

       I.

      Im August vorigen Jahres war es, als ich eines schönen Morgens mit schwerem Kopfe einen kleinen Pürschgang antrat. Abends zuvor wurde einem von hier scheidenden Herrn ein Abschied gegeben, der sich aber bis in die frühen Morgenstunde ausdehnte, und natürlich: „Forstpartie fehlt dabei nie“, wie Herr G. von R. in seinem neuen Konversations-Lexikon schreibt. Dass bei solchen Gelegenheiten die „braune Welle“ etwas öfter als sonst die Gurgel spült, ist ja auch bekannt, und daher der „schwere Kopf‘. Zwei Herren, die während der Nacht auch die Ausdauer ihres „Sitzleders“ prüften, richteten an mich das Ansinnen, mich begleiten zu dürfen. Ich war damit einverstanden, und fröhlich wanderten wir dem Ausgang des Dorfes zu.

      Natürlich ging ich jetzt voraus, während meine Begleitung auf circa 50 Meter Abstand folgte.

      Kaum 100 Schritte hinter den letzten Häusern sah ich links von mir im saftigen Wiesengras drei Rehe äsen. Ein Blick durch den Feldstecher überzeugte mich von der Gegenwart eines kapitalen „Sechsers“.

      Ein Blick nach rückwärts brachte die laut johlenden Sprechwerkzeuge und wackelnden Beine der Nachfolgenden zum Stillstehen.

      Der Rehbock stand schussgerecht.

      Ich legte an, und der Schuss hallte mit lautem Echo durch das stille Tälchen.

      Natürlich glaubte ich den Bock im Verenden vor mir; denn dass man einen Bock auch fehlen kann, das wollte mir bis jetzt nicht in den Sinn. Diesmal musste ich aber daran glauben. Als sich nämlich der Pulverdampf verzogen hatte, sah ich die drei Rehe wie zuvor, nur mit hochgehobenem und sicherndem Grind vor mir stehen.

      Hinter mir erscholl ein schallendes Gelächter, das natürlich mir galt. Aber sofort äugten und sicherten die Rehe nach der Richtung, aus der dasselbe kam, wodurch ihre Aufmerksamkeit von mir abgelenkt wurde.

      Sofort stopfte ich eine neue Kugelpatrone in den Lauf, und nach ein paar Sekunden krachte der Schuss. Diesmal aber schien es, als ob die Rehe denselben gar nicht gehört hätten, denn sie ästen ganz ruhig weiter. Nur der Bock hob für einige Augenblicke den Grind, ließ sich aber dann auch nicht weiter in seiner Mahlzeit stören.

      Ein dritter Schuss hatte gar keine Wirkung zu verzeichnen.

      Jetzt lud ich die vierte und letzte Kugelpatrone, legte an und drückte los. Diesmal hörte aber auch ich nichts als ein leises „Knack“. Die Patrone hatte versagt. Ein zweites Spannen und Losdrücken hatte kein anderes Resultat.

      Nun stand ich da – vor mir ein kapitaler „Sechser“, für dessen Geweih ich mir im Stillen schon einen Platz in meiner Junggesellenbude ausgesucht hatte, und in der Flinte eine versagende Patrone.

      Für Schrot war die Distanz entschieden zu weit, denn diese betrug, wie sich später herausstellte, ca. 85–90 Meter (Anmerkung: Zur damaligen Zeit war der Schrotschuss auf Rehwild noch nicht verboten).

      An ein Anpürschen war aber auch nicht zu denken, denn wenn ich über die vollständig freie Wiesenfläche dahinpürschen wollte, musste ich ja unbedingt bemerkt werden, bevor ich schussgerecht ankam. Aber dennoch probierte ich es. Ich dachte mir, hat sich der Bock vor dem tödlichen Blei nicht gefürchtet, so tut er dasselbe noch viel weniger vor mir.

      Aber auch diesmal hatte ich falsch kalkuliert; denn kaum war ich ein paar Schritte auf Händen und Füßen in dem nassen Gras gekrochen, wurde die Rehfamilie auf mich aufmerksam, und ehe ich mich versah, war sie mit einigen Fluchten im nahen Wald verschwunden. Allen voran mein guter „Sechser“, dem ich noch ein kräftiges „Auf Wiedersehen“ nachrief, das er aber nicht verstanden zu haben schien. Er kam mir nämlich bis dato nicht mehr vor das Rohr.

       II.

      Am selben Tage, abends, machte ich wieder einen Pürschgang, der sich bis an das äußerste Ende meines Bezirkes ausdehnte. Aber auch hier hatte ich kein Glück, denn ich wurde von der Dunkelheit überrascht, bevor ich einen „Heißersehnten“ zu Gesicht bekam.

      Missmutig und verstimmt trat ich den Heimweg an. Da ich noch circa zwei Stunden zu gehen hatte, schritt ich rüstig aus und machte mit meinen stark genagelten Waldschuhen auf dem mit Sandsteinen gepflasterten Talsträßchen einen ziemlichen Spektakel. Auf jeden Fall musste derselbe vom Wild schon auf eine


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