Grünröcke erzählen .... Группа авторов

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circa 1 Stunde gegangen war, kam ich an eine Stelle, an der das Sträßchen auf beiden Seiten von Wald begrenzt ist, d. h. auf der einen Seite stehen ca. 5 bis 6 Baumreihen, während sich nach der anderen Seite hin dichter zusammenhängender Wald ausdehnt.

      Als ich ungefähr die Mitte der genannten Stelle passierte, sah ich plötzlich durch eine Baumlücke hindurch auf circa 15 Schritte links von mir in der Wiese ein einzelnes Reh äsen. Sofort blieb ich stehen, und im nächsten Moment erkannte ich dasselbe als einen guten Bock. Wie ich unter genannten Umständen so nahe an denselben herankommen konnte, wollte ich momentan nicht begreifen. Um darüber nachzugrübeln, hatte ich jetzt auch keine Zeit, denn nun hieß es: „Schießen!“ Aber das war keine Kleinigkeit.

      Wohl warf der bereits aufgegangene Mond sein Licht in verschwenderischer Weise auf die Wiesenfläche, aber da, wo ich mich befand, war es vollständig dunkel. Zuerst wollte ich es mit der Kugel probieren, aber als ich anlegte und zielte, konnte ich weder etwas von einem Korn noch etwas von einer Kimme unterscheiden. Ich musste wieder absetzen. Mit Schrot schießen, war mir nicht waidgerecht genug, weshalb ich es noch einmal mit der Kugel versuchte. Ich legte an, und als die Mündung sich auf dem Vorderteil des Rehbocks befand, drückte ich ab. Der Schuss krachte; mein Rehbock aber hatte weder etwas verspürt noch etwas gehört. Denn als ich absetzte, äste derselbe, ohne den Grind auch nur ein einziges Mal in die Höhe zu heben, ganz ruhig weiter.

      Jetzt wurde mir die Geschichte doch etwas zu bunt. Morgens schoss ich dreimal nach einem Bock und derselbe rührte sich nicht von der Stelle, und jetzt sollte die Sache von Neuem beginnen?

      Ein Schrotschuss war mir jetzt genug. Ich legte an, und der Rehbock brach auf den Schuss im Feuer zusammen.

      Es war ein „guter“, aber „tauber“ Sechser.

       III.

      Etliche Tage danach kam ich auf einem Abendpürschgang in ein kleines Tälchen, das gleich hinter dem Dorf rechts in den Wald hineinreicht.

      Man nennt es „Gerstel“.

      Dort sollte, wie ich in Erfahrung brachte, auch ein sehr guter „Sechser“ stehen. Ein hiesiger Nimrod ging demselben zwar schon seit Anfang der Pürschzeit zu Gefallen, aber bis jetzt hatte derselbe nicht das Glück, ihn zu Strecke zu bringen. Die verdammte Kugel bohrte nämlich jedesmal ein Loch in die Luft, anstatt, wie sonst, ein solches in den Rehbock.

      Heute sollte es aber anders kommen.

      Da ich noch etwas Zeit hatte, ging ich mitten durch das Tälchen bis an das Ende desselben. Von hier aus wollte ich noch eine kleine Weile auf einem Seitenweg den eigentlichen Pürschweg antreten.

      Ich suchte mir einen Platz aus, der mich fast das ganze Tälchen überschauen ließ. Kaum aber hatte ich es mir etwas bequem gemacht, gewahrte ich auf circa 300 Meter von mir entfernt zwei dicht aufeinander folgende Rehe im schnellsten Tempo in der Wiese umherlaufen.

      Die Sache war mir sofort klar. Ein Bock trieb ein Schmalreh; vielleicht gar der „Gesuchte“?

      Wie sollte ich aber jetzt an denselben herankommen?

      Den Weg durch das Tälchen konnte ich nicht mehr zurück, weil derselbe nicht die geringste Deckung bot.

      Ein solcher, der an dem Waldesrand hinführt und den ich eigentlich zu meinem Pürschgang benutzen wollte, würde wohl die nötige Deckung geboten haben, aber er hätte mich zu weit umgeführt. In diesem kritischen Moment verfielen meine Gedanken auf etwas anderes. Ein in der Nähe sich befindlicher Bauersmann musste mir behilflich sein. Derselbe spannte gerade sein Fuhrwerk an, um nach Hause zu fahren. Sofort rannte ich auf ihn zu und bat ihn, er möge sich etwas beeilen. Den Grund sagte ich ihm natürlich auch, und nach ein paar Sekunden fuhr derselbe in raschem Tempo auf dem Fahrwege mitten durch das Tälchen durch, gerade auf die Rehe zu.

      Selbstverständlich ging ich dicht hinter dem Fuhrwerk nach.

      Als wir ungefähr auf Büchsenschussnähe herankamen, machten die Rehe einige Fluchten nach rechts, kümmerten sich aber weiter nicht um uns.

      Hinter einem schützenden Haferacker ließ ich mich zu Boden gleiten. Dort blieb ich einige Sekunden liegen und kroch dann im Schutze des genannten Ackers so weit hervor, bis ich die Rehe wieder zu Gesicht bekam.

      Dass ich einen sehr guten Bock vor mir hatte, sah ich vorher schon, weshalb ich mich nicht mehr lange zu besinnen brauchte.

      Ich legte an, und der Schuss krachte. Mein Rehbock machte einen Hochsprung und brach dann – zu Tode getroffen – zusammen.

      Kaum aber war der Schuss verhallt, so flogen von der Seite her, wo der Bock zusammengebrochen war, die „Donnerwetter“ nur so in der Luft herum.

      Im ersten Moment war ich ganz sprachlos; denn dass es Böcke gibt, die ich nicht treffen konnte, und solche, die taub sind, glaubte ich wohl. Aber dass ein Rehbock mit „Donnerwetter“ um sich werfen konnte, das war mir denn doch zu viel.

      Nun, ich wurde nicht lange im Zweifel gelassen, denn alsbald löste sich vom gegenüberliegenden Waldesrand eine dunkle Gestalt, in der ich den schon erwähnten Nimrod erkannte. Derselbe wetterte zwar immer noch ganz gewaltig; ich aber kehrte mich nicht daran, sondern sprang vor Freude in die Höhe, als ich des bereits verendeten Bockes ansichtig wurde.

      Es war und blieb bis jetzt mein bester.

      Wie Herr R. später erzählte, lag er gerade im Feuer, als ich „drückte“. Wohl hatte er die beste Absicht, vor mir zu schießen, denn er sah mich ja kommen, aber die verdammte Flinte hatte heute einmal wieder ihren „eigenen Kopf.

      So oft nämlich Herr R. anlegte, fing sie mit ihrem vorderen Teil zu wackeln an, dass ein Schießen unmöglich war. Er musste also zusehen, wie ihm der Bock „vor der Nase“ weggeschossen wurde.

      Nebenbei möchte ich noch bemerken, dass ich letztgenannten Pürschgang mit der speziellen Erlaubnis des Herrn R. unternahm und dass Letzterer am gleichen Abend auch noch einen Bock zur Strecke brachte, der noch viel schöner auf hatte als der meinige. Also ein Pflaster auf die Wunde.

      Mit Waidmannsheil !

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       Die folgende Geschichte beschäftigt sich weniger mit der Jagd als mit den Jägern. Wie in allen Gesellschaftsschichten finden sich auch hier allerlei absonderliche Persönlichkeiten. Camillo Morgan schrieb im Jahre 1902 eine entsprechende Begebenheit über seine „Jagdkollegen“ auf. Er gab seiner Geschichte den Titel:

       Ein Jagdherrenpaar

      Wer sie doch alle annageln könnte, die vielen Pseudo-Nimrode und Jäger-Karikaturen, die der grünen Gilde zur Unzier gereichen! Wem von uns haben nicht schon Typen von Jägerlingen die Wege gekreuzt, bei deren Anblick man sich im ersten Moment nicht recht klar war, ob man sich über sie ärgern oder sie auslachen sollte? Wäre jeder von uns Amateurphotograph und würde solche kuriose Gestalten durch eine Momentaufnahme immer gleich auf der Stelle fixieren – man brächte ein Album zusammen, wie es köstlicher kaum mehr gedacht werden kann!

      In Ermangelung eines photographischen Apparates tut’s freilich auch die gewöhnliche Feder, und ich will daher mit dieser versuchen, in Nachstehendem ein edles Jagdherrenpaar zu skizzieren, dem in einer Galerie hochkomischer Schießprügelträger unstreitig zwei Ehrenplätze gebühren.

      Im Spätsommer 1890 war’s, dass ich als Jagdgast eines mir befreundeten bayerischen Aristokraten zwei Herren zu studieren Gelegenheit hatte, welche Pächter seines Nachbarrevieres waren. Es waren Zwillingsbrüder, welchen mein Freund (auf den mutmaßlichen Gehalt ihrer beiden Schädel anspielend) den Spitznamen „Gebrüder Strohkleien“ zuerkannt hatte; einer von ihnen hieß mit Taufnamen Otto, der andere Fritz.

      Beide waren noch bartlose Jungen, Söhne einer immens reichen Münchener Großhändlerswitwe, welche ihren


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