Weihnachtliches aus der Geschichtenküche. Charlie Hagist
wir aber noch nicht, wie es kommt, dass du weißt, was das Kind angestellt hat, das den roten Haken bekommen hat“, stellt Mia fest.
Der Weihnachtsmann, der in seinem ganzen, langen Leben noch nie derartige Fragen gestellt bekommen hatte, bleibt ganz ruhig. Er ist selbst gespannt, was die drei Ratlosen noch alles wissen wollen.
„Pass auf Mia, wenn ich am Weihnachtsabend zur Bescherung bei den Familien läute oder an der Tür klopfe, öffnet mir meistens die Mutti oder der Vati die Tür. Schnell und leise flüstert mir dann Mutti oder Vati zu, welches böse Verhalten im Laufe des Jahres von mir genannt werden soll. Und so weiß ich dank der Erwachsenen und meiner Helferlein, wo ich mit den Kindern ein ernstes Wort reden muss.“
Na gut, die Sache mit dem dicken Buch ist geklärt, aber wie verhält es sich mit den Wunschzetteln? Woher weiß der Weihnachtsmann, was sich die drei Ratlosen gewünscht haben?
Und wie ist das mit den Geschenk-Wünschen?
„Weihnachtsmann“, fängt Mia jetzt an, „jetzt wissen wir, wie das ist mit deinem dicken Buch, aber wie läuft denn das mit den Wunschzetteln? Wie kommen die denn zu dir?“ Dabei umschnurrt sie ihn, wie sie es sonst nur bei ihrem Papa tut, wenn sie etwas Außergewöhnliches von ihm will. Na ebenso, wie es auch Pia bei ihm meist erfolgreich macht.
Nun wird’s für den Weihnachtsmann schwierig. Bisher scheint er die Kinder mit seinen Antworten zufriedengestellt zu haben. Aber bei der Suche nach einer Erklärung auf diese Frage kommt er doch leicht ins Schwitzen. Er atmet einmal tief durch, rückt sich seine Mütze gerade, schiebt die Brille auf der Nase nach oben und sagt dann:
„Bei einigen Geschenken ist das so, dass meine fleißigen Helferlein, so ähnlich wie bei den Bosheiten der Kinder, über das Gefühl erspüren, welchen Wunsch die Kinder haben. Das sind Wünsche, die man nicht im Geschäft kaufen oder im Internet bestellen kann. Nicht, weil sie zu groß sind oder zu teuer …“, weiter kommt er nicht, weil ihn Alexander unterbricht.
„Sondern, weil sie zu blöd sind“, beendet er den Satz des Weihnachtsmannes.
„Nein, mein Junge, das nicht. Es handelt sich dabei um sogenannte immaterielle Wünsche, Wünsche, die man nicht kaufen, einpacken und mitnehmen kann.“
„Was können denn das für Wünsche sein, Wünsche, die man nicht kaufen und einpacken kann?“, fragt Pia.
„Das sind Wünsche zum Beispiel nach mehr Freizeit, nach besseren Noten in der Schule. Oder das sind Wünsche nach einer Mama oder einem Papa dort, wo eine Mama oder Papa im Haushalt fehlen, weil ein Elternteil verstorben ist oder die Eltern sich getrennt haben. Da kann ich nur meine guten Ratschläge oder lieben, vielleicht tröstenden Worte mitbringen und die kann man nicht kaufen und einpacken. Stimmt’s?“
Mia, Pia und Alexander sind ganz ruhig geworden. Daran hatten sie gar nicht gedacht. Sie hatten nur ihre Wünsche im Kopf. Ihre Wünsche nach einem Mikroskop, nach Büchern und Spielen. Und die kann man bekanntlich kaufen, einpacken und mitnehmen.
Mia hakt noch einmal nach. Jetzt lächelt auch der Weihnachtsmann wieder.
Das ist jetzt geklärt
„Du willst es aber ganz genau wissen, kleines Fräulein. Na gut. Wenn die Kinder sich Dinge wünschen, die es zu bestellen und zu kaufen gibt, dann informieren meine fleißigen Helferlein die Eltern, wo es die Dinge gibt und dann schicken sie sie los. Das klappt meistens sehr gut. Es kommt auch mal vor, dass das Geschenk nicht zu bekommen ist, dann geben die fleißigen Helferlein auch Vorschläge, was stattdessen infrage kommen könnte. Dann packen sie, also die Eltern, die Dinge hübsch ein. Und wenn ich dann am Heiligen Abend komme, dann stecken sie schnell und von den Kindern unbemerkt die Geschenke in meinen mitgebrachten Weihnachtssack. Und weil auf den kleinen Geschenkanhängern steht, für wen das Päckchen sein soll, weiß ich auch, wem ich das Geschenk geben soll. Ja, so ist das mit den Geschenken, nun wisst ihr’s.“
Jetzt wird Papa neugierig
Der Weihnachtsmann ist erleichtert. Er scheint eine Erklärung gefunden zu haben, die die Kinder verstehen. Er will sich aus dem Sessel erheben, aber sofort stellt sich der Papa der drei Ratlosen vor ihn und bietet ihm etwas zu Trinken und zu Essen an. Immerhin ist er bei der Familie schon so lange, dass es Abendbrotzeit geworden ist. Der Weihnachtsmann lehnt das Essen ab, freut sich aber über ein Getränk und während Papa einen Saft ins Glas füllt, fragt er:
„Weihnachtsmann, eine Frage möchte ich aber noch gerne von dir beantwortet haben. Eine Frage, über deren Lösung ich mir schon so viele Gedanken gemacht habe, ich aber bisher zu keiner vernünftigen Erklärung gekommen bin.“
„Lass mich Raten: Es ist die Frage nach der Zeit, stimmt’s?“, fragt der Weihnachtsmann. „Du willst wissen, wie ich es mache, dass ich an einem Abend bei der Mehrzahl der Kinder vorbeikomme und das schon über viele, viele Jahre? Du meinst, ich bin zu alt und zu langsam dazu?“
„Genau, Weihnachtsmann. Wie geht das?“
„Ich mache euch einen Vorschlag: Wenn ich das nächste Mal zu euch komme, also nächstes Jahr Weihnachten, dann erkläre ich euch das in aller Ruhe. Für heute aber muss ich los, die anderen Kinder warten schon lange genug.“
Da die Familie einverstanden ist, verabschiedet sich der Weihnachtsmann mit einem kräftigen: „Ho, ho, ho. Frohe Weihnachten!“ und geht.
Unterwegs denkt er ständig an sein Versprechen, die Sache mit der Zeit zu erklären. Ist aber auch schwer. Er hat jetzt ein Jahr lang Zeit, über eine Erklärung nachzudenken. In diesem einen Jahr werden aber auch Pia, Mia und Alexander schlauer und dann eine Erklärung finden, die diese drei Ratlosen zufrieden stellt, das wird schwer.
Schwerer als heute.
Weihnachtsmann strenge dich an und denke nach. Aber erst nach dem Heiligen Abend, heute sind erst einmal die Kinder dran, die warten doch schon ganz ungeduldig.
Frohes Fest lieber Weihnachtsmann! Frohes Fest allen Kindern und Erwachsenen!
*
Der arme Weihnachtsmann
Der Weihnachtsmann hat es bekanntlich sehr schwer. Was hat er in den Weihnachtswochen nicht alles zu tun. Er muss dem Petrus rechtzeitig Bescheid sagen, dass dieser so etwa ab 10. Dezember Schnee vom Himmel fallen lässt. Die Menschen lieben es, wenn zum Heiligabend alles mit einer Schneeschicht bedeckt ist. Es sieht dann alles so aus, als hätte Bäckermeister Kreibaum auf sein Pfefferkuchenhaus Puderzucker gestreut. Und nicht zuletzt wollen ja auch die Kinder, die einen Schlitten bekommen haben, am ersten Feiertag rodeln.
Aber der rechtzeitige Schnee ist nicht alles, woran der Weihnachtsmann denken muss. Die Engel müssen frühzeitig informiert werden, dass sie ihre weißen Hemdchen bügeln und mit kleinen Goldsternchen versehen. Einige müssen sich ihre Haare neu kräuseln lassen, andere wiederum müssen sich daran machen, Geschenkpapier und rotes Band zu besorgen. Ein Engelchen, die etwas kräftigere Sarah, hat stets die Aufgabe, eine gut gewachsene Tanne zu besorgen und diese hübsch mit Kerzen, Kugeln und goldenen Schleifchen zu schmücken.
Da sich diese Aufgaben alljährlich stellen, haben die Engelchen schon eine gewisse Übung. Sie finden deshalb noch Zeit, die Wunschzettel der Kinder und der Erwachsenen einzusammeln. Es ist immer wieder erstaunlich, wo diese Wunschzettel zu finden sind.
Die einen haben ihn, wie es sich gehört, auf das Fensterbrett gelegt. Dort, so ist es die Gewohnheit schon seit 50 Jahren, gehört er hin. Am Nikolaustag um 5 Uhr sollen alle ihre Zettel links auf dem Fensterbrett abgelegt und mit einem kleinen Steinchen beschwert haben, damit sie nicht vom Wind fortgetragen werden. Aber leider halten sich nicht alle daran. Einige Kinder haben ihre Zettel unter ihre Kopfkissen gelegt. Andere haben den Wunschzettel in der Spielkiste verkramt. Entsprechend sieht er aus. Verknüllt und schwer lesbar. Bei den Erwachsenen ist es ein wenig einfacher. Entweder er befindet sich im Schreibfach der Kommode oder in der Brieftasche vom Vater.
Im letzten Jahr geschah nun Folgendes:
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