Seewölfe Paket 33. Fred McMason

Seewölfe Paket 33 - Fred McMason


Скачать книгу
Deck der Galeone zu fluten, Schwierigkeiten hatten. Ein Drehbassenschuß aus der momentanen Distanz war wirklich das Einfachste. Der Einschlag würde gerade so groß sein, daß er sich noch abdichten ließ.

      Die Zwillinge hatten natürlich mitgehört. Sie bereiteten die achtere Backborddrehbasse zum Schuß vor. Al brauchte nur noch das Ziel anzuvisieren und das Pulver zu zünden.

      Er hielt exakt zwei Handbreiten unter die Wasserlinie. Das Geschoß würde auf seinem relativ kurzen Weg durchs Wasser nicht allzu stark abgebremst werden.

      Amüsiert verfolgte er, wie die beiden Jollen aus dem Bugbereich der „Respeto“ gepullt wurden. Während die Arwenacks aber schon nach wenigen Yards wieder beidrehten, dachten die Dons überhaupt nicht daran, sich der Gefahr auszusetzen, daß auf der Schebecke womöglich ein Stümper hinter dem Rohr stand.

      „Euch werde ich zeigen, was ein Stückmeister des Seewolfs kann“, murmelte Al Conroy. „Die Kugel trifft auf den Inch genau.“

      Er schwenkte die Drehbasse ins Ziel und mußte das Rohr diesmal merklich schräg ausrichten. Der Weg der Kugel war kurz, er brauchte weder einen Vorhaltewinkel einzubeziehen, noch die Krümmung der Flugbahn zu berücksichtigen. Kurzum: er durfte einfach draufhalten.

      Ein kurzes, trockenes Blaffen, ein winziger Mündungsblitz und ein mickriges Pulverwölkchen waren alles. Zwei Yards neben der „Respeto“ entstand eine leichte Gischtfontäne.

      Bob Grey tauchte. Als er gleich darauf wieder an die Oberfläche stieg, reckte er die Faust.

      „Ein sauberer Schuß!“ rief er. „Das Leck sitzt genau neben den Bohrungen.“

      Al verzichtete auf eine Erwiderung. Den Treffer hätte seiner Meinung nach jeder anbringen können, das bedeutete keine besondere Leistung.

      Endlich ergoß sich das Wasser in ausreichender Menge in die Vorpiek der Galeone. Aber mehr als ein verhaltenes Zischen und Gurgeln war davon nicht mitzukriegen. Nur wer über scharfe Augen verfügte, konnte erkennen, daß die „Respeto“ langsam über den Bug absackte.

      Der im Bereich der vorderen Stückpforten sowie über Kuhl und Back aufsteigende Rauch färbte sich heller. Das war Wasserdampf, der sich mit dem Qualm vermischte.

      Zu weit durfte Hasard die Galeone allerdings nicht absinken lassen, wollte er nicht Gefahr laufen, daß die geöffneten Stückpforten vollschlugen und der Vorgang sich verselbständigte. Immerhin war anzunehmen, daß die Lenzpumpen durch das Feuer gelitten hatten und erst repariert werden mußten.

      Er gab Kommando, das Lecksegel anzuschlagen.

      Gleich darauf winkte er zur Schebecke hinüber.

      „Eine zweite Kugel in den Heckbereich, ungefähr auf die Höhe des Besanmastschuhs!“

      Al Conroy zeigte sein „Klar“. Er hatte die Drehbasse schon neu geladen und die Kammer verschlossen.

      Hasard junior hielt ihm den Luntenstock hin. Aber zur Überraschung der Zwillinge trat Al zur Seite.

      „Das ist euer Schuß“, sagte er. „Zeigt, was ihr könnt.“

      Hasard reagierte verdattert. Während er noch zögerte, schob sein Bruder ihn kurzerhand zur Seite und visierte über das Rohr hinweg.

      Nach der glimmenden Lunte griff Philip junior nur einen Augenblick später.

      Der Schuß saß ziemlich gut im Ziel.

      „Zwei Handspannen zu weit links“, stellte Al Conroy sachlich fest. „Außerdem ein wenig zu hoch. Du hättest die Dünung besser abfangen sollen.“

      Philip junior nickte. Ihm war selbst aufgefallen, daß die Schebecke gerade da aufschwamm, als er die Drehbasse zündete.

      „Trotzdem kein schlechter Schuß“, sagte der Stückmeister. „Aus solchen Fehlern kannst du nur lernen.“

      Während die See auch ins Achterschiff strömte und schäumend zum Bug hin und in die Büge abfloß, arbeiteten Spanier und Arwenacks Hand in Hand, um das Lecksegel zu spannen.

      Probleme entstanden nur, weil der Muschelbewuchs nicht weit genug entfernt worden war und das Segel deshalb nicht richtig anlag. Aber das Ganze war ohnehin nur als Provisorium gedacht. Sobald die Lenzpumpen arbeiteten, mußten die Lecks von innen her notdürftig abgedichtet werden.

      Hasard war sich darüber klar, daß er mindestens ein bis zwei Tage verlieren würde und der Konvoi während dieser Zeit nahezu unbeweglich vor der Küste Portugals lag. Außerhalb der üblichen Routen zwar, aber wer wußte schon, welche Überraschungen das Schicksal noch bereithielt?

      Bevor der Tiefgang der „Respeto“ bedenklich wurde, dichteten sie auch das Leck im Achterschiff mit getränktem Segeltuch ab.

      Danach sah es tatsächlich so aus, als wäre die Maßnahme erfolgreich gewesen. Die Rauchentwicklung ließ merklich nach, wenngleich nach wie vor Qualm aufstieg und mit der Hauptwindrichtung aufs offene Meer hinaus wehte.

      Die ursächlichen Brandherde waren gelöscht und damit die Gefahr vorerst gebannt, daß der Rumpf aufbrach. Über Luken und Niedergänge hatten sich die Flammen aber auch nach oben ausgebreitet – nur waren sie da eben wesentlich leichter zu bekämpfen.

      „Zurück an Bord!“ befahl Hasard. „Die Stückpforten schließen, falls die See schwerer wird, und vor allem die achtere Pulverkammer sichern.“

      Außer seinen vier Mannen verfügte er über acht Spanier. Die anderen Dons hatten sich zu den am nächsten liegenden Galeonen geflüchtet. Ihnen standen Kapitän Pigatto, der Bootsmann d’Alvarez und drei Decksleute gegenüber.

      Pigatto war noch immer nicht vernünftig geworden. Um seine Mundwinkel hatte sich ein harter Zug eingegraben, und in seinen Augen glomm ein wildes Feuer. Die Anspannung und der Zwiespalt, in dem er sich befand, schienen ihm zuzusetzen. Offenbar wandelte er auf dem schmalen Grat zwischen Genialität und geistiger Verwirrung, nur war er selbst am allerwenigsten in der Lage, darauf Einfluß zu nehmen.

      Die mehrschüssige Steinschloßpistole, die er auf Hasard richtete, redete eine deutliche Sprache.

      „Ich habe sie nicht an Bord gebeten, de Vilches.“ Seine Stimme vibrierte merklich. „Sobald Sie über das Schanzkleid steigen, schieße ich.“

      „Wir wollen Ihr Schiff retten, Pigatto.“

      „Ich bin der Kapitän.“

      „Daran zweifelt niemand.“

      „Dann verschwinden Sie! Sie und Ihre Männer haben genug getan, lassen Sie mich wenigstens den Rest zu Ende bringen.“

      „Von Ihrer Bevormundung haben wir die Schnauze voll“, sagte Tomas d’Alvarez. „Sie wurden uns aufgezwungen, Capitán, verstehen Sie? Gegen unseren Willen. Wir wollen nicht nach Irland segeln.“

      Das also steckte letzten Endes dahinter. Die Probleme wuchsen, zumal Spanien querab und fast zum Greifen nahe lag. Kein Wunder, daß der eine oder andere der Dons durchzudrehen begann.

      Hasard hätte eine Menge Argumente dagegen vorzubringen gehabt, doch keins, das wirklich überzeugte. Der Bootsmann hielt ebenfalls eine Pistole im Anschlag. Und die Decksleute waren mit Säbeln und Belegnägeln bewaffnet.

      „Don Julio“, raunte der Profos neben dem Seewolf, „wenn wir zugleich angreifen, haben wir durchaus eine Chance.“

      „Pigatto ist zu allem entschlossen“, flüsterte Hasard zurück. „Ich würde es mir nie verzeihen, falls ihre Kugeln einen von uns töten.“

      „Du willst also zusehen, wie dieser Affenarsch Oberwasser behält?“

      „Ich gehöre zu Ihnen, Capitán“, rief unvermittelt einer der Spanier neben Hasard. „Bitte schießen Sie nicht!“

      Der Kerl schwang sich über das Schanzkleid, blieb flüchtig stehen und lief weiter, als Pigatto ihm wohlwollend zunickte.

      „Wir müssen die achtere Pulverkammer absichern, Señor Capitán“, sagte er und


Скачать книгу