Winterthur 1937. Eva Ashinze
«Wir müssen Herrn Schäfer nur ein paar Fragen stellen.»
«Bernd Schäfer in 207?» Die Schwester wischt ein nichtvorhandenes Stäubchen von ihrer Uniform. «Brauchen Sie Details, wie die Schlägerei abgelaufen ist? Ich hätte nicht gedacht, dass dafür gleich zwei Kantonspolizisten abkommandiert werden.»
«Wir müssen den Sachverhalt klären», weicht Emil aus. «Es gibt da einige … einige Unklarheiten.»
Die Schwester blickt ihn mit unbewegter Miene an. «Sie finden Stühle im Besucherraum im Erdgeschoss.»
Emil bedankt sich.
«Bringen Sie die Stühle anschliessend dahin zurück, wo sie hingehören!», ermahnt sie ihn im Weggehen.
Er nickt, murmelt leise: «Zu Befehl, Schwester.»
Sie ist bereits ein paar Meter den Korridor entlang gegangen, da dreht sie sich noch einmal um. «Ich nehme an, Sie wollen auch mit den anderen Beteiligten sprechen.»
Emil ist verwirrt. «Was meinen Sie?»
«Nun, Herr Schäfer ist nicht der einzige, der eingeliefert wurde. Wussten Sie das nicht?» Sie schaut ihn an, das künstliche Licht im Korridor spiegelt sich in ihren Brillengläsern.
Emil zögert.
«Einer ist nebenan in Zimmer 209. Und einer hier drüben in 214. Gebrochene Nase, angebrochene Rippen. Vielleicht interessiert Sie das auch, wenn Sie mit dem Deutschen fertig sind.» Die Schwester dreht sich um, geht festen Schrittes den Flur entlang.
Emil hingegen bleibt wie vor den Kopf gestossen an Ort und Stelle stehen. Dann klopft er an die Tür von Zimmer 214. Die Ausführungen der Schwester haben ihn neugierig gemacht.
Knappe zehn Minuten später ist Emil wieder in 207, stellt einen Stuhl vor Wunderlin hin. Der beäugt sowohl Emil als auch den leichten Holzstuhl mit der geschwungenen Lehne und der Sitzfläche aus Korbgeflecht misstrauisch. «Eine geschlagene Viertelstunde bist du unterwegs und bringst mir dann so etwas? Ich hoffe, dieser Kaffeehausstuhl bricht nicht unter mir zusammen.» Emil geht nicht darauf ein, setzt sich auf den Stuhl, den er für sich mitgebracht hat. «Ich habe mich mit einer Schwester unterhalten, draussen auf dem Flur», sagt er leise und beugt sich zu dem mittlerweile auch sitzenden Wunderlin. «Schäfer ist nicht angegriffen worden. Der hat sich geprügelt und zwar heftig.»
«Geprügelt?»
«Mindestens zwei weitere Verletzte liegen auch hier auf dem Flur. Ich habe einen der beiden befragt.»
Wunderlin blickt Schäfer an. Dieser versucht, sich möglichst klein zu machen in seinem Bett, schielt mit seinem gesunden Auge von einem Polizisten zum anderen. «Und?»
«Anscheinend hat unser Freund hier ein aufbrausendes Temperament.» Emil deutet auf Schäfer. «Aus einer Kabbelei unter Besoffenen ist eine Schlägerei geworden.»
«Mir hat er etwas anderes erzählt. Er hat gesagt, er wisse nicht mehr, was genau passiert sei. Er sei bei der Arbeit gewesen, über Mittag habe er mit seinen Kumpanen ein paar Bierchen gezischt, und plötzlich sei er im Spital wieder aufgewacht.» Wunderlin beugt sich vor, stützt die Arme auf die Oberschenkel. «Reden wir Klartext, Freundchen.»
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