Vom schönen Schein. Eva Rossmann

Vom schönen Schein - Eva Rossmann


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nicht kommen konnte. Und dass sein Vater immer an ihm drangeklebt ist. Bester Freund und Coach und Trauzeuge und alles.“

      „Daniels Vater … er ist gegangen, um ihn zu suchen. Mehr kann ich nicht sagen. Man sagt … Daniel hat sich abnabeln wollen. Es kann sein, dass er stärker beim neuen Konsortium andocken wollte.“

      „Der Vater wäre ausgebremst worden. Wo er doch alles für seinen Sohn …“

      „Ich … ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas mit seinem Tod zu tun hat. Man darf nicht vergessen … es ist sein Kind. War.“

      „Kaiser müsste eigentlich mehr darüber wissen.“

      „Weiß er sicher.“ Das klingt richtig erleichtert.

      „Hat er gesagt, dass Sie mir das erzählen sollen?“

      „Nein. Ich will einfach helfen. Auch damit Daniela besser … damit zurechtkommt.“

      „Wie geht es ihr?“

      „Das ist privat.“

      „Richten Sie ihr einen ganz lieben Gruß aus. Ich habe unser Treffen sehr nett gefunden. Und ich weiß, dass sie ihn …“ Weiß ich eigentlich nicht. Nur weil sie aufgeregt wie viele Bräute war? Weil sie gesagt hat, dass sie ihn natürlich mag, sonst würde sie ihn nicht heiraten? … Sinnlos. Ganz abgesehen davon, dass ich eine Fremde für sie bin. Wie viel erzählt man so einer? „Hat sie ihn geliebt?“, frage ich trotzdem.

      Schweigen.

      „Hallo?“

      „Sie hat ihn sehr gerne mögen. Leider.“

      „Leider?“

      „Sonst hätte sie ihn nicht geheiratet. Und das alles wäre …“

      „Sie meinen, sein Tod hat direkt mit der Hochzeit zu tun?“

      „Ist er an diesem Abend gestorben, oder nicht?“

      „Sein Freund … der abgesagt hat. Offenbar sein einziger Freund, der nichts mit Tennis und den Geschäften drum herum zu tun hat. Was wissen Sie über ihn?“

      „Nichts. Außer, dass er nicht kommen konnte, weil seine Lieblingstante schwer krank geworden ist.“

      „Das würde ich gerne nachprüfen.“

      „Dann fragen Sie die Polizei. Vielleicht weiß die …“

      „Sie wollten mich unterstützen. Uns.“

      Stille.

      „Also?“

      „Ich kenne nicht einmal seinen Namen. Ich hab das von Daniela.“

      „Aber Daniela wird ihn wohl kennen. Vielleicht hat sie seine Nummer.“

      „Glaube ich nicht.“

      „Wo er der beste Freund ihres … Mannes war?“

      „Es war mehr so ein Freund von früher.“

      „Bitte fragen Sie Daniela. Wenn sie etwas weiß, kann sie mir auch eine Nachricht schicken. Und … ganz herzliches Beileid.“ Es hört sich doppelt falsch an. Wenn man mit jemandem trauert, stellt man keine Fragen. Und: Trauert Danielas Mutter?

      „Sein Vater … er hatte große finanzielle Probleme. Er hat sehr ungeschickt investiert. Ich glaube, das war mit ein Grund, warum Daniel überlegt hat, ihn nicht mehr als engsten und einzigen Betreuer zu wollen.“

      „Was wissen Sie?“

      „Nur … dass es so gewesen sein kann.“

      CSO Kaiser versucht tatsächlich, alle von uns persönlich mit Informationen zu versorgen. Er hat einige Assistentinnen, aber die arbeiten bloß zu. Warum tut er das? Weil er sich mitverantwortlich für den Tod des Tennisstars fühlt? Weil er einfach der ultimative Kontrollfreak ist?

      Ob ich schon mit Frau Sagerer telefoniert hätte, will er von mir wissen. Ob und wie er sonst noch helfen könne … Ich sehe ihn an. „Stimmt es, dass sich Daniel von seinem Übervater verabschieden wollte?“

      Er senkt den Blick.

      „Sie stecken dahinter, ist es das?“

      „Nein … so war es nicht. Wir haben Daniel ein sehr gutes Angebot gemacht. Nachdem klar war, dass er über keinerlei Mittel verfügt. Momentan. Sein Vater hat alles in den Sand gesetzt. War ohnehin schon zu lesen. Zumindest einiges davon. Wir haben die Aufgabe, ein derartiges Talent nicht einfach seinem Schicksal zu überlassen.“

      „Aber sein Vater hat ihn dorthin gebracht, wo er jetzt ist.“

      „Sportlich ja. Wirtschaftlich auch. Leider. Er hätte … er wäre sein bester Freund geblieben. Und sein Coach. Im engeren Sinn.“

      „Es war ihm zu wenig.“

      „Es … gab einen Streit. Gestern, vor der Trauung. Es kommt ohnehin heraus. Sein Vater hatte offenbar schon etwas getrunken. Er hat zuerst mit ihm gestritten und dann ist er zu Daniela und hat ihr vorgeworfen, dass sie hinter allem steckt. Er war … krankhaft eifersüchtig auf jeden, der seinem Sohn zu nahe gekommen ist.“

      „Ich nehme an, die Polizei weiß davon.“

      „Ja. Natürlich. Sie halten sich noch zurück … mit Ermittlungsergebnissen.“

      Ich nicke langsam. „Daniels Freund – der aus früheren Tagen. Haben Sie eine Telefonnummer von ihm?“

      „Wie kommen Sie jetzt auf den?“

      „Er könnte mehr über das Verhältnis der beiden wissen, meinen Sie nicht?“

      „Vielleicht.“ Kaiser scheint zu überlegen. Von der Terrasse her nähern sich zwei meiner Kollegen. Er wirft auch ihnen einen überaus freundlichen, kooperativen Blick zu. „Sie … müssen mich entschuldigen. Es … Hätte ich nicht daran gearbeitet, Daniel mehr Sicherheit zu geben …“

      „Was ist mit seinem Freund? Warum ist er nicht gekommen?“

      „Wahrscheinlich, weil Daniels Vater auch auf ihn extrem eifersüchtig war.“

      „Der alte Freund?“, widerholt mein Kollege vom Blatt und verzieht das Gesicht. Was weiß er, das ich nicht weiß?

      „Kann es sein, dass Daniel Balaj eigentlich schwul war und Sie mit dieser Traumhochzeit dafür sorgen wollten, dass niemand davon erfährt? Kranke Tante, das ist doch total absurd. Soviel wir wissen, hat der Freund keine Tante. Zumindest keine kranke. Und soviel wir wissen, waren Sie es, der ihn ausgeladen hat.“

      Kaiser blitzt meinen Kollegen wütend an. „Ich habe ihn ausgeladen, um Auseinandersetzungen zu vermeiden. Streit. Niemand braucht das an so einem Freudentag. Und: Daniel war nicht schwul. Fragen Sie Daniela. Fragen Sie … was weiß ich, es hat sicher noch andere gegeben, früher!“

      Mein Blatt-Kollege sieht Kaiser süffisant an. „Streit? Davon hat es offenbar mehr gegeben. Zum Beispiel zwischen Daniel und Ihnen. Vor der Hochzeit. Ging es da nicht genau um diesen ausgeladenen … Freund?“

      „Unsinn. Sie sind schlecht informiert. Es gab … ein kleines Geplänkel. Aber nicht mit mir. Sondern zwischen Daniel und seinem Vater.“

      Breaking News. Andi Balaj, Vater und Coach von Daniel Balaj, wurde in Untersuchungshaft genommen. Es gäbe zahlreiche Hinweise auf eine Verwicklung in den „Mord bei der Traumhochzeit“. Natürlich gelte die Unschuldsvermutung. Man beschreibt das allzu enge Verhältnis der beiden, den wirtschaftlichen Misserfolg des „gebürtigen Kosovo-Albaners“, seine Eifersucht. Die Hinweise darauf, dass Daniel seine sportliche und finanzielle Zukunft in die Hände des neuen Sportkonsortiums legen wollte. Daniela wird mit einer Stellungnahme zitiert: „Ich trauere um meinen Mann, einen großartigen Menschen und Sportler, ich danke allen, die sich dafür einsetzen, dass die fürchterlichen Ereignisse aufgeklärt werden. Ich und unser schönes Land haben das nicht verdient.“

      Wenn sie das selbst formuliert hat, dann fresse ich einen Besen.


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