Strategie und strategisches Management. Группа авторов
und deren Anbieter überflüssig werden lassen können. Insbesondere durch die Kombination von digitalisiertem Wissen und dem Potenzial von maschinellem Lernen in Kombination mit den Auswertemöglichkeiten von Big Data Analytics werden Funktionen, die mit Hoheitswissen von z.B. Ärzten, Juristen und Ingenieuren verknüpft sind, ihren Wert verlieren. In anderen Branchenstrukturen können ganze Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden.
2.2 Technologische Innovationen verändern den Kollaborationsbedarf von Unternehmen
Will ein Unternehmen Technologie für Innovation aktiv nutzen, so wird es die eigene Position und das eigene Leistungsangebot innerhalb einer Wertschöpfungskette verändern. Dass zuvor beschriebene Blockchain-Beispiel aus der Logistik zeigt, dass sich Rollen innerhalb klassischer Geschäftsprozesse verändern und Grenzen der Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten aufbrechen. Es gilt, den Kunden möglichst früh in die Produktenwicklung und das -design einzubeziehen.
In gleichem Maße gilt es, den Lieferanten frühzeitig in die Entwicklungsplanung einzubeziehen. Produktentwicklung geschieht somit wesentlich stärker in Interaktion mit mindestens zwei Partnern (Kunde und Lieferant) und fordert ein erhöhtes Kommunikations- und Organisationsgeschick. In einem technologiegeprägten Umfeld mit spezialisierten Partnern gilt es umso mehr, das gemeinsame Ziel stets fokussiert zu halten und eine gemeinsame Sprachebene zu entwickeln. Projektmanagementmethoden zur Steuerung von Teams und zur Selbstorganisation im Rahmen von parallelen Produktentwicklungen gewinnen somit stärker an Bedeutung.
Praxisbeispiel: Additive Fertigung und Kooperationsbedarf: Aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers substituiert der 3D-Druck Urformungsverfahren wie Schmieden oder Gießen und Bearbeitungsverfahren wie Drehen oder Fräsen. Die Erweiterung des Produkt-Portfolios um die Fähigkeit zu Drucken bzw. durch den Erwerb von 3D-Druckern ist hier nur der erste Schritt. Additive Fertigung im Kleinen ist nicht abhängig von den Parametern des Druckens (Dimensionen, Geschwindigkeiten etc.), sondern v.a. von den druckbaren Materialien. Will ein Hersteller ein lukratives Geschäft entwickeln, so gilt es, Materialien druckbar zu machen, welche komplexe und kapitalintensive Urformungs- und Bearbeitungsprozesse erfordern. Siemens hat sich in seiner eigenen Produktion im ersten Schritt auf geometrisch komplexe und hochtemperaturresistente Gasturbinenkomponenten festgelegt. Materialentwicklung ist somit ein erstes Feld, welches jahrelange Expertise benötigt und Kooperationen mit spezialisierten Unternehmen nahelegt.
In der Kommerzialisierung zum Kunden zeigt sich das größte Potenzial der Technologie. Additive Fertigung im Großen, also das Verankern der Technologie im Mittelpunkt des eigenen Geschäftsmodells, ermöglicht zahlreiche Wettbewerbsvorteile. Die Freiheitsgrade der Produktion ermöglichen komplett neue Freiräume in der Konstruktion von Bauteilen, die zu Gunsten von Design-to-Cost-Maßnahmen oder aber zur Verbesserung von Produkteigenschaften, wie z.B. der Steigerung von Wirkungsgraden, Leistung etc., ausgenutzt werden können. Individualisierung von Bauteilen wird vereinfacht, da keine Produktionsstraßen oder Gussmodelle angepasst werden müssen.
Darüber hinaus kann an nahezu jedem Ort gedruckt werden, auch in externen Service-Centern, die kein Vorhalten eigener Produktionskapazitäten erfordern. Um das geistige Eigentum zu schützen, etwa wenn Teile an dritte Dienstleister oder Kunden als 3D-Modell zum Druck gesendet werden, eignen sich z.B. Blockchain-Technologien, um die Anzahl der georderten Teile zu begrenzen oder aber abzusichern, dass der Dienstleister das 3D-Modell nicht reproduziert. An diesem Beispiel wird deutlich, dass oftmals erst durch die Verknüpfung mehrerer Technologien ein in sich konsistentes Geschäftsmodell entsteht.
3 Bedeutung technologischer Innovationen für den Strategieprozess in Unternehmen
Die oben dargestellten Auswirkungen von technologischen Innovationen auf die Positionierung eines Unternehmens machen deutlich, dass Technologie einen neuen Stellenwert in der Strategieentwicklung bekommen muss. Unternehmen betreiben erfolgreich Innovation, wenn sie Technologie vor dem Hintergrund solider Marktkenntnis bewerten und schnellstmöglich auf heutige und zukünftige Produkte und Dienstleistungen anwenden. Dabei sind es i.d.R. keine technologischen Neuerungen, die Wettbewerbsvorteile mit sich bringen. Vielmehr ist es das erstmalige Einbringen von verfügbaren Technologien und die Veränderung des Geschäftsmodells eines einzelnen Anbieters, die die Wettbewerbsverhältnisse in einem gesetzten Markt verändern oder teilweise neue Märkte schaffen.
Durch diese Kombination aus erstklassiger Market Intelligence, profundem Technologie-Screening und umfassender Modellierung von Geschäftsmodellen wird mindestens eines, teilweise zwei der folgenden Unterscheidungsmerkmale ausgebildet:
Technologische Innovation schafft neue Wettbewerbskriterien: Typischerweise konkurrieren Unternehmen mit ihren Wettbewerbern basierend auf akzeptierten Kriterien, wie Preis, Qualität, Leistung und Wirkungsgrad. Durch die Integration einer bis dato nicht angewandten Technologie innerhalb des Produktentstehungsprozesses, im Produkt selbst oder aber als Ergänzung des Produktpaketes entsteht ein neues Merkmal. Das Beispiel der additiven Fertigung zeigt, dass Anbieter von Service-Dienstleistungen für industrielle Anlagen hierdurch in der Lage sind, Ersatzeile wesentlich schneller verfügbar zu machen. Darüber hinaus benötigen sie deutliche geringere Lagerbestände, damit eine geringere Kapitalbindung und können folgerichtig erheblich günstiger ihre Leistung anbieten. Dies ist in einem Marktumfeld, welches geringe Stillstandszeiten mit hohen Margen belohnt, ein erheblicher Wettbewerbsvorteil. Oft hilft daher die Einführung eines neuen Wettbewerbskriteriums dem Innovationsführer, hieraus ein zweites Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln.
Technologische Innovation etabliert ein neues Geschäftsmodell: Während im klassischen Wettbewerb konkurrierende Wettbewerber versuchen, auf der Grundlage von akzeptierten Kriterien, Umsätze zu steigern und gleichzeitig die Produktivität in ihren Wertschöpfungsketten zu erhöhen, so verändern innovative Unternehmen Wertschöpfungs- und Vertriebsprozesse. Im Bereich der Shared Economy finden sich hierzu diverse Beispiele. Digitale Technologien haben es Airbnb ermöglicht, den Markt für Übernachtungen neu zu ordnen. Andere Branchen wie Mobilität, Energie oder die Unterhaltungsindustrie folgen diesem Beispiel. Dell hat so bereits vergleichsweise früh mit seinem Direktvertrieb an die Endkunden und dem daraus folgenden Build-to-Order-Model teure Intermediäre im Handel vermieden.
Um diese zwei beschriebenen Alleinstellungsmerkmale zu erzielen, bedarf es eines neuen strukturellen und prozessualen Aufbaus der Strategieentwicklung. Wir haben im Folgenden sieben Prinzipien herausgearbeitet, die dieser veränderten Strategiearbeit zugrunde liegen.
Abbildung 1: Sieben Prinzipien zum strukturellen und prozessualen Aufbau der Strategieentwicklung
Quelle: advyce
Technologie wird essenzieller Bestandteil einer ganzheitlichen Strategie: Bis dato wurde Technologiebewertung und -entwicklung im Wesentlichen zur Strategieimplementierung genutzt oder im Rahmen einer Funktionalstrategie betrieben. Will ein Unternehmen jedoch den technologischen Wandel zu seinen Gunsten nutzen, so muss es Technologie als eigenständige Dimension in die strategische Analyse und in den Strategieentwicklungsprozess mitaufnehmen und Technologie entlang den Dimensionen „Markt“, „Kunde“, „Wettbewerber“ und teilweise „Lieferanten“ konsequent in der Strategieformulierung berücksichtigen.
Technologie zielt vornehmlich auf kundenrelevante Verbesserungen: Viele Unternehmen, insbesondere in technologisch anspruchsvollen Branchen, konzentrieren sich bei ihren Forschungs- und Entwicklungsbemühungen auf die interne Verbesserung von Berechnungsmethodik, Risikobewertung oder Prozessverbesserung. Dies ist in großen Teilen in dieser Weise auch technologieinduziert nicht mehr richtig. Der Kunde erwartet, in Teilen bereits in Verbesserungsprozesse aktiv einbezogen zu werden. Ein Unternehmen muss sich heute auf den Anwendungsfall des Kunden konzentrieren und mithilfe von Technologie die eigene Produkt- und Dienstleistungskompetenz stets im Interesse des Kunden (und bestenfalls auch mit seiner Beteiligung) steigern. Technologie bietet somit Möglichkeiten, den Umfang der eigenen Leistung bei gleichzeitiger Steigerung