Sophienlust Box 16 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Box 16 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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bin nicht weit gegangen und habe mich unterwegs ausgeruht. Jetzt schaue ich hier Lexis Reitkünsten zu.«

      »Wenn erst deine Zwillinge bei mir reiten lernen, Carola«, meinte Nick lachend.

      »Das hat noch ein bisschen Zeit«, gab die hübsche junge Frau mit einem sanften Lächeln zurück. Carola Rennert war selbst einmal ein Sophienluster Kind gewesen. Sie hatte hier Wolfgang Rennert, den Haus- und Musiklehrer, kennen- und lieben gelernt und so eine endgültige Heimat in Sophienlust gefunden. Denise von Schoenecker hatte für das junge Paar eigens einen Anbau errichtet. Inzwischen waren die Zwillinge Alexandra und Andreas die ganze Freude der glücklichen Eltern und Gegenstand der ständigen Bewunderung aller Sophienluster Bewohner geworden.

      Vom Haus her erklang der Gong, der die Kinder zum Abendessen rief.

      »Schluss für heute«, sagte Nick und half Lexi sachgerecht beim Absitzen. Das Kind wollte davonlaufen. »Halt, kleine Dame, eine richtige Reiterin kümmert sich um ihr Pferd. Jetzt werden wir gemeinsam das Pony absatteln, wie sich das gehört. Zum Händewaschen vor dem Essen bleibt dann immer noch Zeit, denn es gongt zweimal, wie du weißt.«

      Ein lang aufgeschossenes Mädchen mit lustigen Sommersprossen auf der Nase schloss sich ihnen an, während Josefa Klinger mit Carola Rennert und dem Kinderwagen zum Anbau ging.

      »Sie reitet gut, Pünktchen«, sagte Nick. »Hast du sie beobachtet?«

      »Hm.«

      »Bist du schlechter Laune, Pünktchen? Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«, fragte Nick.

      »Überhaupt nicht. Ich hab’ bloß keine Lust zum Reden.«

      »Na schön, dann sei still.«

      Pünktchen, die eigentlich Angelina Dommin hieß, aber nicht einmal in der Schule mit ihrem richtigen Namen gerufen wurde, hatte keine Angehörigen mehr, die sich um sie kümmerten. Ihre Heimat war nun Sophienlust, und es stand für sie bereits fest, dass sie einmal Nick heiraten würde. Denn der Erbe von Sophienlust hatte sie vor Jahren gefunden und nach Sophienlust gebracht, als sie verzweifelt und verlassen gewesen war. Deshalb hatte er einen besonderen Platz in ihrem kleinen Herzen, aber deshalb litt Pünktchen auch ständig unter Eifersucht. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass Nick sich jetzt so intensiv mit Lexi beschäftigte, obwohl diese noch nicht einmal zur Schule ging.

      Als das Pony in seiner Box war, rannte Lexi zum Haus, um sich zu waschen. Pünktchen wanderte langsam neben Nick einher. »Sooo besonders geschickt stellt sie sich auch nicht an«, schmollte sie.

      Nick lachte. »Ach, Pünktchen! Du wirst doch nicht auf Lexi eifersüchtig sein? Sie ist wirklich sehr geschickt, und es ist nun mal meine Aufgabe, mich um sie zu kümmern. Wir haben heute ihr Namensbäumchen im Märchenwald gepflanzt und jetzt eine Reitstunde abgehalten. Wenn du magst, reiten wir zwei nach dem Abendessen noch ein bisschen.«

      Pünktchen war sofort versöhnt. »Bleibst du in Sophienlust?«, fragte sie. »Oder fährst du dann nach Schoen­eich?«

      Nick hatte als künftiger Herr von Sophienlust ein eigenes Zimmer im Herrenhaus. Doch er wohnte im Allgemeinen drüben in Schoeneich bei seinen Eltern.

      »Ich fahre später rüber, denn nach dem Abendessen kommt Andrea mit Hans-Joachim.«

      Andrea war Nicks Stiefschwester. Sie stammte aus Alexander von Schoeneckers erster Ehe und war mit dem jungen Tierarzt Dr. Hans-Joachim von Lehn verheiratet. Die beiden lebten in Bachenau, wo sie ein Tierheim gegründet hatten, das den Namen ›Waldi & Co., das Heim der glücklichen Tiere‹ trug. Für die Sophienluster Kinder spielte das Tierheim eine große Rolle. Es gab dort eine Braunbärin mit zwei Jungen, zwei Schimpansen, eine Ringelnatter namens Olga, einen uralten Esel, der den Namen Benjamin trug, und noch andere Tiere. Fast mit jedem dieser Tiere war einmal ein Kinderschicksal verknüpft gewesen, doch alle diese Kinder hatten Sophienlust inzwischen wieder verlassen, weil sie in einer Familie ein neues Glück gefunden hatten.

      Nick hatte auch noch einen großen Stiefbruder. Sascha studierte in Heidelberg und kam nur noch selten heim nach Schoeneich. Auch er stammte aus der ersten Ehe Alexander von Schoeneckers. Als der Gutsherr von Schoen­eich Denise geheiratet hatte, hatten Sascha und Andrea eine zweite Mutter, Nick einen zweiten Vater bekommen. Henrik aber war der Spross dieser neuen, unendlich glücklichen Verbindung.

      »Dann wirst du keine Zeit mehr zum Reiten haben«, bemerkte Pünktchen enttäuscht. »Ich dachte, wir könnten heute Abend noch Halma spielen. Aber du bleibst bloß, weil Magda heute rote Grütze gemacht hat.«

      »Das mit der roten Grütze stimmt. Magda ist nun mal die beste Köchin der Welt«, gestand Nick freimütig. »Aber zu einem kurzen Galopp nach dem Essen reicht die Zeit auf jeden Fall, Pünktchen. Du kannst es mir doch nicht verübeln, dass ich meine Schwester sehen will, wo sie jetzt so selten kommt und meistens nur noch für ihren Mann und das Tierheim Zeit hat?«

      »Schon gut, Nick. Dir ist immer alles andere wichtiger«, seufzte Pünktchen.

      Nick wurde einer Antwort enthoben, denn jetzt ertönte der Gong zum zweiten Mal. Eilig wuschen sich die beiden die Hände und erschienen danach am großen Esstisch, wo Tante Ma eben die Hände faltete, um das Tischgebet zu sprechen.

      *

      Josefa Klinger half Carola, die Zwillinge zu versorgen und schlafen zu legen. Dann bereiteten die beiden Frauen gemeinsam das Abendessen zu. Gerade als sie fertig waren, kam Wolfgang Rennert mit dem Wagen aus Bachenau zurück, wo er etwas zu erledigen gehabt hatte.

      »Hm, das duftet beinahe so gut wie bei Magda drüben in der Küche vom Herrenhaus«, stellte er schnuppernd fest.

      »Josi ist nicht nur eine gute Ärztin, sondern auch eine ausgezeichnete Köchin«, entgegnete Carola lachend. »Sie hat einen Käseauflauf gemacht. In fünf Minuten können wir essen.«

      »Herrlich. Sie könnten für immer und ewig bei uns bleiben, Frau Dr. Klinger«, meinte Wolfgang Rennert in bester Laune. »Wenn Carola Ihnen die Küche überließe, wäre die Arbeit tadellos aufgeteilt. Allerdings könnten wir Ihnen kein Gehalt zahlen«, scherzte er.

      »Ich würde auch keines nehmen, Herr Rennert«, erwiderte Josefa Klinger. »Mein Chefarzt hätte da im Übrigen auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich bin krankheitshalber beurlaubt, aber nicht frei, um bei Ihnen die Stelle einer Köchin anzunehmen, wenn ich das auch gern täte. Außerdem kann Ihre Frau selbst so gut kochen, dass das auch gar nicht nottut.«

      »Sie hätte dann aber mehr Zeit zum Malen. Ich habe nicht behauptet, dass sie nicht kochen kann«, wehrte sich Wolfgang Rennert.

      Carola Rennert war eine begabte Malerin, die ihre knappe Freizeit gern diesem schönen Hobby widmete und ihre Bilder auch gut verkaufte.

      »Es geht trotzdem nicht, denn ich habe nun mal den Beruf einer Ärztin und werde in der Klinik zurzeit von einer ausländischen Kollegin vertreten, die jedoch nur für eine begrenzte Zeit bleiben kann. Nicht, dass ich mich für unersetzlich hielte, aber ich liebe nun mal meinen Beruf.«

      »Schade«, seufzte Wolfgang Rennert. »Essen wir also den Käseauflauf.«

      Inzwischen hatte Carola aufgedeckt und das lecker duftende Gericht auf den Tisch gestellt. Dazu gab es einen bunten Salat, der einem Schlemmerlokal alle Ehre gemacht hätte.

      »Was hören Sie von Lexis Vater?«, erkundigte sich der Hauslehrer.

      Josefa spürte, dass ihre Wangen heiß wurden. Sie senkte den Blick auf ihren Teller, als sie antwortete: »Nicht viel. Er hat zwei Postkarten geschrieben. Offenbar ist es nicht leicht für ihn, sich freizumachen und sein Töchterchen zu besuchen, wie er es sich vorgenommen hatte.«

      »Als Pilot einer US-Fluglinie hat er sicherlich allerlei anderes im Kopf als ein Kind von fünf Jahren, von dessen Existenz er bisher keine Ahnung hatte«, mutmaßte Wolfgang Rennert. »Ein Glück, dass Lexi sich bei uns wohlfühlt und nichts entbehrt. Ihr Vater wird sie wahrscheinlich nach und nach vergessen, sodass unser Freund Nick endlich wieder einmal ein Kind haben wird, das für immer bei uns bleibt.«

      »Wie meinen Sie das?«, fragte Josefa


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