Chinesische Medizin gegen Krebs. Georg Weidinger
Kräutern zu stärken.
Seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts traten chinesische Ärzte, auch unter dem Verlangen des politischen Regimes der Zeit, das Erbe der Chinesischen Medizin an und wenden seitdem obige Prinzipien in der Praxis bei vielen Erkrankungen an, vor allem auch bei Krebs. Seither wird eine Synthese mit der westlichen Medizin angestrebt. Die erste umfassende Abhandlung über die Anwendung des FZPB-Prinzips in der Krebstherapie stammt von Dr. Pan Mingji, welcher viele Jahre seines Lebens seinen klinischen und experimentellen Forschungen in diesem Gebiet gewidmet und zahlreiche Werke zu diesem Thema publiziert hat. Viele Erkenntnisse über die Natur und die Behandlung von Krebs in diesem Buch entspringen seinen Forschungen.
Die Essenz der Chinesischen Medizin ist die Behebung der Disharmonie von Yin und Yang.
Ziel der Anwendung von FZPB in der Krebstherapie ist nicht nur die Reduktion der Nebenwirkungen der westlichen Krebstherapie, sondern vor allem auch die Steigerung ihrer Wirksamkeit. Zum Beispiel kann mit Hilfe der chinesischen Kräuter der Zustand des Patienten während der Chemotherapie deutlich verbessert werden, sodass man in kürzerer Zeit hochdosiert diese hochtoxische Medizin anwenden kann, um dem Krebs den Garaus zu machen. Auch ist die Regenerationszeit nach einer Tumoroperation unter Verwendung der Chinesischen Medizin kürzer, sodass früher und damit zielgerichteter Bestrahlung und Chemotherapie erfolgen können. Des Weiteren wird die Lebensqualität der Patienten verbessert und die Überlebenszeit verlängert, belegt durch vielerlei Studien in der Nachfolge von Dr. Pan Mingji seit den 1970er-Jahren. FZPB ist mittlerweile das führende Prinzip in der Krebsbehandlung der Chinesischen Medizin weltweit.
Zusammengefasst fallen all jene Methoden der Chinesischen Medizin unter FZPB, welche den Körper mit seinem Immunsystem stärken und die Erkrankung selbst und ihre Symptome behandeln.
Fu Zheng Qu Xie
Damit meint man, vergleichbar mit FZPB, die Stärkung des Zheng-Qi, des aufrechten Qi und damit unseres Immunsystems und gleichzeitig die Eliminierung «des Bösen». Xie-Qi bedeutet das «krankmachende Qi» und fasst alles zusammen, was krank machen kann, wie die äußeren pathogenen Faktoren, die Emotionen, Umweltgifte, schlechte Ernährung, Stress, Verletzungen und so weiter.
Der Körper wird dadurch gestärkt, dass die Krankmacher vertrieben werden.
Kräuter und Kräuterformeln dieser Kategorie können damit gezielt auch zur besseren Verträglichkeit von Chemotherapeutika und zur Chemotherapie-Intensivierung eingesetzt werden.
Die Erschöpfung des Qi bildet oft den Nährboden für Krebs. Krebs selbst führt zur Erschöpfung von Qi. Chemotherapeutika schädigen direkt das Qi, sodass sich die begleitende chinesische Kräutertherapie auf den Qi-Aufbau konzentrieren sollte. Auch der Geist und die Psyche leiden bei Krebs und der westlichen Therapie enorm. Die Psyche ist – chinesisch gedacht – nichts weiter als «gut fließendes Qi». Auch dafür zu sorgen ist Teil des Fu Zheng, ebenso wie die Kräftigung des Blutes und die Aufrechterhaltung eines guten «roten und weißen Blutbildes», also genügender roter und weißer Blutkörperchen, als Zeichen dafür, dass der Körper weiterhin gut ernährt werden kann und das Immunsystem weiterhin gut funktioniert. Viele Kräuter dieser Gruppe enthalten eine hohe Dosis an speziellen Polysacchariden mit deutlich nährendem und immunstärkendem Potenzial, wie zum Beispiel Eleutheroccus senticosus (CI WU JIA, sibirischer Ginseng), Astragalus membranaceus (HUANG QI, mongolischer Tragant) und verschiedene Pilze.
cAMP (cyclo-Adenosinmonophosphat) ist ein Molekül in der Zelle, welches als Botenstoff dient, um verschiedene Peptid-Hormone einzuschalten. Typischerweise ist es in Krebszellen deutlich verringert. Verschiedene chinesische Kräuter können die Menge an cAMP in der Krebszelle steigern und damit die Effekte des Tumors verringern. Ein typisches Beispiel ist Süßholz (GAN CAO), welches man gezielt bei Magengeschwüren und auch Magenkrebs einsetzen kann.
Viele Polysaccharide (Mehrfachzucker) haben ein starkes Potenzial gegen Tumoren, nachgewiesen in Mäuseversuchen und klinischen Studien. Ein Beispiel: Ganoderma lucidum (glänzender Lackporling, Reishi) mit hohem Polysaccharid-Anteil und starkem Anti-Krebs-Potenzial. Weiters vermehrt er die weißen Blutzellen, aktiviert das unspezifische Immunsystem, reduziert die Verklumpung von Blutplättchen und verlangsamt die metastatische Ausbreitung eines Tumors. Den werden wir uns bei den Heilpilzen noch genauer ansehen. Kräuter mit hohem Polysaccharid-Anteil sind des Weiteren die Aloe Vera (LU HUI), Astragalus (siehe oben), Codonopsis (DANG SHEN, «Ginseng der Armen»), Taraxacum (PU GONG YING, Löwenzahn), Ginseng (REN SHEN), Poria (FU LING, ein Heilpilz), Laminaria (KUN BU, Süßtang), Lentinus (SHIITAKE, Sägeblättling) und Polyporus (ZHU LING, Eichhase), alles wichtige Kräuter für Fu Zheng.
Huo Xue Qu Yu
Damit meint man die Aktivierung des Blutes (Xue) und der Blutzirkulation, welche dann in Gefahr ist, wenn eine Blut-Stagnation vorhanden ist oder droht. Die Blut-Stagnation ist, wie oben beschrieben, oft schon Teil der Entstehung des Krebses, IMMER aber vorhanden im Laufe der fortschreitenden Erkrankung. Tumor bedeutet Geschwulst oder Wucherung, oft tast- oder darstellbar als Knoten. Tumor an sich ist noch nichts Schlimmes. Die meisten Tumoren sind gutartig und nur eine knotige Ansammlung gewebseigenen oder -fremden Materials. Beim gutartigen Tumor haben wir auch keine Blut-Stagnation. Chinesisch steckt hinter gutartigen Tumoren meist Schleim. Bösartige Tumoren sind dagegen Konglomerate aus Blut-Stagnation («da fließt noch ein bisschen Blut»), Blut-Stase («Blut ist geronnen, da fließt nichts mehr»), Schleim («Unverdautes», bei uns oft als «Schlacken» bezeichnet), Toxinen («Gifte», westlich Stoffwechselendprodukte, die liegen bleiben, weil sie keiner abtransportiert) und Hitze (westliche Entzündungen).
Im bösartigen Tumor funktioniert die Mikrozirkulation nicht mehr gut. Stoffwechsel und Blutgerinnung kommen zum Erliegen, das Gewebe stirbt ab. Totes Gewebe bezeichnen wir chinesisch als Stase. Um die Stase fließt es viel schlechter: Es kommt zur Stagnation.
An dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung der Faktoren, die zu einer Blut-Stagnation führen. Dabei sei noch eine bei uns sehr beliebte Patt-Stellung zwischen Feuchtigkeit (Unverdautes, noch nicht eingedickt) und Hitze (der «Eindicker») genannt: die feuchte Hitze. Feuchtigkeit (Unverdautes von einer müden Milz, welche Klares von Trübem nicht trennt) ist kühl, ein Yin-Pathogen, und sinkt ab. Hitze ist heiß, ein Yang-Pathogen, und steigt auf. Treffen sie sich, versucht die Feuchtigkeit, die Hitze zu kühlen, schafft es aber nicht ganz. Die Hitze versucht die Feuchtigkeit zu trocknen, schafft es aber auch nicht ganz, wie bei einem Feuer, das man mit einem feuchten Tuch löschen möchte. Das Endergebnis ist feuchte Hitze, ein Hin und Her zwischen Feuchtigkeit und Hitze, das den Kampf des Körpers gegen diese Pathogene versinnbildlicht, und diese entspricht chronischen Entzündungen. Zum Beispiel ist die chronische Entzündung des Dickdarms bei der Colitis ulcerosa feuchte Hitze und ein Nährboden für Krebs.
Die Therapie des Huo Xue Qu Yu, die Behandlung von Blut-Stagnation und Blut-Stase, wird entweder präventiv angewandt, um zu verhindern, dass es zu einer Blut-Stagnation kommt, oder trifft in einem späten Stadium der Erkrankung auf den Tumor.
Sind Zeichen von Blut-Stagnation vorhanden, hat das in der Chinesischen Medizin absolute Priorität.
Blut-Stase, also «totes Fleisch», kann der Körper bis zu einem gewissen Teil selbst abbauen, wird aber bei uns meist chirurgisch entfernt.
Blut-Stagnation entspricht westlich oft einer Störung der Kapillardurchblutung, der Mikrozirkulation.