WEISSER JADE (Project 1). Alex Lukeman
Choy betätigte den Blinker und fuhr an den Straßenrand, den Motor ließ er laufen. Das Polizeiauto stand hinter ihm, während ein paar Fahrzeuge vorbeifuhren. Choy war nervös. Warum war er angehalten worden? Er war nicht zu schnell gefahren. Er versuchte, darauf zu kommen, was es sein könnte. Endlich stieg der Polizist aus seinem Wagen. Er näherte sich dem Auto und tippte an die Scheibe. Seine Hand war auf die Waffe im Holster gelegt und er signalisierte Choy, das Fenster zu öffnen.
»Ja, Officer. Gibt es ein Problem?«
Choy sprach passables Englisch, dafür hatte Colonel Wu gesorgt.
»Sir, wussten Sie, dass eines Ihrer Rücklichter beschädigt ist? Kann ich bitte Ihren Führerschein, den Versicherungsnachweis und die Registrierung sehen?«
»Ja, Sir. Die Papiere sind im Handschuhfach.« Choy griff hinüber und öffnete die Klappe. Er zog Registrierung und Versicherung unter einer Karte hervor. Zum Glück lag Chung nicht auf dem Rücksitz. Der Polizist leuchtete mit seiner Taschenlampe auf die Papiere.
»Führerschein bitte.«
Choy reichte ihn hinaus.
»Warten Sie hier«, sagte der Beamte und ging zurück zu seinem Wagen. Er setzte sich hinein und schrieb etwas. Dann kam er zurück.
Er reichte die Papiere und den Führerschein zurück an Choy.
»Sie erhalten eine Sicherheitsverwarnung«, sagte er. »Sie müssen das in Ordnung bringen lassen und diesen Vordruck an die Adresse auf der Rückseite schicken. Sie haben fünf Tage Zeit, um das zu erledigen.«
»Ja, Officer. Danke für Ihre Hilfe.« In Choys Innerem kochte es. Würde heute irgendetwas klappen? Zumindest würde der Polizist ihn gehen lassen.
»Sagen Sie, da läuft etwas aus, hinten, unter dem Kofferraum.«
Choy beobachtete wie das Gesicht des Polizisten sich verhärtete und sich seine Hand zur Waffe bewegte, als er realisierte, dass es sich um Blut handelte. Choy zögerte nicht. Er feuerte drei Schüsse durch das geöffnete Fenster. Der Polizist stolperte und fiel ausgestreckt zu Boden. Choy trat das Gaspedal durch und steuerte zurück auf die Fahrbahn.
Eine halbe Stunde später erreichte er das Konsulatsgelände und fuhr in die Garage. Er stellte den Wagen ab. Der Motor rasselte noch einen Augenblick und verstarb dann mit einem unregelmäßigen Husten.
Choy saß in der Stille des Parkhauses und dachte darüber nach, wie dieser Tag über jede Vorstellung hinaus schiefgegangen war. Zu schade um Li und Chung, aber das war seine geringste Sorge. Was würde er Colonel Wu erzählen? Die einzige Person auf dieser Welt, vor der Choy Angst hatte, war Wu. Wu konnte einem das Leben zur Hölle machen.
Choy schwitzte in der kühlen Dunkelheit. Ein kalter, schmieriger Schweiß, der dunkle Kreise unter seinen Achseln formte. Er roch seinen eigenen Körpergeruch. Er hasste es, wenn das passierte. Im Basistraining hatten sie ihn verspottet, ihn ein Schwein und schlimmeres genannt, wenn er so roch. Das hörte auf, nachdem er eine Chance hatte, sie mal alleine abzupassen. Bald kommentierte niemand mehr wie er roch.
Choy wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel seiner Jacke ab. Wenn er Wu erzählte, was wirklich geschehen war, könnte er sich glücklich schätzen, als nächsten Auftrag Kamele in der Wüste Gobi hüten zu dürfen. Wenigstens hatte er den Namen des Mannes, der alles versaut hatte. Aber der Störenfried war bereits nicht mehr von Bedeutung, tot in der eingestürzten Mine.
Er stieg aus dem Auto. Ein leichter Geruch nach Kanalisation drang aus dem Kofferraum. Es war nicht Choys Schuld, dass sich Li und Chung hatten umbringen lassen. Wer hätte gedacht, dass da jemand bei dem Haus sein würde, der so schießen konnte, während seine Männer auf ihn feuerten? Es musste jemand mit ausgezeichnetem Training gewesen sein, ein Profi. Choy musste sich eine widerwillige Bewunderung eingestehen.
Der Gedanke an den Schützen, tot in der Mine, ließ ihn sich besser fühlen. Er würde sich zurückmelden, so wenig Details wie möglich mitteilen und auf das Beste hoffen. Choy begann vor sich hin zu summen. Alles würde gut werden.
Kapitel 15
Colonel Wu rauchte und dachte über den missglückten Versuch nach, die Connor-Frau zu ergreifen. Jetzt hatte er fünf tote Agenten zu erklären. Es klopfte an seiner Tür.
»Ja.«
»Choy, Sir.«
Wu drückte seine Zigarette aus und öffnete die Tür. Ein Blick sagte ihm, dass er nicht mögen würde, was er zu hören bekäme. Er winkte Choy herein und dieser betrat den Raum. Wu schloss die Tür.
»Berichten Sie, Sergeant.«
»Sir. Wir sind auf Schwierigkeiten gestoßen. Die Frau, Connor, war bei dem Haus, als wir dort ankamen, aber es war noch ein Mann bei ihr. Er war bewaffnet und wir gerieten in einen Schusswechsel. Li und Chung sind tot. Ich verfolgte die Frau und ihren Begleiter in eine verlassene Mine. Der Eingang stürzte ein und sie wurden darin begraben. Sie müssen tot sein. Ich habe das Haus durchsucht, doch das Buch war nicht da. Ich habe den Namen des Mannes, der dort war, und konnte die Identität der Frau bestätigen.«
Choy reichte Selenas Führerschein und den Zettel aus dem Auto an Wu. Er hatte sich entschieden, den Grund für den Einsturz der Mine für sich zu behalten, genau wie seine Vermutung, dass das Buch mit den Amerikanern begraben sei. Es war besser, wenn Wu dachte, es war noch irgendwo da draußen.
»Was haben Sie mit Li und Chung gemacht?«
»Sir, das war noch nicht alles. Ich habe sie in den Kofferraum des Wagens gelegt. Auf dem Weg hierher wurde ich von einem Polizisten angehalten. Es war eine Art Sicherheitskontrolle. Er war im Begriff, mich gehen zu lassen, als er Blut aus dem Kofferraum tropfen sah. Er griff nach seiner Waffe und ich habe ihn erschossen. Das war vor etwa einer halben Stunde.«
»Sie haben einen amerikanischen Polizeibeamten erschossen?« Wus Stimme war tonlos.
»Ja, Sir. Ich hatte keine Wahl.«
»Wo ist das Auto?«
»Unten in der Garage.«
»Geben Sie mir Ihre Pistole.«
Choy händigte ihm die Waffe aus.
»Choy, Sie haben mich enttäuscht. Ich habe mehr Diskretion von Ihnen erwartet. Sind Sie sicher, dass das Buch nicht in dem Haus war? Hatte die Frau es vielleicht bei sich, als sie geflohen ist?«
»Das Buch war nicht im Haus, Sir. Wenn die Frau es bei sich hatte, dann habe ich es nicht gesehen.«
Das war die Wahrheit, er hatte tatsächlich kein Buch in ihrer Hand gesehen.
»Sie reisen heute Nacht zurück. Nach Hause, Sergeant. Ich werde eine Überfahrt auf einem unserer Frachter arrangieren. Gehen Sie auf Ihr Zimmer und warten Sie dort. Sie werden zu Ihrem Schiff begleitet. Sobald Sie in Peking eintreffen, melden Sie sich bei mir.«
Er blickte Choy streng an.
»Gehen Sie.«
»Sir!« Choy nahm Haltung an, drehte sich um und verließ den Raum. Die Tür schloss sich hinter ihm. Wu griff zu seinem Telefon und begann die Bereinigung des Schlamassels zu arrangieren, den Choy angerichtet hatte. Er war wütend. Das Buch war nicht gefunden worden. Sollte es in dieser Mine sein, wie könnte man es bergen? Wu würde noch warten, bevor er den General informierte. Yang war kein Mann, der Versagen tolerierte. Er würde darüber schlafen und morgen entscheiden, was zu tun war.
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