Wolfgang Amadeus Mozart. Hermann Abert

Wolfgang Amadeus Mozart - Hermann  Abert


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mir nicht lieb, ich suche dergleichen Reden zu stillen, soviel möglich, protestiere ohne End, allein das ganze Orchester und alle die die Probe gehört, sagen, daß sie noch keine schönere Musik gehört, wo alle Arien schön sind.

      Die Aufführung am 13. Januar 1775 fiel glänzend aus; der Oper folgte das Ballett "La Nymphe parjure protégée par l'amour". Wolfgang selbst schrieb am andern Tag der Mutter von dem "gestrotzt vollen Theater", dem "erschröcklichen Getös mit Klatschen und ›viva maestro‹ schreien nach jeder Aria" und endlich von dem huldvollen Empfang beim Kurfürstenpaar42.

      Der Legationssekretär Unger berichtet in seinem Journal (15. Januar 1775): "Vendredi L.A.R.E. assistèrent à la première représentation de l'opera buffa ›la finta giardiniera‹; la musique fut applaudie généralement; elle est du jeune Mozart de Saltzbourg, qui se trouve actuellement ici. C'est le même qui à l'âge de 8 ans a été en Angleterre et ailleurs pour se faire entendre sur le clavecin, qu'il touche supérieurement". Daß das Werk Aufsehen erregte, beweist allein schon der Umstand, daß der Komponist nicht nur ausnahmsweise mit Namen genannt, sondern obendrein mit längeren persönlichen Bemerkungen bedacht wird, was der Schreiber sonst vermeidet. Schubart aber schrieb in der Teutschen Chronik (1775, S. 267): "Auch eine opera buffa habe ich gehört von dem wunderbaren Genie Mozart; sie heißt ›La finta giardiniera‹. Genieflammen zückten da und dort; aber es ist noch nicht das stille Altarfeuer, das in Weihrauchswolken gen Himmel steigt – den Göttern ein lieblicher Geruch. Wenn Mozart nicht eine im Gewächshaus getriebene Pflanze ist, so muß er einer der größten musikalischen Komponisten werden, die jemals gelebt haben." Über die Aufführung heißt es, Rossi und Rosa Manservisi seien für die opera buffa wie geschaffen. Rossi sei in schnackischen, lustigen Rollen so gut wie sein Vetter in Stuttgart; die Manservisi habe Stimme, Musik, Person und alles, was sie über die gemeinen Sängerinnen erheben könne43.

      Diesmal hatte Wolfgang auch die Freude, seine Schwester als Zeugin seines Triumphs bei sich zu haben. Durch Vermittlung eines guten Freundes war es gelungen, ihr ein angemessenes Unterkommen bei einer Frau von Durst zu verschaffen. Sie war eine "geweste Salzmayrin zu Reichenhall", zu welcher Herr v. Mölk so oft hinübergefahren, und von der bei Mozarts viel gesprochen worden war; eine Witwe von 26 bis 28 Jahren, "braunet, schwarzaugend, sehr eingezogen, voller Belesenheit und Vernunft, die keinen Umgang von Schmirbern um sich leidet und sehr höflich und angenehm ist". Marianne, die mit Frau von Robini am 4. Januar nach München kam, fand hier eine leidliche Wohnung mit einem Flügel, auf dem sie fleißig üben konnte. Auch andere Salzburger kamen dorthin zum Karneval, die "Eberlin Waberl", Fräulein von Schiedenhofen, Andretter, der junge Mölk, der sich über die opera seria so verwunderte und verkreuzigte, daß man sah, er kannte nichts als Salzburg und Innsbruck.

      Ein anderer unfreiwilliger Zeuge von Mozarts Erfolgen war Erzbischof Hieronymus, der sich im Januar 1775 beim Kurfürsten auf Besuch befand44; er traf allerdings erst nach der Aufführung der Oper in München ein und reiste vor der Wiederholung ab. Natürlich kam ihm dabei über Mozarts Werk so manches zu Gehör, wenn auch L. Mozarts Bericht45 von den ihm von der ganzen Hofgesellschaft dargebrachten Glückwünschen, die er nur mit einem Kopfneigen und Achsel-in-die-Höhe-Ziehen beantwortet habe, als eine Übertreibung des stolzen Vaters erscheint. Gern gesehen hat er Wolfgangs Auftreten an dem fremden Hofe sicher nicht.

      Die Wiederholung der Oper, die nur Freitags gegeben werden konnte, machte Schwierigkeiten, denn die zweite Sängerin, die L. Mozart übrigens miserabel fand, war ernstlich erkrankt, und man mußte sich entschließen, die Oper stark abzukürzen, um eine Wiederholung ohne sie zu ermöglichen. Das sollte an Wolfgangs Geburtstag geschehen, und er meinte, bei dieser Produktion müsse er selbst zugegen sein, sonst würde man seine Oper gar nicht erkennen, es gehe dort "gar kurios" her. Das bezieht sich auf den schmutzigen Liebeshandel des Direktors Tozzi mit der Gräfin Törring-Seefeld, der damals damit endete, daß Tozzi nach Italien entfloh, während die Gräfin schon vorher ihrem Gemahl "mit vielem Geld und Geschmuck" durchgegangen war46. Diese Überraschung hatte natürlich auch den Opernbetrieb stark in Unordnung gebracht und machte Mozarts Eingreifen dringend notwendig. Am 27. Januar ist es nicht zu einer Wiederholung gekommen, stattdessen wurde der "Cavaliere per amore" gegeben47. Erst am 3. Februar wurde Mozarts Oper wiederholt und ging am 3. März mit dem "Ballett des bracconniers" zum letzten Male in Szene48.

      Außer der Oper mußte Wolfgang auch seine Kirchenmusik vorführen. Seine B-Dur-Litanei wurde am Neujahrstag mit einer seines Vaters zusammen im Stundengebet aufgeführt; an zwei späteren Sonntagen folgten in der Hofkapelle "zwei kleine Messen", offenbar die neuesten in F- und D-Dur (K.-V. 192, 194)49. Wenige Tage vor seiner Abreise wünschte der Kurfürst von ihm eine kontrapunktische Motette für das Offertorium der nächsten Sonntagsmesse. Es war das Misericordias Domini (K.-V. 222)50. Mozart hat viel von diesem Stück gehalten, denn er sandte es im nächsten Jahre als Probe seiner Kunst an Padre Martini51, der großen Gefallen daran fand. Auch als Klavierspieler ließ sich Wolfgang in München hören; er hatte zu diesem Zweck sein Konzert mitgebracht (K.-V. 175), und seine Schwester mußte ihm neben Eckardschen Variationen auch seine eigenen "Fischerschen" (K.-V. 179) sowie verschiedene Sonaten mitbringen52. Schubart schreibt in seiner Teutschen Chronik (1776, S. 276):

       Denk nur, Bruder, was das für 'ne Lust war! Hab Dir letzten Winter in München zwey der größten Klavierspieler, Hrn. Mozart und Hrn. Hauptmann v. Beecke53 gehört; mein Wirt, Herr Albert, der fürs Große und Schöne enthusiastisch eingenommen ist, hat ein treffliches Fortepiano im Hause. Da hörte ich diese zwei Giganten auf dem Klavier ringen. Mozart spielt sehr schwer und alles, was man ihm vorlegt, vom Blatt weg. Aber's braucht weiter nichts; Beecke übertrifft ihn weit. Geflügelte Geschwindigkeit, Anmut, schmelzende Süßigkeit und ein ganz eigentümlicher, selbst gebildeter Geschmack sind Keulen, die diesem Herkul wohl niemand aus den Händen winden wird.

      Dies veranlaßte den Freiherrn Thadd. von Dürnitz (gest. 1803), einen vornehmen Dilettanten, dessen Hauptinstrument neben dem Klavier das Fagott war, bei Mozart eine Reihe von sechs Klaviersonaten (K.-V. 279–284, S. XX. 1–6) zu bestellen, für die er ihm allerdings das Honorar schuldig blieb. Die Serie ist dem Stil nach wohl noch während des Münchner Aufenthaltes abgeschlossen worden54 und nicht erst kurz vor der Pariser Reise, während der sie Mozart häufig gespielt hat.

      Nach allen diesen Erfolgen hegte der Vater alle Hoffnung, daß Wolfgang für das nächste Jahr die opera seria übertragen werden würde; weshalb sie nicht in Erfüllung ging, wissen wir nicht. Auch in Salzburg wurde schon davon geredet, daß Wolfgang in kurfürstliche Dienste treten sollte. Daß dies Leopold sehr unangenehm war, beweist die etwas erkünstelte Gelassenheit, mit der er sich gegen dieses "Gewäsche" verwahrt: sicher hätte er nichts lieber gesehen. Aber er war zu vorsichtig, um sich in Salzburg vorwerfen zu lassen, er habe mit München insgeheim Unterhandlungen angeknüpft. Nachdem sie die Freuden des Münchner Karnevals, der dem Vater fast zu lange dauerte, bis zum Ende genossen hatten, kehrten sie am 7. März 1775 nach Salzburg zurück.

      Die Messe "in honorem sanctissimae Trinitatis" in C-Dur (K.-V. 167, S.I. 5), die aus dem Juni 1773 stammt55, ist die erste von Mozart, die den Chor völlig ausschließt. Auch entbehrt das Saitenorchester, wie in der d-Moll-Messe, der Bratschen, zieht aber dafür in den meisten Sätzen außer den Oboen auch noch 4 Trompeten und Pauken heran. Dem allgemeinen Stil nach schließt sie sich ihrer Vorgängerin (K.-V. 139) an, jedoch nicht ohne verschiedene, zum Teil recht einschneidende Unterschiede. Vor allem fehlt ihr deren ausgesprochen dramatischer Zug, ihr Schwelgen in Gegensätzen, ihr ganzes, auf Sturm und Drang gerichtetes Wesen. Dafür setzt sie ihr Streben nach formaler und motivischer Geschlossenheit der einzelnen Sätze mit ungleich größerer Energie fort. Die Annäherung an die Form des ersten Sonatensatzes mit seiner Themen- und Modulationsordnung ist im Kyrie56 und Gloria bereits vollständig vollzogen. Das Credo dagegen bringt erstmals eine Form, die Mozart von jetzt ab mit besonderer Vorliebe weitergebildet hat, nämlich eine freie Art des Rondos. Zunächst heben sich die beiden Sätze des "Et incarnatus" mit "Crucifixus" und des "Et in spiritum sanctum" als selbständige Episoden heraus, der Rest bildet ein selbständiges Ganzes mit einem Haupt- und zwei Seitengedanken,


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